Connect with:
HomeSeniorenschachSenioren suchen Weltmeister

Senioren suchen Weltmeister

Die Seniorenweltmeisterschaften im Schach finden 2025 erneut in Italien statt. Gespielt wird diesmal in der süditalienischen Küstenstadt Gallipoli. Auf den Schachbrettern geht es oft hoch her. Kampfschach, Dramen, Eröffnungskatastrophen und Fehler gehören zum Schachspiel dazu und kaum jemand kann sich dem entziehen bisher. Eine Auswahl.

Von Thorsten Cmiel

Das Seniorenschach erfreut sich großer Beliebtheit. Diesmal sind bei der Weltmeisterschaft 52 Frauen und 380 Spieler und eine Spielerin in den offenen Klassen angetreten. Das dürfte eine neue Rekordteilnehmerzahl bei Seniorenindividualturnieren der FIDE sein, Die Organisatoren waren überrascht, da 100 bis 150 Teilnehmer mehr als bisher üblich an dem Turnier teilnehmen wollten. Woran es liegt ist nicht so einfach zu beantworten. Vielleicht liegt es am Wetter, da die Einzelweltmeisterschaften regelmäßig in der Nachsaison stattfinden und diesmal etwas früher als sonst gespielt wird.

Der Preisfonds liegt bei sehr ordentlichen und vom Weltschachbund aufgestockten 50.000 Euro, wobei die Preise bei den jüngeren Seniorengruppen etwas höher ausfallen. Dafür sind die Spielbedingungen bei den älteren Senioren etwas besser. Es gibt mehr Platz für die Spieler in einem der drei Turniersäle. Die Zahl der Titelträger ist in diesem Jahr ebenfalls beeindruckend. Immerhin 29 Großmeister und 68 Internationale Meister sind über alle Gruppen am Start. Erfreulich ist auch die stark gestiegene Zahl der teilnehmenden Frauen in diesem Jahr. Drei von diesen verfügen über den Titel eines Großmeisters (Nona Gaprindashvilli, Keti Arakhamia-Grant und Pia Cramling). Fast sämtliche Partien werden übertragen und erstmals gibt es eine Livekommentierung auf einem Twitch-Kanal.

Tabellenstände nach sechs von elf Runden

Open 50+

Open 65+

Frauen 50+

Frauen 65+

Eigene Fails

Bevor ich mich Katastrophen und tragischen Momenten anderer Teilnehmer zuwende, will ich einige dramatische Situationen und die üblichen katastrophalen Entscheidungen aus meinen eigenen Partien kurz vorstellen.


Meine Partie gegen den kasachischen Großmeister Pavel Kotsur endet später durch einen groben Fehler. Hier war zunächst Schwarz am Zuge und die Frage ist zunächst, wie man die schwarze Stellung verteidigen sollte. Welche Kandidaten kommen dafür in Betracht?


In meiner Partie aus der fünften Runde stellte sich zunächst die Frage: Soll ich mit dem Turm nach c1 ziehen und ein Paar Türme zum Tausch anbieten? Ich entschied mich natürlich zunächst falsch.


Der schwarze König steht gefährdet. Weiß droht zunächst diverse Springerabzüge. Kann der Nachziehende in dieser Stellung noch gewinnen? Falls ja, wie?

Katastrophen aus der Eröffnung heraus

Wenn man keine Ahnung von seltenen Theorievarianten hat (5…Lg4 ist der richtige Zug), sollte man geschlossene Systeme (3…e6) gegen die Fantasie-Variante im Caro-Kann spielen. Ein eigenes Beispiel zum Mitlachen aus der sechsten Runde. Im Turnier war das dann meine zweite Eröffnungskatastrophe für die es keine Erklärung gibt.

Eine andere Kurzpartie in der sechsten Runde gelang dem bulgarischen Elofavoriten Kiril Georgiev, der mit seinem Keres-Angriff seinen österreichischen Gegner offenbar überraschen konnte.

Endspiel-Momente

Viele Partien werden erfahrungsgemäß erst im Endspiel entschieden und einige Partien in Gallipoli dauern länger als fünf Stunden. Die Wahrscheinlichkeit für Fehler nimmt nach vier Stunden Bedenkzeit im Turnierschach und nicht nur bei Senioren deutlich zu und manche vorher erarbeitete hoffnungsvolle Ausgangsstellung wird brutal durch Erschöpfung entschieden.


In dieser Stellung muss sich die Weißspielerin zunächst entscheiden, ob sie auf c5 den Bauern vertilgen will oder einen anderen Zug spielen sollte. Die richtige Antwort hat mit einem gar nicht so einfach erkennbaren Stellungsmerkmal zu tun.


In der Begegnung der legendären georgischen Nona Gaprindashvilli und der amtierenden Weltmeisterin aus Deutschland, Brigitte Burchardt, kam es bei den älteren Frauen letztlich zu einem Springerendspiel mit wenigen verbliebenen Bauern auf einem Flügel. Kann Schwarz sich verteidigen? Falls ja, wie?


Helen Milligan ist eine schottisch-neuseeländische Spielerin, die hier gegen einen Großmeister kurz vor dem Remis steht. Helen spielt nicht bei den Frauen, sondern in der offenen Klasse mit. In diesem Moment musste sie noch eine letzte wichtige Entscheidung treffen: Wohin mit dem König?

Der Spatz

In der deutschen Sprache gibt es ein Sprichwort: „Besser den Spatz in der Hand als die Taube auf dem Dach.“ Übersetzt auf das Turnierschach beschreibt das folgendes Spielszenario: Soll man gegen einen starken Gegner, der einen schlechten Tag hat, das Remis mitnehmen, oder um den vollen Punkt kämpfen? Die amtierenden deutschen Seniorenweltmeister 65+ (Brigitte Burchardt und Rainer Knaak) kommen bisher mit der Bürde des Amtes nicht zurecht. In der folgenden Partie von Rainer Knaak kam es zu einem solchen Showdown und Rainer offerierte seinem Gegner in dessen Zeitnot eine Art taktisches Remisangebot in Verluststellung und der Weißspieler entschied sich für den Spatzen.


In dieser Stellung erhalten sie bei wenig Restbedenkzeit ein Remisangebot und ihnen bleiben noch etwas mehr als drei Minuten für 18 Züge. Der typische Zug in der Stellung folgt mit dem Springer nach d5 und den machen sie am besten sofort, statt über den Zug länger nachzudenken. Vielleicht hatten sie in ihrer längeren Nachdenkphase als Weißer sogar noch das schwarze Opfer auf h2, dann folgendes Damenschach auf h4 und den Turmzug nach f3 gesehen. Also annehmen oder ablehnen?

Letzte Chance

In manchen Situationen am Schachbrett steht man vor der Partieaufgabe und manchmal gibt es noch zufällige Lösungen, die auf Stellungsbesonderheiten beruhen und daher dem Gegner entgangen sind.


Zuletzt hatte die Schwarzspielerin mit dem Springerzug nach e4 eine Gabel auf Turm und Dame ausgeführt. Sollte die Weißspielerin hier aufgeben, oder gibt es noch irgendeine Hoffnung?

Tragisches

Die meisten Teilnehmer können Geschichten eigener Fehlleistungen und glücklicher Wendungen erzählen. Bereits in der ersten Runde kam es trotz großer Spielstärkeunterschiede an den zwanzig vorderen Brettern zu manchen kleineren Überraschungen. Neben einigen Unentschieden gab es in beiden offenen Klassen tragische Unfälle.


Edwin Van Haastert ist ein starker niederländischer Internationaler Meister, aber die Startrunden liegen ihm offenbar nicht. Noch schlimmer war es ihm vor fast genau einem Jahr bei der Europameisterschaft ebenfalls in Italien ergangen. Wie sollte er hier mit Schwarz fortsetzen?


Hier sollte der Schwarzspieler (Favorit) wie fortsetzen? Der weitere Partieverlauf endete dramatisch und nicht wie es sein sollte.

Eine unglaubliche Spielphase – einige Aufgaben

Eine der Spitzenpaarungen bei den Jungsenioren war das Duell des georgischen Großmeisters Mikheil Keklidze und des brasilianischen Großmeisters Darcy Lima. Bei beidseitig wenig Restbedenkzeit entwickelte sich ein Spiel mit offenem Visier und beidseitigen taktischen Aktionen. Die nächsten vier Diagramme stellen einige Fragen auf dem Weg der Partie, bilden aber nur einen kleinen Teil der Ereignisse ab.


In dieser Stellung ist zunächst Weiß am Zuge und musste mit 4.36 Minuten plus 30 Sekunden Inkrement pro Zug noch zehn Züge absolvieren. Prüfen sie drei Kandidaten: den Damenzug nach h4, das Schlagen des Bauern auf g7 und das Schlagen des Bauern auf f7 mit Schach. Wer virtuelle Bonuspunkte einsammeln möchte, der versucht eine Stellungsbewertung für die drei Züge vorzunehmen.


Diesmal ist Schwarz dran. Hier gilt es ebenfalls zunächst Kandidatenzüge zu suchen. Ein Zug scheidet dabei schnell bei der Auswahl aus, oder?


Der Brasilianer hatte seinen b-Bauern geopfert und auf g7 den geopferten Läufer geschlagen. Jetzt droht offensichtlich das Schachgebot mit dem weißen Turm auf b7. Wie sollte er reagieren?


Wie sollte Weiß hier am besten fortsetzen und Jagd auf den gegnerischen König machen?

Christian Maier – letzte deutsche Hoffnung

Bei der letzten Senioren-Weltmeisterschaft war zweimal Gold für die deutschen Spielerinnen und Spieler herausgesprungen. Beide Titelverteidiger legten diesmal allerdings eine Fehlstart hin und nur der Internationale Meister Christian Maier liegt bisher einigermaßen aussichtsreich im Rennen. Bisher gab es keine Gefangenen und fünf Siegen steht bei Christian eine Niederlage gegenüber.


In dieser Stellung aus der sechsten Runde drohte Christians Gegner seinen Turm auf der a-Linie zum Einsatz zu bringen. Wie sollte sich der Nachziehende hier am besten verteidigen?

Rahmenprogramm

Neben vier Ausflügen (nach Lecce, Otranto, Polignano a Mare und Gallipoli) gehören zwei Blitzturniere und ein Simultan zum Rahmenprogramm.

Fotos und Videos: Veranstalter.

Veranstaltungshomepage

Wikivoyage

Informationen Jungsenioren (50+)

Informationen Jungseniorinnen (50+)

Informationen Senioren (65+)

Informationen Seniorinnen (65+)


Service-Hinweis

Die Partieanalysen können heruntergeladen werden. Dazu muss man auf den orange markierten Button klicken.


No comments

Sorry, the comment form is closed at this time.