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Vier Deutsche in der vierten Runde

Foto: Michal Walusza (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

Vincent Keymer gewinnt auch sein zweites Match beim World-Cup im indischen Goa. Der zweite Tag war sehr erfolgreich für die deutschen Teilnehmer. Frederik Svane haut Weltmeister Gukesh raus und Alexander Donchenko eliminiert Anish Giri. Matthias Bluebaum hatte bereits in der Hinrunde gewonnen und remisierte mit Weiß ohne größere Probleme.

Eigentlich hatte ich für dieses Turnier nur eine Vincent-Cam eingerichtet, aber dieser Spieltag war grandios für die deutschen Spieler und man kann die Siege von Frederik und Alexander gegen zwei Weltklasse-Großmeister nicht einfach ignorieren. Beginnen wir mit Frederiks Sieg gegen den indischen Weltmeister Gukesh. Frederik spielte eine starke Partie mit einem spannenden Endspiel, das bei typischer Verteidigung in der folgenden Stellung mit Remis enden sollte.


Spontan, welchen Zug spielen sie hier mit den weißen Steinen? Ich vermute 99 Prozent aller Amateurspieler können in dieser Situation besser auftrumpfen als der Weltmeister Gukesh. Wer will kann die Folgen seines Zuges noch etwas genauer beleuchten und versuchen die Stellung danach mit Schwarz Remis zu halten. Die Antwort findet sich in der folgenden Partieanalyse.


In der Partie kam diese Stellung nicht auf das Brett, da Gukesh statt seinen König nach f1 nach d3 gezogen hat. Aber wie wäre es nach dem anderen Königszug (nach f1) weiter gegangen. Die Antwort ist nicht so einfach und erfordert etwas gedankliche Arbeit.


Der Don kann es noch

Kommen wir zum zweiten Überraschungssieger am zweiten Tag der dritten Runde im World-Cup. Alexander Donchenko gewinnt seine Weißpartie gegen Anish Giri. Die Partie analysiert Alexander, der Don, im Video recht ausführlich und ich gebe daher nur die Züge wieder und biete eine Schnellversion zum automatischen Nachspielen an. Vor einem Jahr hatte Alexander mit Fabiano Caruana übrigens einen anderen Super-GM geschlagen.



Matthias souverän

Matthias Bluebaum gewann recht souverän die erste Partie und haderte mit seiner Technik. Er musste durch ein Damenendspiel zum Sieg. In der folgenden Weißpartie ging alles recht schnell und sein Gegner hatte nie wirklich eine Chance, da er keine sonderlich gesunde Grundidee fand.





Vincent klar weiter

Die erste Partie verlief für Vincent Keymer nicht ganz nach Plan. Die einzige Aufregung gab es als plötzlich der Schiedsrichter eingriff. Die Situation war durchaus kniffelig. Der Inder streifte beim Griff nach dem Turm, das war zu dem Zeitpunkt sein eigentliches Ziel, einen Bauern, den er schlagen konnte. Er ergriff den Turm aber letztlich doch nicht. Offensichtlich hatte er das Schlagen bereits vorher erwogen. Er entschied sich letztlich für den Läufer und auch dieser Zug geriet etwas unsauber: Zunächst wollte Pranesh diesen nach b2 ziehen, entschied sich aber kurzfristig für das Feld a1. Der Schiedsrichter nahm die Berührung des Bauern wahr und griff ein, nachdem der Inder seinen Läufer gezogen hatte. Die Regelauslegung ist keineswegs einfach oder eindeutig in solch einem Fall. Zufällig und nicht beabsichtigt berührte Figuren muss man nämlich nicht ziehen und hier fängt das Dilemma an. Es geht um Interpretation und Wahrnehmung. Das Video deutet darauf hin, dass der Inder den Bauern nicht greifen wollte. Der Schiedsrichter hat die Berührung aber live wahrgenommen. Vincent allerdings nicht. Vincent bekam zudem zwei Bonusminuten für das Foul seines Gegners.


Der US-Schiedsrichter Chris Bird weist auf eine unterschiedliche Handhabung hin. In den Vereinigten Staaten würde ein Schiedsrichter nicht eingreifen, sondern nur als Zeuge dienen, meint Bird. Dabei wird das hier zugrundeliegende Problem nicht aufgelöst. Denn auch auf dem anderen Kontinent muss irgendwie entschieden werden, ob der Bauer „accidental“ berührt wurde. Mit dem Fall dürften sich in Zukunft Schiedsrichter auf Lehrgängen beschäftigen. Wenn man etwas länger darüber nachdenkt was Bird hier schreibt, dann wird es übrigens vollends absurd. Denn wie lange darf ein Spieler überlegen, ob er tatsächlich die Berührung reklamiert. Bei nicht limitierter Zeit könnte er also wohlüberlegt entscheiden welchen Zug der Gegner spielt.

Tragisch ist allerdings was auf dem Brett in der Situation objektiv los war. Das Schlagen mit dem Turm auf d3 war der richtige Zug. Der Läuferzug nach b2 war objektiv weißer Vorteil und der letztlich gespielte Zug des Läufers nach a1 brachte Schwarz fast eine Verluststellung ein. Dabei ist natürlich anzumerken, das die Sache mit 40 Sekunden Restbedenkzeit und 30 Sekunden pro Zug nicht einfach war. Glück für Indien in dem Fall. Erfreulich fand ich wie ruhig Vincent mit der Situation umgegangen ist.



Nur Rasmus Svane griff hinter sich

Leider musste Rasmus, der fünfte verbliebene Deutsche, nach einem Fehler im Turmendspiel hinter sich greifen. Die beiden Großmeister folgten lange ihrer Vorbereitung. Heraus kam eine Schachpartie mit drei Fehlern ohne ungenaue Züge, Rasmus machte genau einen mehr und verlor seine Partie und musste abreisen.


Wie sollte Rasmus hier auf das Schachgebot reagieren? Welcher der denkbaren vier schwarzen Königszüge wurde hier gespielt und ist tragischerweise der einzige Verlustzug. Warum das so ist zeigt die Partieanalyse unten.


Wie sollte Schwarz hier am Zug seine Verteidigung organisieren? Rasmus scheint nicht mehr an seine Chance geglaubt zu haben und ihm entgeht seine unerwartete letzte Chance.


Fotos: Michal Walusza und Eteri Kublashvili (FIDE Chess).


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