Von Thorsten Cmiel
Der Konflikt zwischen dem Weltschachbund und den privaten Initiatoren der Freestyle-Serie nimmt Konturen an. In ihrem Statement spricht die FIDE vom Projekt „Freestyle Chess“. Eine Weltmeisterschaft dürfen Spieler und Jan Henric Buettner nicht veranstalten. Sie könnten das Event anders nennen.
Zuletzt hatte Vishwanathan Anand seine Teilnahme an dem ersten Event der Freestyle Tour in Weissenhaus abgesagt. Das könnte miteinander zusammen hängen. Der mediale Auftritt von Magnus Carlsen in New York war zudem nicht dazu geeignet, die Wogen zu glätten. Im Gegenteil.
Die FIDE hatte schon in der Vergangenheit anderen Akteuren (Chess.com) das Verwenden der Bezeichnung „Weltmeisterschaft“ untersagt. Es ist nicht verständlich warum die Organisatoren der Freestyle Tour um Buettner und Carlsen diesen Konflikt herbeigeführt und geschürt haben. Die FIDE verteidigt Standards und verweist selbst auf vergangene Konflikte, die in der Schachwelt zu einer Spaltung geführt hatten. Gemeint ist der Versuch von Garry Kasparow und Nigel Short, die 1993 die Professional Chess Association (PCA) gründeten. 1996 gab die PCA auf. 1998 versuchte Kasparow eine andere Organisation zu etablieren und scheiterte erneut. Diese Episode ist für die FIDE ein Art Trauma und war der Beginn von rivalisierendem Weltmeisterschaften.
Interessanterweise versuchten zwei spätere Vizepräsidenten der FIDE, Short und Anand, gegen Kasparow zu gewinnen, scheiterten allerdings 1993 in London und 1995 in New York. Immerhin bemühte sich die PCA eigene Qualifikationen durchzuführen. Die PCA scheiterte letztlich aufgrund fehlender Unterstützung durch Sponsoren und deren Gründung wurde später von Kasparow selbst als Fehler bezeichnet.
FIDE Statement
In seinem Statement vom 21. Juni 2025 äußert sich der Weltschachbund unmissverständlich: Magnus Carlsen und Hikaru Nakamura und der sich selbst organisierte lose Verbund von Schachprofis „Freestyle Chess Players Club“ („FCPC“) dürfen keinen Weltmeister ausspielen. Wer sich nicht daran hält, riskiert die Teilnahme an der regulären Weltmeisterschaft.
Im Wortlaut erklärt die FIDE Folgendes (hier in deutscher Übersetzung):
Der Internationale Schachverband (FIDE) ist der einzige international anerkannte Schachverband (insbesondere vom Internationalen Olympischen Komitee), der alle offiziellen internationalen Schachwettbewerbe regelt. Wir waren zwar immer offen für die Zusammenarbeit mit privaten Organisationen und Initiativen in der Schachgemeinschaft, aber die FIDE behält ihre oberste Rolle in Bezug auf die Regeln, Titel und Bewertungen. Der Status und die globale Verantwortung der FIDE gegenüber der Schachgemeinschaft sind eindeutig und nicht verhandelbar.
Die FIDE hat nichts gegen kommerzielle Plattformen, Projekte oder privat geführte Clubs wie den FCPC, die mit Spielern in eigener Verantwortung zusammenarbeiten. Die Versuche des FCPC, ihr Projekt als Weltmeisterschaft zu präsentieren, stehen jedoch im Widerspruch zum etablierten Status der FIDE und ihrer Autorität über die Weltmeistertitel in allen relevanten Schachvarianten – einschließlich Chess960/Freestyle-Schach, wie im FIDE-Handbuch dargelegt.
Darüber hinaus gefährdet die von der FCPC angenommene Verhaltensrichtlinie die Erfüllung der bestehenden vertraglichen Verpflichtungen der Spieler gegenüber der FIDE.
Die vom FCPC-Projekt unternommenen Schritte führen unweigerlich zu Spaltungen in der Schachwelt – und wir erinnern uns nur allzu gut an die unglücklichen Folgen einer ähnlichen Spaltung, die sich in nicht allzu ferner Vergangenheit ereignet hat.
Obwohl der formelle Status der Freestyle-Chess-Serie 2025 noch nicht festgelegt ist, möchte die FIDE sicherstellen, dass alle Spieler ihre Zeitpläne für 2025 planen können. Aus diesem Grund hat die FIDE aus Kulanzgründen und um den Spielern für die unmittelbare Zukunft ausreichend Sicherheit zu bieten, beschlossen, die Freestyle-Schachserie 2025 in den Kalender aufzunehmen und von der Berufung auf relevante Rechtsklauseln in zuvor unterzeichneten Verträgen über die Teilnahme von Spielern an Freestyle-Veranstaltungen im Jahr 2025 abzusehen.
Dennoch behält die FIDE alle ihre gesetzlichen Rechte in Bezug auf den Weltmeistertitel und wird bereit sein, Organisatoren und Initiatoren jeglicher Serien, die sich ohne Zustimmung der FIDE als „Weltmeisterschaft“ bezeichnen, zu verklagen.
Wir sind offen für Gespräche und freuen uns auf eine für beide Seiten akzeptable Einigung, vorausgesetzt, die Führungsrolle und die etablierte Autorität der FIDE über die Weltmeisterschaften werden von potenziellen Partnern respektiert.
Sollte eine solche Vereinbarung nicht zustande kommen, fordert die FIDE, dass die Freestyle-Serie nicht den Status einer „Weltmeisterschaft“ trägt. Die FIDE wird nicht zögern, alle rechtlichen Mittel gegen diejenigen einzusetzen, die ihre Rechte verletzen – seien es Initiatoren, Organisatoren und/oder Investoren des Projekts.
Da der Weltmeisterschaftszyklus 2025-2026 bereits begonnen hat, wird von allen qualifizierten Spielern erwartet, dass sie einen zusätzlichen Vertrag unterzeichnen, der eine Klausel enthält, die besagt, dass die Teilnahme an alternativen Schachweltmeisterschaften in einer von der FIDE nicht genehmigten Schachvariante (mit Ausnahme der Freestyle-Tour 2025) zum Ausschluss aus den beiden aufeinanderfolgenden FIDE-Weltmeisterschaftszyklen führt.
Als Teil der Verträge verpflichtet sich die FIDE, die Zyklusveranstaltungen auf höchstem Niveau mit deutlich höheren Preisgeldern durchzuführen – die Termine und Orte dieser Veranstaltungen werden im FIDE-Kalender veröffentlicht.