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Schweres leichtes Endspiel

Beim fünften FIDE Frauen Grand-Prix-Turnier im indischen Pune kam es direkt in der ersten Runde zu einem hochspannenden Endspiel mit jeweils zwei Leichtfiguren und einem Mehrbauern für Weiß. Lange war das Endspiel zwischen der Mongolin Batkhuyag Muntuguul und Salome Melia ausgeglichen, aber die mit den schwarzen Steinen spielende Georgierin war die gesamte hier betrachtete Endspielphase in hochgradiger Zeitnot und das entschied letztlich über den Ausgang der Partie.

Von Thorsten Cmiel

Grundsätzlich und sozusagen vor die Klammer gezogen stellt sich für die Spieleinnen in allen Situationen die Frage, wie die folgenden Stellungen jeweils einzuschätzen sind. Das ist eine gute Übung zur Stellungsbeurteilung für diejenigen, die sich etwas Zeit für die Analyse dieses Endspiels nehmen und konkrete Berechnungen anstellen.


In der Partie führte die Georgierin hier mit drei Sekunden auf der Uhr ihren Springer nach c2. Was ist davon zu halten? Die Aufgabe kann nicht intuitiv gelöst werden, entsprechend lagen die Spielerinnen gelegentlich in diesem Endspiel falsch. Mit mehr Zeit als dreißig Sekunden pro Zug dürften die Chancen steigen durch das kurze Labyrinth der Fragen hier zu manövrieren.



Wie soll Schwarz hier seine Verteidigung organisieren? Welche der drei Figuren soll er ziehen und im Zweifel wohin damit? Auch hier wird man ohne Kalkulation nicht die richtige Lösung finden. Wir erinnern uns, dass die Schwarzspielerin hier keine Zeit hatte diese Berechnungen anzustellen. Sie griff fehl. Das kann man als Beobachter natürlich besser lösen, oder?



Wie sollte Weiß hier im 73. Zug am besten fortsetzen? Der Läufer ist angegriffen, aber wohin damit und warum? Auch die Mongolin hatte nur wenig Zeit. Bei diesem Zug waren es noch etwas mehr als dreieinhalb Minuten. Sie spielte einen völlig natürlichen Zug ohne längeres Nachdenken und lag falsch. Wer hier Zeit zum Rechnen hat, dürfte Vorteile haben.



Mit seinem 76. Zug gibt Weiß den Bauern auf. Soll Schwarz den Bauern schlagen oder nicht? In der Partie entschied sich die Georgierin richtig, um einen Zug später dann tragischerweise letztlich an praktisch der gleichen Aufgabe zu scheitern. Auch hier half konkretes Rechnen. Aber auch dann gab es bei ungenauem Spiel noch Fallstricke, die man jedoch auch als Normalsterblicher umschiffen konnte.



Diese letzte Stellung ist mit Schwarz, aber auch mit Weiß am Zuge eine bemerkenswerte Form von Zugzwang. Sie kam in der Partie nicht vor, aber in einer der angegebenen Varianten. Die Stellung ist gleichzeitig eine Ermahnung, Partien möglichst lange weiter zu spielen, wenn es irgendeine Hoffnung gibt. Leider werden heutzutage auch hoffnungslose Endspiele wie Turm und Springer gegen den Turm lange weitergespielt. Diese Kulturlosigkeit ist hier nicht gemeint.


Fotos: FIDE CHESS.

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