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Erfolgreiche Exportgeschäfte

Titelfoto: John Brezina*

Von Thorsten Cmiel

Eine kleine Delegation deutscher Spielerinnen und Spieler traute sich zum stark besetzten Singapur Open. Vor allem die unterbewerteten asiatischen Kinder aus Singapur und umliegenden Nationen sorgten für manche unschöne Erlebnisse. Mit drei von fünf habe ich nach dem Turnier gesprochen.

Eindrücke

Es sind ganz unterschiedliche Gründe warum man ein Schachturnier spielt. Carolin Gatzke (25) aus Paderborn zum Beispiel wollte schon immer mal nach Singapur und nach sieben Jahren Abstinenz vom Turnierschach traute sie sich hierher. Lieber hätte sie wohl im B-Open mitgespielt, aber der Ratingboost, den der Weltschachbund im Frühjahr spendiert hatte, führte zu ihrer Teilnahme im A-Open. Sie hatte nur einen Gegner, der älter war als sie. Angereist ist Carolin über Abu Dhabi und in einem Hostel in Chinatown untergekommen. Dort hat sie zwei andere Schachspieler kennengelernt und analysiert fleißig ihre Schachpartien. Carolin bleibt nach Turnierende noch einige Tage und will auch beim Kampf von Gukesh und Ding Liren vorbeischauen. Dafür müssen allerdings auch Teilnehmer des Singapur Open Eintritt zahlen. Trotz eines schwierigen Turniers hat Carolin viel Spaß in Singapur.

Ordentlich Elopunkte sammelte Deryl Tjahja und hatte ebenfalls Spaß, auch wenn die Schlussniederlage schmerzte. Der 32jährige spielt vor allem Online Schach und hatte früher für Stuttgart Vaihingen gespielt, lebt aber inzwischen in Indonesien. Die Anreise dauerte nur zwei Stunden. In Indonesien sei Schach etwas für alte Männer meint er. Ich bin überrascht angesichts der großen Zahl von Mädchen im Kindesalter aus vielen asiatischen Ländern, die im Turnier mitspielen. In Deutschland sei das Ambiente angenehmer und in Indonesien kaum geeignet Mädchen bei der großen Konkurrenz an Beschäftigungen für das Schachspiel zu begeistern. Deryl erzählt mir, dass praktisch alle erfolgreichen Spieler Indonesiens von Utut Adianto trainiert werden. Den hatte ich 1980 bei der Jugendweltmeisterschaft in Dortmund gesehen, die ein gewisser Garri Kasparow gewann. Deryl sieht in seinem Spiel noch Potential für eine Spielstärkesteigerung.

Thomas Lochte (69) ist einer der aktivsten deutschen Seniorenspieler, der im Jahr oft auf etwa 100 Turnierpartien kommt. Sein Spielstil ist kompromisslos und geht manchmal nach hinten los. So auch hier in Singapur. Er wusste aber was ihn erwartet und hält die asiatischen Kinder für deutlich unterbewertet, es mangele ihnen wohl an Spielmöglichkeiten. Für Thomas gab es zum Singapur Open als Alternative die Seniorenweltmeisterschaft, die vorher auf der portugiesischen Atlantikinsel Porto Santo ausgetragen wurde und die bei den älteren Senioren Rainer Knaak gewonnen hatte. Thomas erläuterte mir seine Rechnung und meinte das Turnier auf der Insel, gleichwohl länger, wäre ihn teurer gekommen, da man zum Flug nach Portugal zusätzlich einen Charterflug benötigte und die Hotelauswahl vorgegeben war. Zudem bevorzugt er den Trubel der Metropole gegenüber der tagelangen Einsamkeit auf einer Insel. Thomas spielt sonst in Bayern und reiste bereits am letzten Tag ab, um am Wochenende für seine Seniorenmannschaft zu spielen. Vorbildlich.

Die deutsche Delegation in Singapur war schachlich nicht sonderlich erfolgreich und exportierte netto etwa 148 Elopunkte. Beim Blitzturnier stiegen zwei ältere Senioren, die als Journalisten in Singapur dabei sind, ebenfalls groß ins Exportgeschäft mit Elopunkten ein. Der Rest ist Schweigen.

*Ich bevorzuge nicht gesehen zu werden, aber bei diesem grandiosen Foto von John konnte ich nicht widerstehen mich selbst auf den Titel zu hieven. Die anderen Fotos der deutschen Teilnehmer habe ich gemacht. Leider ist die Qualität entsprechend nicht so gut. Ich hoffe meine Gesprächspartner verzeihen mir.

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