
Foto: Mark Livshitz.
Von Thorsten Cmiel
Eine besondere Faszination üben Schachpartien auf mich aus, die dem Gegner keine Chance lassen und scheinbar aus dem Nichts heraus entstehen – das ist freilich ein Irrglaube. Eine weitere Fehleinschätzung in der heutigen Zeit behauptet, es käme vor allem auf Taktik an. Richtig ist, dass man mit Taktiktraining am einfachsten Erfolge, einfache Punkte, einsammeln kann gegen schwächere Gegner und Anfänger.
Entscheidend ist es zunächst in die Lage zu kommen, taktische Schläge gegen die gegnerische Stellung zu bekommen. Die Lösung gegen einen einigermaßen verständigen Gegner besteht darin, kontinuierlich positionelle Punkte zu sammeln. Das sind schwache Bauern und Felder oder sogar ganze Felderkomplexe im gegnerischen Lager, eigene Trümpfe wie Freibauern in Szene zu setzen oder das Zentrum mit Figuren zu beherrschen. Ohnehin kommt der Figurenaufstellung eine große Bedeutung zu. Die Aufzählung hier ist natürlich nicht vollständig.
Für Lernende, also für jeden Schachspieler, gehören Partien von starken Positionsspielern zur Grundausbildung. Gerade im Positionsschach spielt dabei Aktualität keine Rolle, sondern das Können der betrachteten Spieler. Aus diesem Grund ist es sinnvoll Klassiker und moderne Klassiker zu studieren.
Beginnen wir unsere Betrachtungen mit dieser Stellung. Die Bauernstruktur hat einen geschlossenen Charakter im Zentrum. Schwarz verfügt über das Läuferpaar, Weiß nicht. Das ist eigentlich ein positives Stellungsmerkmal für den Nachziehenden. Allerdings wirken Läufer vor allem dann, wenn sie freie Bahn haben, also die Stellung einen offenen Charakter aufweist. Das ist hier nicht der Fall. Auffallend ist zudem die dauerhafte Schwäche des Feldes c4. Hier haben die weißen Figuren ein hervorragendes Operationsfeld zur Verfügung. Nehmen wir einmal an, dass Weiß hier sofort mit dem Springer das Feld c4 besetzten würde, dann könnte Schwarz seinen a-Bauern vorziehen und der Damenflügel bliebe dauerhaft geschlossen. Hat man das erkannt, dann kommt der weiße Zug 12.a5 automatisch auf das Brett. So kann Weiß seinen Vorteil manifestieren und sich für die Zukunft das Feld b6 für die eigenen Figuren sichern.
Das Titelfoto zeigt Artur Jussupow bei der Seniorenteamweltmeisterschaft 2025 in Prag. Foto Credit: Mark Livshitz.

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