
Diesmal wurde die Mongolin Munguntuul aus einem damenlosen Mittelspiel in ein Doppel-Turmendspiel verwickelt. Allerdings war es in der zweiten Runde in Pune ihre Gegnerin, die alle Trümpfe hielt und schließlich deutlich gewann.
Von Thorsten Cmiel
Auch komplexe Endspiele sollte man meines Erachtens abschnittweise analysieren. Das Endspiel aus der zweiten Runde in Pune zwischen Batkhuyag Munguntuul und Zhu Jiner entstand aus einer typischen sizilianischen Struktur und bietet viele Wendungen. Wir steigen ein in einem Moment, den man vermutlich als ausgeglichen bezeichnen sollte.
Die beiden Spielerinnen haben eine typische Bauernstruktur in einer sizilianischen Eröffnung auf dem Brett. Schwarz übt Druck auf der halboffenen c-Linie aus. Auffällig ist, dass der e-Bauer und der h-Bauer „fehlen“. Der weiße Springer auf d5 ist dominant im Zentrum postiert, greift aber keine gegnerische Schwäche beispielsweise an. Schwarz wiederum hat einen blockierten und schwachen Bauern auf d6, der aber zumindest noch nicht von einer weißen Leichtfigur angegriffen werden kann und zuverlässig vom Läufer auf f8 gedeckt wird. Der weiße Läufer auf f2 zielt ebenfalls ins Leere. Auch der Schwarzspieler hat Aktiva, die zu seinen Gunsten sprechen sollten. Vor allem zu nennen ist der weiße Bauer auf c3, der keine Unterstützung durch seinen b-Bauern erhält. Die weit vorne postierten schwarzen Bauern auf b5, e5 und f5 sichern ausreichend Raum für den Nachziehenden und seine Figuren. Zunächst muss Schwarz die drohende Springergabel auf b6 entschärfen. In der Partiefolge zeigte sich, dass vor allem die Mongolin Probleme damit hatte, einen konstruktiven Plan zu entwickeln.
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Die Türme stehen auf der d-Linie recht wenig effektiv. Der Bauer auf d6 ist ausreichend vom König und einem Turm gedeckt. Damit hat Schwarz potentiell einen freien Turm, um im gegnerischen Lager zu wüten. Die Frage lautet also wie man die weiße Verteidigung hier am effektivsten organisiert. Man kann aus meiner Sicht zwei Ansätze verfolgen: Den Status quo erhalten oder man versucht beispielsweise durch Schlagen auf a4 die Struktur zu verändern. Aber geht das sofort?
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Schwarz hat im Vergleich zu den vorher betrachteten Positionen erkennbar Fortschritte erzielt. Das Finden des stärksten Zuges gestaltet sich hier nicht als allzu schwierig, umso überraschender, dass die chinesische Großmeisterin für einen Moment nachlässt. Fündig wird wer sich systematisch auf die Suche begibt. Oder?
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Die Aufgabe besteht für Betkhuyag Muntuguul darin, möglichst viel Widerstand zu leisten. Ausgleich ist bereits weit weg. Der letzte objektiv kritische Moment in diesem Endspiel scheint in dieser Stellung erreicht zu sein. Die Mongolin muss dringend einen Turm aktivieren, um Kompensation für den verlorenen Bauern zu finden. Sie wählt einen drastischen, aber verständlichen Weg und opfert zeitweise einen zweiten Bauern. Wer geht da mit ihr mit? In der Partie folgten noch später einige weitere spannende Momente, da beide Spielerinnen mit wenig Zeit nicht immer die genauesten Züge fanden.