Foto: Lennart Ootes (FIDE Chess)
Am Ende lagen drei Frauen punktgleich vorne. In der elften Runden hatten sowohl die Chinesin Zhu Jiner als auch die Inderin Koneru Humpy wie Siegerinnen ausgesehen. Beide verspielten ihre Chancen und es freute sich die sprichwörtlich Dritte. Aleksandra Goryachkina, die als Russin unter neutraler Flagge antrat und den Stichkampf gewann.
Das chinesische Duell
Beginnen wir mit den entscheidenden Momenten, die zu den Stichkämpfen um den WM-Titel führten. In der chinesischen Paarung Zhu Jiner – Tan Zhongyi hatte Tan eine hoffnungslose Stellung mit viel Kreativität und Mut ausgeglichen, um dann erneut falsch abzubiegen. In dem folgenden Diagramm kam es zur letzten falschen Entscheidung.

Die Partie war nach anfänglichen Fehlern von Tan aus der Eröffnung heraus lange Zeit für Zhu Jiner glatt gewonnen gewesen, aber Tan verwickelte ihre Gegnerin in allerlei taktische Handgreiflichkeiten und hatte letztlich Erfolg mit ihrer Verwirrstrategie. Wie sollte Zhu Jiner hier mit Weiß auf das Schachgebot reagieren?


Das indische Duell
Als wäre es inszeniert. In der zweiten wegweisenden Paarung der elften Runde trat Humpy Koneru (38) gegen Savitha Shri (18) an. Und auch in dieser Paarung lag die Favoritin nach ausgeglichenem Verlauf lange Zeit vorne. Ungleichfarbige Läufer sind aber nicht nur in Partie mit schnellerer Bedenkzeit schwierig zu handhaben. So auch hier.

Auch in dieser Partie entschied der letzte Fehler über den Ausgang der Partie. Wie sollte Koneru Humpy hier mit den schwarzen Steinen am besten fortsetzen?
Stichkampf entscheidet
Die etwas absurde Regel besagte, dass nur zwei von drei Spielerinnen in den Stichkampf gehen und der zudem zwei schnelle Blitzpartien (3+2) vorsieht. Im World-Cup beispielsweise wurde die Bedenkzeit zumindest zunächst reduziert. Die unglücklichste Wertung hatte die Inderin Koneru Humpy, welche das gesamte Turnier mit vorne lag und dennoch eine schlechtere Wertung aufwies als ihre Konkurrentinnen. Sie musste letztlich zuschauen und sich diesmal mit dem dritten Platz zufrieden geben. Immerhin das Preisgeld wird geteilt.

Kandidatinnen-Rennen offen
Die eigentlich spannende Frage ist welche achte Spielerinnen es ins Kandidatenturnier schafft. Der letzte Tag lief insofern zugunsten der Kasachin Bibisara Assaubaeva, die zwar selbst keine Punkte beim Frauen-Event-Zyklus holte, aber von ihren relevanten Gegnerinnen holten nur Anna Muzychuk und Lei Tingjie jeweils zwei Punkte. Immerhin jetzt ist klar: Anna muss im Blitzen ins Finale kommen (32 Punkte) und Lei das Turnier (48 Punkte) sogar gewinnen, genau wie Harika. Die Chinesin Song Yuxin müsste ebenfalls das Finale erreichen, um an Bibisara vorbeizuziehen. Immer vorausgesetzt, dass die Kasachin selbst nicht punktet. Der kompletter Punktestand im Event-Zyklus.
Ich war mir sicher, dass Lei Tingjie den letzten Platz auf Zypern doch noch klarmachen würde. Hier war die Chinesin in der zehnten Runde mit Schwarz gegen Humpy Koneru am Zuge und war sich ein wenig mit der Stellung beschäftigt, der sieht keine aktiven Optionen für Weiß auf der c-Linie. Aber wie sollte Lei hier fortsetzen? Die Antwort und etwas mehr findet sich in der folgenden Analyse.

Relevanter Stand im Frauen-Events-Zyklus

Hinweis: Lei Tingjie und Anna Muzychuk konnten im Rapid jeweils nur zwei Punkte holen, was keinen großen Unterschied im Gesamtstand ergibt, aber die Wahrscheinlichkeit für eine Qualifikation der Kasachin erhöht.







Ergebnisse bei Chess-Results. Offizielle Homepage.
Fotos: Lennart Ootes, Anna Shtourman (beide FIDE Chess).