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Bootsgate

Foto der Schuhe von Zhu Jiner. (Chess.com)

Die chinesische Großmeisterin Zhu Jiner wurde in New York wegen ihrer Boots mit einer Strafe belegt und im Viertelfinale der Blitzweltmeisterschaft gestört. Das meldet der norwegische Schachjournalist Tarjei J. Svensen für die Spielplattform Chess.com.

Es könnte einfach sein, aber Schachspielerinnen und Schachspieler sowie der Weltschachbund haben offenbar ein Modeproblem. Über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten. Das Outfit der Chinesin gefiel den extra dafür angeheuerten Modekräften, im Englischen „special assistents“, nicht. Sie bekam einen Hinweis und eine Strafe von 200 US-Dollar aufgebrummt. Dabei wurden ihre Boots letztlich als nicht passend benannt. Das war offensichtlicher Unfug, denn Boots sind laut Regularien ausdrücklich erlaubt. Sogar wenn sie nicht gerade als schick durchgehen. Bootsgate.

Die Strafe wurde später wieder rückgängig gemacht vom Schiedsgericht. Aber der Fall der Chinesin zeigt ein anderes Problem auf. Schiedsrichter und andere Offizielle stören Spieler mitten im Wettbewerb und das kostet Konzentration und kann das Ergebnis massiv beeinflussen. Dieses Thema sollte besprochen werden. Ein anderer Fall aus 2024: Beim Kandidatenturnier in Toronto ging es ebenfalls um die Schuhe eines Spielers, aber nicht nur. Alireza Firouzja, dessen Turnierergebnis für ihn eine Katastrophe war, hatte mit seiner Art aufzustampfen in Kombination mit seinen Schuhen den Azeri Nijat Abasov mehrfach gestört. Der bat den Hauptschiedsrichter um Hilfe, dieser sprach Firouzja an und bat ihn am nächsten Tag anderes Schuhwerk zu tragen. Die Ansprache folgte nicht während der Bedenkzeit des ehemaligen Iraners, sondern in einer Denkpause des Franzosen am Buffet. Firouzja nahm es zunächst hin und reagierte später auf der Social Media Plattform X. Er beschwerte sich lautstark über den Schiedsrichter und bezeichnete diesen als unfähig. Es gab eine kleine Krise, die aber letztlich mehr eine Krise im Hause Firouzja war.

Pro Dresscode

Der Dresscode ist trotz dieses erneuten Fehlers von den Organisatoren, in dem Fall also des Weltschachbundes, eine sinnvolle Einrichtung für Topevents. Die Spielerinnen und Spieler wollen ordentliche Geldpreise und die Blitz- und Rapidweltmeisterschaften weisen einen sehr hohen Preisfonds auf. Es wäre professionell sich ohne Dresscode entsprechend zu kleiden. Das ist in der Schachwelt aber nicht der Fall, wie man in vielen Turniersälen beobachten kann. Wenn man sich als Schachszene absetzt von den lauten Veranstaltungen der e-Gaming-Szene beispielsweise oder dem Pubsport Darts, dann ist das an der Stelle keine schlechte Idee. Schließlich gilt es im Schach eine Tradition zu repräsentieren im Vergleich zu den rein kommerziell entwickelten e-Sportarten oder zum Kneipensport Dart, der längst seine eigenen modischen Gesetze entwickelt hat.

Das Foto ist von einem Kandidatenturnier. Im Schachtreten die Spieler auch heutzutage ähnlich auf in der offenen Klasse. In Toronto 2024 gehörte es übrigens zu den täglichen Ritualen bei den Frauen, dass die Russin Goryachkina in Sportschuhen zum Turniersaal kam, dann an der Garderobe ihre Schuhe abgab und in der Regel High Heels anzog, die passten besser zu ihrem Outfit. Als sie keine Chancen mehr hatte, wechselte sie übrigens zu etwas weniger hohem Schuhwerk. Das war erlaubt.

Mein Take

Es wäre zumutbar für jeden Teilnehmer Boots auszuziehen und die FIDE könnte die Spielerinnen und Spieler bitten, sich im Zweifel auf einen Schuhwechsel vorzubereiten. Hier allerdings waren Boots erlaubt. Vermutlich war es die Farbe, die wie bei Sneakers die Modepolizisten störte. Genau ist das nicht bekannt. Das Verhalten der Chinesin war jedenfalls regelkonform und die Bestrafung war reine Schikane. Die Schachwelt hatte eine unnütze Diskussion über die falschen Argumente mehr. Die Fortsetzung dieser unendlichen Geschichte folgt vermutlich 2025 direkt nach Weihnachten.


Artikel Tarjei (Chess.com)

Dresscode in: The Guardian

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