
Rundenturniere nehmen oft ganz spezielle Wendungen für einzelne Spielerinnen und Spieler. So war es auch bei Grand-Prix-Turnier in Indien. Wir gehen einigen solchen Phasen nach. Und schauen besonders wie die drei führenden Spielerinnen untereinander spielten.
Von Thorsten Cmiel
Sportgeschichten werden von Siegern geschrieben. Das gilt natürlich auch für dieses Turnier, das letztlich von der Inderin Koneru Humpy und der Chinesin Zhu Jiner dominiert wurde. Es ging um drei Trophäen und um 18.000, 13.000 und 10.500 Euro für die ersten drei Plätze. Die ersten zehn Spielerinnen bekommen nach dem Ende des Grand-Prix in einem Monat noch einen Nachschlag bei einem Gesamtvolumen von 120.000 Euro. Entscheidend ist die Platzierung im Gesamt-Grand-Prix.


Grand-Prix-Wertung

Zwei Spielerinnen qualifizieren sich für das Turnier der Kandidatinnen. Es zählen drei Ergebnisse. Die besten Chancen auf den Gesamtsieg scheint Zhu Jiner zu haben, die zwei Turniere als geteilte Siegerin beendete, dabei war sie eigentlich gar nicht vorgesehen als Teilnehmerin. Außenseiterchancen haben noch Tan Zhongyi nach ihrem verlorenen WM-Kampf und Anna Muzychuk. Diese beiden müssten das Turnier allerdings alleine gewinnen, um noch an Goryachkina vorbeiziehen zu können.
Mongolische Leiden
Eine der ersten positiven Geschichten schien die Mongolin Batkhuyag Munguntuul zu schreiben, um dann später hart zu landen. Wer einmal als angeschlagen gilt in einem Rundenturnier, muss sich verstärkten Attacken aller anderen Teilnehmer erwehren. In Turnieren nach Schweizer System spielt man ständig gegen andere Akteure mit etwa gleichem Formprofil. Das ist ein völlig anderes Anforderungsprofil. Für die Mongolin begann das Turnier mit zwei Endspielen, die wir schon genauer betrachtet haben.

Es folgte ein weiterer überzeugender Schwarzsieg für die Mongolin. Die Polin Alina Kashlinskaya hatte den ersten Grand-Prix als Ersatzspielerin gewonnen und war diesmal für mich so etwas wie eine Geheimfavoritin.
Batkhuyag nach drei Partien aussichtsreich
Nach drei Runden hatte die Mongolin, die beim Grand-Prix in Monaco noch geteilte Siegerin war, zwei Punkte geholt und es sah nicht eigentlich schlecht aus bei ihr. Zumal der Sieg gegen Alina letztlich verdient war.
Nah dran ist nicht genug
Die Bulgarin Nurgyul Salimova war 2024 die jüngste Teilnehmerin beim Kandidatinnenturnier in Toronto. Inzwischen ist sie etabliert auf dem Niveau der Weltspitze, aber noch fehlt ihr der letzte Schliff. In Pune war Nurgyul erneut mehrfach dran, aber scheiterte zu häufig in der Verwertungsphase, noch.

Der entscheidende Moment in der vierten Runde steht hier kurz bevor. Beide Spielerinnen haben wenig Restbedenkzeit. Hier entscheidet sich die Bulgarin mit ihrem kurzen Turmzug nach c7 auf e4 eine Qualität zu opfern. Annehmen oder etwas anderes spielen. Das ist hier die Frage.
Lösung und wie es weiterging (Hier Klicken)
Durch diesen Sieg gewann Nurgyul ohne Zweifel Selbstbewusstsein. Es folgten zwei knappe Partien, die ich in einem gesonderten Beitrag vorstelle unter der Überschrift Big-Swing-Partien.
Divya verbessert
Divya hatte in 2024 ein überragendes Jahr. Zusammen mit dem indischen Team gewann sie die Goldmedaille. Zu Beginn 2025 gab es in Wijk aan Zee und Prag zwei schwierige Challenger-Turniere und in der Grand-Prix-Serie lief es ebenfalls nicht optimal. Bei aller Erfahrungen in vielen Open-Turnieren stehen jetzt in Rundenturnieren neue Herausforderungen an. Divya gewann ausgerechnet gegen ihre Mannschaftskollegin aus Budapest und ihre frühere Trainingskollegin Vaishali aus Chennaier Tagen. Die hatte einen schwarzen Tag.
Die beiden Spielerinnen hatten bis hierhin ihre Eröffnungszüge herausgeblitzt, aber wer annahm, dass die beiden Inderinnen einer abgesprochenen Remisvariante folgen, der wurde in dieser Stellung überrascht. Das gibt es bei den Inderinnen grundsätzlich nicht. Es wird gespielt. Wie sollte Schwarz hier am besten fortsetzen?
Partiefolge zum Nachspielen (Hier Klicken)


Die kritische Stellung war bei Divya früh auf dem Brett. Sie musste ihre Führung verteidigen gegen Humpy Koneru. Hier steht sie vor der Frage, ob sie ihren Springer nach c2 ziehen sollte oder nicht. Was ist hier richtig?
Lösung (Hier Klicken)
In der achten Runde kam es dann zum Verfolgerduell mit der Chinesin Zhu Jiner. Falls Divya aus den verbliebenen zwei Runden anderthalb Punkte holen würde, bliebe ihr eine GM-Norm. Es lief anders. Zhu Jiner spielte ein sehr starkes und konsequentes Endspiel, das ihren Siegeswillen zeigte.
Die Chinesin hatte bis hierhin schon einen Bauern eingesammelt. Hier entschied sich Zhu nach etwa zwei Minuten für das Figurenopfer inklusive Damentausch und schlug den Bauern auf e5 mit dem Springer. Es gab auch andere gute Züge hier: Weiß konnte b3-b4 spielen und nach Schlagen auf c4 wäre es die Chinesin gewesen, die eine Figur opfern musste, um anschließend auf f3 eine Qualität zu geben. Die Lösung von Zhu war jedoch eindeutig die praktisch bessere Lösung, da der Läufer a6 weiterhin außer Spiel war. Die weitere Spielweise der Chinesin überzeugte durch konsequentes Handeln und Präzision.


Ersatzspielerin Zhu Jiner
Die Chinesin ersetzte erst beim letzten Grand-Prix auf Zypern ihre Landsfrau Lei Tingje und teilte sich den Sieg mit Anna Muzychuk. In Pune zeigte die Chinesin erneut engagiertes Schach, hatte aber nicht nur gegen Alina Glück. In ihrer Partie in der sechsten Runde gab es ebenfalls einen Moment des Zweifels.
Wie sollte Weiß hier am besten fortsetzen? Es gibt zwei Kandidaten, die vermutlich Material einsammeln. Welcher ist besser?
Lösung. (Hier Klicken)

Die direkte Begegnung
In der siebten Runde spielte Zhu Jiner mit einem halben Punkt Vorsprung gegen Humpy. Die Inderin hatte erneut einen starken Tag, musste aber nach ungenauem Spiel die Partie erneut gewinnen. Dabei half die Chinesin mit einem groben Fehler.
In dieser Stellung steht Weiß, Alina gegen Humpy, klar besser. Die Frage ist wie es weitergeht. Die Antwort war recht logisch und was sie genau zur falschen Entscheidung bewogen hat, ist ebenfalls nicht nachvollziehbar. Das erklärt Alina Kashlinskaya später im Interview.
Koneru und Zhu gehen gemeinsam durchs Ziel
Die beiden Führenden gewannen beide in der finalen Runde ein Endspiel mit Turm-Springer gegen Turm Springer.

Kurzinterview mit den Siegerinnen
Fotos: Abhilash, Ajit Gaikwad, (FIDE Chess)