Der Weltschachbund blamiert sich vollends nach einem bis dahin spannenden Finalverlauf in der offenen Klasse. Immerhin die Frauen finden eine Blitzweltmeisterin. Die Chinesin Ju Wenjun gewinnt das Turnier. In der offenen Klasse fehlt ein Sieger.
Der Weltschachbund hatte für die Blitz-WM 2024 ein neues Format festgezurrt. Der Weltmeister sollte nach einer dreizehnrundigen Qualifikation in der offenen Klasse und elf Runden bei den Frauen im Knock Out ermittelt werden. Am zweiten Tag begannen acht Spielerinnen und Spieler mit Matches bestehend aus zunächst vier Partien. An dem Turnierformat war früh Kritik aufgekommen, da zwischen der Schnellschachweltmeisterschaft und der Blitz-WM ein Tag Pause eingebaut war, was die Kosten für Spieler nach oben trieb, zumal viele gar keine realistische Finalchance hatten. Am Ruhetag gab es eine Konferenz für potentielle Sponsoren bei der unter anderem Magnus Carlsen dabei war. Carlsen zeigte sich in einem Interview vor der Weltmeisterschaft jedoch wenig einsichtig über sein Verhalten und beschimpfte weiter Offizielle und sogar seinen Vorgänger als Weltmeister, Vishy Anand. Es kam wie es fast kommen musste. Der Norweger erreichte das Finale und stellte den FIDE-Präsidenten vor eine Frage, die man als Dilemma bezeichnen kann. Der entschied prompt falsch, nämlich gegen die bekannten Regeln, und der Weltschachbund stellt sich als Sportorganisation inzwischen als Trümmerhaufen mit lauter Verlierern dar.
Schach wurde ebenfalls gespielt an diesem Tag. Wir berichten über das Turnier bei den Frauen.
Viertelfinale Frauen-Blitzweltmeisterschaft 2024
Bei den Frauen setzten sich die Favoritinnen durch, wobei es für die am Vortag überragende Inderin Vaishali zunächst knapp aussah. Sie hatte sich in der Auftaktrunde eine schöne Gewinnstellung erarbeitet und dann folgte ein absurder Fehler in der folgenden Stellung.
Hier gewann in der Partie von Vaishali gegen die Chinesin Zhu Jiner einfaches Schlagen des Läufers auf f8 sofort. Die Inderin war in hoher Zeitnot und sie zog stattdessen ihren Läufer nach g5. Solche Fehler sind eher untypisch für eine Partie am Brett. Im Onlineschach würde man so etwas mit einem Premove erklären, also einem antizipierten Zug als Reaktion auf einen erwarteten Zug des Gegners. der blieb aber hier offenbar aus. Nach diesem Schocker gewann Vaishali aber beide Schwarzpartien und konnte dennoch ins Halbfinale einziehen.
Die ausgeschiedenen Spielerinnen im Viertelfinale: Zhu Jiner (CHN), Bibisara Assaubaeva (KAZ), Valentina Gunina (RUS/FID), Carissa Yip (USA).
Viertelfinale Frauen Blitz-WM 31.12.2024. Ergebnisse. (Quelle: Chess-Results.com).
Halbfinale Frauen-Blitzweltmeisterschaft 2024
Im Halbfinale war dann recht zügig Schluss für die Inderin, die gegen die Weltmeisterin Ju Wenjun im klassischen Schach klar verlor. Spannend war der Wettkampf im zweiten Halbfinale zwischen der Chinesin Lei Tingjie und der Russin Kateryna Lagno, die in New York wie alle ihre Landsleute unter neutraler Flagge antrat. Eigentlich sah es in der zweiten Stichkampfpartie so aus als würde Lagno gewinnen, aber nach einer ungenauen Berechnung drehte sich der Wind und die Finalpaarung entsprach dem letzten WM-Finale 2023.
In der zweiten Stichkampfpartie zwischen Kataryna Lagno und Lei Tingjie stand die Russin hier immer noch auf Gewinn. Die Chinesin war früh mit ihrer Dame auf Abwege geraten, aber Lagno hatte versäumt das zu nutzen. Hier passierte ihr allerdings ein grobes Versehen und die Partie kippte vollends von einer gewonnenen zu einer verlorenen Stellung. Die Russin spielte im 24. Zug ihren Läufer nach g7 und nach der Antwort mit dem Turmzug nach g8 und Schlagen auf h7 gewann Lei mit Schlagen auf g7 und Turmschlagen auf c6 entscheidendes Material.
Die ausgeschiedenen Spielerinnen im Halbfinale. Vaishali (IND) und Kateryna Lagno (RUS/FID).
Halbfinale Frauen Blitz-WM 31.12.2024. Ergebnisse. (Quelle: Chess-Results.com).
Finale Frauen-Blitzweltmeisterschaft 2024
Finale Frauen Blitz-WM 31.12.2024. Ergebnisse. (Quelle: Chess-Results.com).
Der Fight war ausgeglichen bis zur letzten Partie. Dabei hatte Lei Tingjie eine gute Chance die Stellung auszugleichen. Sie griff daneben und verlor. Erneut gewann Ju Wenjun das Duell der beiden Chinesinnen. 2023 hatte Wenjun bereits den Titelkampf im klassischen Schach für sich entschieden und ihren Titel verteidigt. In einer Partie spielten die Kontrahentinnen sogar 153 Züge.
Hier sollte Lei einen Zwischenzug spielen und selbst eine Drohung aufstellen. Nach dem Springerzug nach f4 droht die Springergabel auf e2, weswegen Weiß hier nicht auf f5 nehmen darf. Die stärkste Antwort ist dann der Turmzug nach c5 und Weiß behält einen ordentlichen, aber nicht spielentscheidenden Vorteil.
Lei Tingjie ist eine sehr starke Blitzspielerin und ich hatte einfach mehr Glück. Ich denke, wir haben beide gut gespielt. In der sechsten Partie spielte sie diese Eröffnung, die ich zum Glück schon früher in diesem Turnier gecheckt hatte.
Ju Wenjun in der Pressekonferenz.
Keine Gewinner, aber viele Verlierer
Die Geschichte des Tages war ein neuerlicher Skandal rund um Magnus Carlsen. Er und sein Finalgegner, der Russe Ian Nepomniachtchi entschieden letztlich den Weltmeistertitel nicht weiter auszuspielen. Diese Entscheidung wurde per Schalte vom Präsidenten des Weltschachbundes, Arkady Dvorkovich, genehmigt und der sendet prompt ein fatales Signal in die Schachwelt und wurde umgehend von vielen Teilnehmern und Kommentatoren kritisiert.
Wir haben uns entschieden über diesen Teil des Events, die offene Klasse, nicht weiter zu berichten. Ein Turnier ohne echten Sieger ist nicht der Rede wert. Die Blitzweltmeisterschaften haben eine Siegerin hervorgebracht und ihr gebührt eigentlich die ungeteilte Aufmerksamkeit.
Einige Reaktionen sollen dennoch folgen. Wer will sollte sich anderswo in sozialen Medien beispielsweise weiter über die Abläufe informieren.
The #jeansgate matter has seen rather divided opinions, some in favour of Magnus’s strong reactions and others stating that no one is above the rules and that FIDE was right. At least there, we can have a conversation about the issues.
It looks like most if not everyone is…
— Kevin Goh Wei Ming (@kevingohwm) January 1, 2025
FIDE World Blitz Champion 2024 👇 pic.twitter.com/YX2cy04mNS
— Chess Feed (@chess_feed) January 1, 2025
GOAT? https://t.co/Vyth2Iy0eC
— Emilchess (@EmilSutovsky) January 1, 2025
I’ve never prearranged a draw in my career. In the video I’m joking with Ian in a situation with lacking decisive tiebreak rules. This was obviously not an attempt to influence FIDE. It was said in the spirit that I thought FIDE would agree to our proposal. If anything it was a… https://t.co/5y6cGwmzGf
— Magnus Carlsen (@MagnusCarlsen) January 1, 2025
Nicht gesondert gekennzeichnete Fotos sind von Michal Walusza und Lennart Ootes für FIDE Chess.