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Das Foto zeigt Abhinav in der Mitte: Michal Walusza (FIDE Chess) in Toronto 2024.

Abhinav Suresh ist ein begeisterter Schachspieler aus den USA und Teilzeitjournalist. Abhinav spricht über das wachsende Interesse der Amerikaner am Schachspiel, das vor allem auf prominente Spieler wie Fabiano Caruana, Hikaru Nakamura und Hans Niemann zurückzuführen ist. Obwohl er indischer Abstammung ist, aber in den USA geboren und aufgewachsen ist, hat er eine ausgewogene Meinung zur Unterstützung jüngerer Schachtalente wie Gukesh und erkennt gleichzeitig das potenzielle weltweite Interesse an, das Gukesh bei einem Erfolg zuteil werden könnte.

Wer bist du?

Ich bin Abhinav Suresh von US Chess.

Du bist extra herübergekommen? Es gibt keinen amerikanischen Spieler hier.

Das stimmt. Aber die Amerikaner beginnen sich immer mehr für Schach zu interessieren, mit all diesen Top-Großmeistern. Natürlich gibt es Fabiano und Hikaru, die schon seit Jahren dabei sind, aber Amerika hat sich immer auf den Import sehr guter Schachspieler konzentriert. So haben wir vor kurzem Levon und vor etwa einem Jahrzehnt Wesley bekommen. Das Interesse ist also wirklich explodiert, zum einen durch das Damengambit. Und zweitens, nach Hans Niemann, einem berühmten Amerikaner, der jetzt wohl der drittberühmteste Schachspieler hinter Fabiano und Hikaru ist, ist er wirklich sehr interessant, besonders für Teenager, die immer unser wichtigstes Kapital waren, um großartige Schachländer zu werden.

Ich kenne dich als sehr schachbegeistert. Wie kommt das? Bist du Spieler oder Journalist?

Ich bin in erster Linie Spieler, aber ich helfe US Chess mit Journalismus aus, weil es eine sehr, sehr lange Reise von den USA nach Singapur ist und es für viele andere schwierig ist, zu kommen. Ich wollte sowieso in den Urlaub fahren. Ich bin nicht Vollzeit für US Chess tätig. Eher als Freiwilliger. Ich arbeite im Finanzdienstleistungssektor, aber ich war schon immer Spieler. Etwa 2000 USCF, aber während meiner Studienzeit und meiner frühen Karriere, von etwa 2016 bis 2022, habe ich nicht so viel gespielt und bin erst vor kurzem wieder eingestiegen. Ich habe mir einen Trainer genommen, angefangen, Rating zu gewinnen, und ich hoffe, in den nächsten zwei bis drei Jahren Nationaler Meister oder 2200 USCF zu erreichen, im Idealfall.

Kommst du ursprünglich aus Asien?

Meine Eltern kommen aus Indien. Geboren wurde ich in den Vereinigten Staaten. Als ich ein sehr kleines Kind war, lebte ich etwa 14 bis 16 Monate lang in Indien, als ich vielleicht zwei bis drei Jahre alt war. Aber seitdem habe ich mein ganzes Leben in Amerika verbracht.

Ich weiß, dass es für einen Journalisten eine heikle Frage ist, da ich selbst einer bin: Fieberst du mit Gukesh mit?

Das ist schwer zu sagen. Lustigerweise bin ich vom Alter her näher an Ding dran als an Gukesh. Dabei bin ich erst 26 Jahre alt. Ding ist 31. Ich habe also ein bisschen das Gefühl, dass ich die ältere Generation unterstützen sollte, aber ich glaube, dass Gukesh besser für das Schachspiel ist. Wenn er gewinnt, wird es in Indien eine Milliarde Menschen geben, die vor Interesse explodieren werden. Gukesh wäre ein großartiger Botschafter für das Schachspiel. Ich habe alle Liebe der Welt für Ding. Ich denke, er ist ein großartiger Spieler und ein sehr verdienter Weltmeister. Das haben wir letztes Jahr gesehen und auch in diesem WM-Match, in dem er sehr gut gespielt hat. Aber ich denke, dass Gukesh jung ist. Er wird noch viel, viel länger dabei sein, mindestens ein Jahrzehnt oder anderthalb Jahrzehnte und länger als Ding auf den höchsten Ebenen. Die historischen Auswirkungen eines Sieges von jemandem wie ihm könnten unglaublich sein. Falls Gukesh gewinnt, wird Indien als Schachland explodieren. Auch viele junge Inder in Amerika werden sich mehr dafür interessieren. Ich denke, dass auch Amerikaner mit vielen kleinen Kindern Interesse zeigen. Allein die Tatsache, dass jemand jung ist, wird das Spiel explodieren lassen, unabhängig von der Nationalität. Und das ist es, was Schach meiner Meinung nach braucht.

Wie hat dir die Organisation hier in Singapur aus professioneller Sicht gefallen?

Ich denke, dass die Veranstaltung ziemlich gut organisiert ist. Ich wünschte, wir Journalisten hätten mehr Auswahl beim Essen gehabt, denn Toronto hat da den Ton angegeben, was großartig war. Das vermisse ich ein wenig, aber die Atmosphäre ist unglaublich. Man sieht hier so viele Menschen. Ich habe nur an einer anderen Weltmeisterschaft teilgenommen, nämlich in Dubai, und dort waren nicht so viele Zuschauer, vor allem nach drei bis vier Stunden sah man vielleicht 20, 30 Leute, aber hier sind es Hunderte. Und das liegt zum Teil daran, dass viele junge Chinesen und Inder hier sind, die direkt im Hinterhof von Singapur wohnen, es ist ein sehr kurzer Flug. Dubai war für Europäer oder vor allem Amerikaner nicht so leicht zu erreichen. Aber hier sieht man viel Interesse. Es ist ganz offensichtlich, dass das Interesse am Spiel in naher Zukunft nicht nachlassen wird. Es wird nur noch steigen. Das ist meine persönliche Meinung.

Was hältst du von dem Spielareal und der Fanzone?

Es ist großartig. Man sieht viel mehr Schachbretter, woran es meiner Meinung nach in Dubai fehlte. Dort gab es nur zwei bis drei Bretter. Hier gibt es 15 bis 20. Viele Spieler können gegeneinander antreten. Die erste Veranstaltung, die ich als Journalist besuchte, war 2022 in Madrid, was genau richtig war, da ich gerade wieder mit dem Schachspielen anfing. Dieses Turnier, dieses Kandidatenturnier, war etwas weniger aufregend als 2024 in Toronto, weil Ian quasi davonlief und ein klarer Sieger war. Diese Dominanz inspirierte mich dazu wieder ins Spiel einzusteigen. Also nahm ich mir einen Trainer, wurde besser und gewann etwa 100 bis 150 USCF-Punkte, was mich persönlich sehr motivierte. Das ist etwas, das ich hoffentlich fortsetzen kann. Und jedes Mal, wenn ich eines dieser großen Turniere besuche, weiß ich, dass ich immer mehr Schach spielen möchte. Meine Liebe wird immer größer.

Vielen Dank und einen guten Rückflug in die USA.

Abhinav musste während der elften Partie abreisen und verfolgte den Rest der Partie am Flughaften Changi in Singapur. Das Ergebnis kannte er zum Zeitpunkt des Gespräches nicht.


Das Kurzinterview führte Thorsten Cmiel

Das Foto zeigt Abhinav in der Mitte:

Foto: Eng Chin An

Von Thorsten Cmiel

Weder Gukesh noch Ding Liren sind in dieser Phase des Matches bereit größere Risiken einzugehen. Die Partie endet nach präzisem Spiel beider Kontrahenten mit Remis. In der medialen Aufmerksamkeitsweltblase der Streamer, Youtuber und anderer Sternchen gibt es Kritik. Diesmal, weil nicht genug los ist in Singapur. Die Spieler dürfte das nicht interessieren. Sie wollen Schachweltmeister werden.

Ding erscheint genau zehn Minuten vor Beginn der Partie. Er hat gelernt immer zuerst im Spielsaal einzutreffen, gibt er später zu Protokoll. Diesmal ist er in Begleitung zweier Sekundanten. Neben Richard Rapport ist der chinesische Großmeister Ni Hua diesmal dabei. Nach dem Eintreffen in der Spielerzone folgt der tägliche Scanvorgang einer darauf spezialisierten Fachkraft. Die Wartezeit verbrachte der Weltmeister einige Minuten meditierend im Sonnenschein so wird berichtet und auch stille bewegte Bilder davon werden übertragen. Kurz drauf verlässt der Herausforderer Gukesh mit seinem Vater und seinem Cheftrainer Grzegorz Gajewski den Aufzug. Die Fotografin Maria Emelianova wartet jeden Tag, um die Szenerie einzufangen. Gajewski ist nicht immer dabei. Vielleicht ist es Zufall oder die Spannung steigt auch in den Teams, aber zwei Begleiter hatten die Spieler nur selten dabei.

Maurice Ashley, im Hauptberuf Schachgroßmeister und Boxansager verliest die lange Liste der Errungenschaften des Ehrengastes, dem Vorsitzenden des Sport in Singapur. Der führt den ersten Zug aus. Die Spieler und die Zuschauer interessiert das wenig. Da ist es kein Problem, dass heute die Übertragung der Ansage in den Zuschauerraum ausfällt. Etwas hört man doch und als die Namen der Spieler aufgerufen werden, gibt es Beifall. Immerhin.


Gukesh sitzt zu Beginn der Partie erneut vorgebeugt am Brett. Auf diesem ist scheinbar nicht viel los. Beide Spieler rochieren früh kurz. Strategisch betrachtet muss Schwarz zum Ausgleich nur noch sein verbliebenes Problem mit dem weißfeldrigen Läufer lösen. Es entsteht zunächst eine Art Tempokampf. Denkt man, dann nimmt Gukesh auf c4 und die Stellung bekommt den Charakter eines angenommenen Damengambits. So hatte Gukesh in der letzten Runde beim Kandidatenturnier in Toronto gegen Hikaru Nakamura ein solides Remis erzielt. Die Lage heute ist jedoch etwas anders.


Ist. 10…a6 ein guter Zug an dieser Stelle? Oder wie soll Schwarz das verbliebene Problem seines weißfeldrigen Läufer lösen? Beide Spieler sitzen mit dem Oberkörper vorgebeugt. Die Spannung ist zu spüren. Gukesh stützt seinen Kopf auf die rechte Hand. Ding hat die Hände zusammengefaltet und legt den Kopf in die aufgestützten Arme. Die Partie ist 23 Minuten im Gange und der der Chinese verlässt den Raum. Er geht Chillen, wie es neuerdings heißt. Entweder er ist überrascht vom Zögern seines Gegners an dieser Stelle oder er will einfach seinem Gegner nicht beim Grübeln zuschauen. Dabei ist es interessant den Herausforderer zu beobachten. Gukesh wechselt die Denkerpose, immer wieder. Mal stützt er den Kopf auf beide Arme und seltener lehnt er sich zurück in sein Sitzmöbel. Er verändert seine Sitzhaltung immer wieder.

Fotos: Eng Chin An (FIDE Chess)

In den Zuschauerraum kommt Bewegung. Eine halbe Stunde nach Beginn der Partie müssen die Zuschauer den abgedunkelten Raum verlassen, so können andere Fans das Szenario beobachten. Derweil denkt der Inder weiter, wie er im zehnten Zug fortsetzen soll. 26 Minuten dauert es insgesamt bis Gukesh seinen Springer an den Rand zieht, etwas was Schachspieler von Kindesbeinen an als schlechte Idee verkauft bekommen. Aber Schach ist auf dem Level von Supergroßmeistern längst kein Spiel mehr in dem man mit Eröffnungsweisheiten erfolgreich ist. Schach ist ein konkretes Spiel und der Herausforderer Gukesh gehört zu denjenigen, die meist besonders präzise rechnen, konkrete Probleme lösen. Der Springer befragt den Läufer und der muss reagieren oder wird eliminiert. Später in der Pressekonferenz wird der Inder zu Protokoll geben, dass er nach der Antwort des Chinesen, der zog seinen Läufer nach g5, erleichtert war. Gukesh konnte nicht genau einschätzen was passiert wäre wenn der Chinese seinen Läufer auf f4 belassen hätte. Sein Gegner fand das keine bemerkenswerte Idee und spielte solide weiter. Viele Figuren wurden in der Folge getauscht und so war die Zehnte überraschend schnell vorbei.

In der Zielgerade steigt der Einsatz

Jeder Fehler könnte fatale Folgen entfalten so kurz vor dem Ende. Das betonen beide Spieler später in der Pressekonferenz. Insofern sollte man den Spielern keinen Vorwurf machen, dass die Partien präziser und damit für Zuschauer weniger ereignisreich verlaufen. Klar würden auch die Journalisten vor Ort lieber über Ereignisse wie in der siebten und achten Partie berichten. Aber etwas früher Schluss zu machen hat auch Vorteile. Eine kleine deutsche Delegation landet bei peruanisch-chinesischer Küche und wir sind nicht begeistert vom Preis-Leistungsverhältnisses. Morgen hoffen wir dann wieder auf eine längere Partie und Essen in der Kantine des Kasinos.

Maschinengläubigkeit

Die Welt für den typischen Internetbeobachter stellt sich anders dar. Da zählt nur was die Instanz sagt. Zunächst sei eine starke Rechenmaschine und ihr Blick auf die Ereignisse in Singapur erwähnt. Diese hat scheinbar die Wahrheit gepachtet und bewaffnet jeden Beobachter mit Informationen, die den Spielern nicht zur Verfügung stehen. So merkt Ding Liren an, dass seine Sekundanten natürlich mehr über die Partie wissen als er und manchmal interessieren ihn spezielle Situationen, die er dann später abfragt. Beide Spieler sehen die Effizienz des Arbeitens mit dem Computer in dieser Phase des Matches, wollen aber das Spiel am Brett nicht gänzlich aufgeben. So berichtet Gukesh von Trainingspartien gegen seinen Coach, „Gaju“.


Das ist ein Screenshot der besten Maschine mit der sich Schachfans online bewaffnen können: LCZero. Die Pfeile sind erstmal etwas verwirrend, zeigen aber in welche Richtung die Berechnungen der Maschine laufen. Tatsächlich vermittelt die Grafik eine größere Komplexität als es in Wirklichkeit ist. Hier durften sich Journalisten Hoffnung auf ein Essen auf dem Festland machen. Denn dauert die Partie mehr als vier Stunden, bleibt für das Abendessen eigentlich nur die Kantine im Kasino.


Fällt die Partie etwas weniger ereignisreich aus wie heute, können die Fans sich einige alte Plakate, Trophäen und Schachsets anschauen. Die Ausstellung bei der Schacholympiade in Budapest war allerdings deutlich umfangreicher und informativer. Da könnte der Weltschachbund noch ordentlich besser werden.

Foto: Eng Chin An (FIDE Chess)

Zu den bemerkenswerten Ausführungen des 18-jährigen Inders gesellt sich ein weiteres Highlight, das zeigt wie reflektiert Gukesh die Schachwelt wahrnimmt. Tatsächlich hat eine Revolution der Möglichkeiten im Schach eingesetzt und der Zugang zu modernen Engines steht jedem offen. Das war in sowjetischen Zeiten nicht immer so und ein Grund für deren Dominanz vor allem in den 50er und 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts.

Schach wird immer mehr zu einem Sport. Alle haben die gleichen Ressourcen, und man muss den kleinen Vorteil finden, der einem hilft, sich abzuheben.

Gukesh über die Entwicklung des Schach

Er würde sich freuen zu hören, dass er ein Schachspieler ist.

Gukesh sorgt für Lacher. Sein Vater lacht mit.


Foto: Eng Chin An Von Thorsten Cmiel Weder Gukesh

Von Thorsten Cmiel

Die Idee der Lasker Aufgaben ist es einmal in der Woche, in der Regel an Sonntagen, einige wenige Schachaufgaben unterschiedlicher Art an alle Interessierten des Vereins Lasker Köln zu verschicken. Es wird Taktikaufgaben und immer wieder auch mal Fragen zum Endspiel geben. Der Schwierigkeitsgrad wird unterschiedlich sein, damit für Spieler jeder Mannschaft und Spielstärke etwas dabei ist. Die Lösungen gibt es zwei Tage später. Los geht’s.


1. Aufgabe: Weiß ist am Zuge und setzt in zwei Zügen Matt.

Lösung:

Die Schwierigkeit der ersten Aufgabe bestand darin, das Mattmotiv in allen Versionen im Blick zu halten. Die Lösung ist der Damenzug nach a2. Schwarz kann danach seinen König nach e8 oder nach c8 bewegen und wird in beiden Fällen auf der Grundreihe mattgesetzt. Sollte Schwarz das Matt auf g8 verhindern wollen mit dem Läuferzug nach f7, dann kostet das ein Fluchtfeld und Da8 gibt Matt.


2. Aufgabe: Weiß ist am Zuge. Was tun?

Lösung:

Wir legen einen Zahn zu. Diese Aufgabe erfordert von euch vermutlich etwas mehr Gehirnschmalz und vor allem etwas Vorstellungsvermögen. Gefunden habe ich diese Stellung bei Jacob Aagaard, einem der der erfolgreichsten Autoren von Schachbüchern und inzwischen Großverleger. Aagaard ist ehemaliger Coach von Nodirbek Abdusattorov, Boris Gelfand und Sam Shankland.


3. Aufgabe: Schwarz ist am Zuge. Hier reicht die entscheidende Idee.

Lösung:

Die kurze Antwort ist, dass Schwarz mit dem Zug des Turmes nach d3 ein Abzugsschach droht. Dagegen gibt es keine ausreichende Verteidigung mehr und Schwarz muss die Qualität geben. Der Gewinn ist danach keineswegs einfach und Aljechin hatte noch gute Möglichkeiten sich zu verteidigen, aber das ist ein anderes, komplexeres Thema. Die Partieanmerkungen gibt es für ein Selbststudium.


4. Aufgabe: Wie würdet ihr mit Weiß am Zuge hier fortsetzen?

Gefragt ist eine Verteidigungsaufgabe und das ist häufig schwieriger als einen existierenden Angriff zu exekutieren. Die Schwierigkeit bei dieser Aufgabe besteht darin, zunächst die drei Kandidaten zu identifizieren. Turmtausch kostet den Springer. Der Zug mit dem Turm nach b2 kostet nach d2 die Qualität schließlich hängt der Läufer auf b3 letztlich. Aber wer hiermit zufrieden war, der hat die entstehende Stellung falsch eingeschätzt. Der dritte Zug war hier die Lösung. Der Springer wird mit einem taktischen Trick auf das ideale Blockadefeld nach d2 überführt. Die Lösung war also. 1.Sc4!

Wer Spaß am Lösen von Schachaufgaben hat, der wird ab nächstem Jahr hier in der Schachakademie fündig werden. Für den Anfang findet ihr unter den Links weitere Aufgaben und einige Hinweise darauf wie schwer Schachaufgaben sein sollten.


Von Thorsten Cmiel Die Idee der Lasker Aufgaben

Von Thorsten Cmiel

Die Idee der Lasker Aufgaben ist es, einmal in der Woche, in der Regel an Sonntagen, einige wenige Schachaufgaben unterschiedlicher Art an alle Interessierten des Vereins Lasker Köln zu verschicken. Es wird Taktikaufgaben und immer wieder auch mal Fragen zum Endspiel geben. Der Schwierigkeitsgrad wird unterschiedlich sein, damit für Spieler jeder Mannschaft und Spielstärke etwas dabei ist. Die Lösungen gibt es zwei Tage später. Los geht’s.


1. Aufgabe: Weiß am Zuge setzt in zwei Zügen Matt.

Zum Aufwärmen: Diese Aufgabe ist nicht allzu schwierig, aber etwas Nachdenken beim Frühstück kann sicher nicht schaden. Diese Aufgabe habe ich bei Igor Smirnov in seinem X-Account, vormals Twitter, gefunden. Eine weitere Quellenangabe fehlt.


2. Aufgabe: Weiß ist am Zuge. Was tun?

Wir legen einen Zahn zu. Diese Aufgabe erfordert von euch vermutlich etwas mehr Gehirnschmalz und vor allem etwas Vorstellungsvermögen. Gefunden habe ich diese Stellung bei Jacob Aagaard, einem der erfolgreichsten Autoren von Schachbüchern und inzwischen Großverleger. Aagaard ist ehemaliger Coach von Nodirbek Abdusattorov, Boris Gelfand und Sam Shankland.


3. Aufgabe: Schwarz ist am Zuge. Hier reicht die entscheidende Idee.

Diese Stellung ist schon etwas mehr als 110 Jahre alt und stammt aus einem Turnier in St. Petersburg. Die weißen Steine führte Alexander Aljechin mit Schwarz war Emanuel Lasker hier dran. Nicht zu schwierig denke ich, oder?


4. Aufgabe: Wie würdet ihr mit Weiß am Zuge hier fortsetzen?

Eine Verteidigungsaufgabe erfordert oft noch größere Präzision als eine Mattkombination. In dieser Stellung aus der kürzlich auf Porto Santo gespielten Weltmeisterschaft der Seniorinnen konnte die Spielerin mit den weißen Steinen das Problem nicht lösen.

Wer Spaß am Lösen von Schachaufgaben hat, der wird ab nächstem Jahr hier in der Schachakademie fündig werden. Für den Anfang findet ihr unter den Links weitere Aufgaben und einige Hinweise darauf wie schwer Schachaufgaben sein sollten.


Von Thorsten Cmiel Die Idee der Lasker Aufgaben

Foto: Maria Emelianova Chess.com (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

Die neunte Partie überzeugte durch ihre Präzision mit der beide Spieler zu Werke gingen. Es gelang keinem der Kontrahenten entscheidende Ungleichgewichte zu schaffen. Für die Fans war diese Partie weniger ereignisreich als die zwei Partien zuvor. Wir nähern uns dem Ende und die von manchen Experten befürchtete Dominanz von Gukesh blieb bisher aus.

Heute sahen wir in der Eröffnung auf dem Brett eine Katalanische Eröffnungsstruktur. Das ist bekanntermaßen eine sehr solide Spielweise für beide Seiten und so war eine eher ruhige Partie zu erwarten. Heraus kam eine präzise Partie für Feinschmecker, in der es in dieser Partie nur wenige Momente verdienen hervorgehoben zu werden. Die Sekundantenteams beider Spieler werden die ausbleibenden Bewertungsswings der letzten zwei Tage nicht vermisst haben. Bei der genauen Analyse dürfte für die Experteams der Spieler Wichtiges herauskommen. Nach den Partien haben die Spieler keine Zeit für derart tiefgründige Betrachtungen, sondern werden in einen Kleinbus verfrachtet und zur Pressekonferenz gekarrt. Ding Liren hat seinem Sekundanten unterwegs eine Frage gestellt, die ihn wohl während der Partie beschäftigte.


Richard Rapport sagte Ding Liren nach der Partie, dass er hier mit 17…Nxc4 leicht hätte ausgleichen können. Liren übersah nach der Tauschfolge 18.Txc4 Dxa5 19.Dxb7 seinen starken Zug 19…Nd7. Der ungedeckte Turm auf d1 macht das möglich, da nach Schlagen auf c5 der Springer einfach zurücknehmen kann und Weiß nicht auf e7 den Läufer gewinnt. Stattdessen schlug Ding Liren auf f3 den gegnerischen Springer und forcierte eine Abwicklung in die folgende Stellung zu der sich dann Gukesh äußerte. Es war seine kleine Chance in dieser Partie.

Hier konnte der Inder mit dem Springerzug nach e5 etwas Vorteil behaupten. Zur objektiven Bewertung meint die im Internet mitlaufende Rechenmaschine LCzero, dass die Gewinnwahrscheinlichkeit für den Inder danach bei 22,6 Prozent gelegen hätte, gegenüber 8,4 Prozent für Ding. Gukesh spielte hier seine Dame nach b5 und es entstand in neuerem Enginesprech eine Chancenverteilung von 12,5 zu 8,3 Prozent. Oder in einfachen Worten: Die Stellung war weitgehend im Gleichgewicht und ein Remis das wahrscheinlichste Ergebnis.


Die Partie war sehr präzise. Ich hatte vielleicht einen kleinen Vorteil nach 16.Ba5, aber ich denke, dass 20.Qb5 verfrüht war: vielleicht hätte ich 20.Ne5 mit einem kleinen Vorteil spielen sollen, obwohl es nichts Entscheidendes sein sollte. Es basierte auf einer Fehlkalkulation: Ich übersah seine Verteidigungsidee 21…Qa7 und 22….Rb8.

Herausforderer Gukesh nach der Partie.

Zum Kontrollzug (40. Zug) kam ein gleiches Turmendspiel auf das Brett und die Spieler benötigten nicht lange, um das Remis zu dokumentieren. Nach 54 Zügen standen zwei blanke Könige auf dem Brett. Die Spieler eilen zu ihrem eigenen Kleinbus und werden in das Convention Center gefahren. Dort warten erste Autogrammjäger auf die Spieler. Beide Spieler zeigen sich stets freundlich zu den Fans und posieren, dabei sind beide Spieler nach meiner Beobachtung gleich beliebt.

Nach neun Partien steht das Match zwischen dem Weltmeister Ding Liren und dem Herausforderer Gukesh weiterhin unentschieden 4,5 – 4,5. In der zehnten Partie spielt Ding Liren mit Weiß. Gukesh ist nicht der Meinung, dass sein Gegner wegen der verbliebenen drei Weiß- und zweier Schwarzpartien im Vorteil ist. Ding kann erhobenen Hauptes der Schlussphase entgegen sehen. Das von Experten befürchtete Desaster blieb aus und beide Spieler haben nach meiner Einschätzung etwa gleiche Chancen.

Eine Bewertung pro Partie erlaubt…

Die Antworten des indischen Herausforderers bei den Pressekonferenzen sind meist sehr erwachsen und beinahe lehrbuchreif diplomatisch zu nennen. Immer. Hier seine Antwort zu einer Frage, die politisch nicht korrekt ist. Am Ende der Frage gibt es noch eine grandiose Antwort von Ding Liren. Beide Spieler geben ihr Bestes, nicht nur auf dem Schachbrett.

Schnelldurchlauf der neunten Partie


Foto: Maria Emelianova Chess.com (FIDE Chess) Von Thorsten

Titelfoto: John Brezina*

Von Thorsten Cmiel

Eine kleine Delegation deutscher Spielerinnen und Spieler traute sich zum stark besetzten Singapur Open. Vor allem die unterbewerteten asiatischen Kinder aus Singapur und umliegenden Nationen sorgten für manche unschöne Erlebnisse. Mit drei von fünf habe ich nach dem Turnier gesprochen.

Eindrücke

Es sind ganz unterschiedliche Gründe warum man ein Schachturnier spielt. Carolin Gatzke (25) aus Paderborn zum Beispiel wollte schon immer mal nach Singapur und nach sieben Jahren Abstinenz vom Turnierschach traute sie sich hierher. Lieber hätte sie wohl im B-Open mitgespielt, aber der Ratingboost, den der Weltschachbund im Frühjahr spendiert hatte, führte zu ihrer Teilnahme im A-Open. Sie hatte nur einen Gegner, der älter war als sie. Angereist ist Carolin über Abu Dhabi und in einem Hostel in Chinatown untergekommen. Dort hat sie zwei andere Schachspieler kennengelernt und analysiert fleißig ihre Schachpartien. Carolin bleibt nach Turnierende noch einige Tage und will auch beim Kampf von Gukesh und Ding Liren vorbeischauen. Dafür müssen allerdings auch Teilnehmer des Singapur Open Eintritt zahlen. Trotz eines schwierigen Turniers hat Carolin viel Spaß in Singapur.

Ordentlich Elopunkte sammelte Deryl Tjahja und hatte ebenfalls Spaß, auch wenn die Schlussniederlage schmerzte. Der 32jährige spielt vor allem Online Schach und hatte früher für Stuttgart Vaihingen gespielt, lebt aber inzwischen in Indonesien. Die Anreise dauerte nur zwei Stunden. In Indonesien sei Schach etwas für alte Männer meint er. Ich bin überrascht angesichts der großen Zahl von Mädchen im Kindesalter aus vielen asiatischen Ländern, die im Turnier mitspielen. In Deutschland sei das Ambiente angenehmer und in Indonesien kaum geeignet Mädchen bei der großen Konkurrenz an Beschäftigungen für das Schachspiel zu begeistern. Deryl erzählt mir, dass praktisch alle erfolgreichen Spieler Indonesiens von Utut Adianto trainiert werden. Den hatte ich 1980 bei der Jugendweltmeisterschaft in Dortmund gesehen, die ein gewisser Garri Kasparow gewann. Deryl sieht in seinem Spiel noch Potential für eine Spielstärkesteigerung.

Thomas Lochte (69) ist einer der aktivsten deutschen Seniorenspieler, der im Jahr oft auf etwa 100 Turnierpartien kommt. Sein Spielstil ist kompromisslos und geht manchmal nach hinten los. So auch hier in Singapur. Er wusste aber was ihn erwartet und hält die asiatischen Kinder für deutlich unterbewertet, es mangele ihnen wohl an Spielmöglichkeiten. Für Thomas gab es zum Singapur Open als Alternative die Seniorenweltmeisterschaft, die vorher auf der portugiesischen Atlantikinsel Porto Santo ausgetragen wurde und die bei den älteren Senioren Rainer Knaak gewonnen hatte. Thomas erläuterte mir seine Rechnung und meinte das Turnier auf der Insel, gleichwohl länger, wäre ihn teurer gekommen, da man zum Flug nach Portugal zusätzlich einen Charterflug benötigte und die Hotelauswahl vorgegeben war. Zudem bevorzugt er den Trubel der Metropole gegenüber der tagelangen Einsamkeit auf einer Insel. Thomas spielt sonst in Bayern und reiste bereits am letzten Tag ab, um am Wochenende für seine Seniorenmannschaft zu spielen. Vorbildlich.

Die deutsche Delegation in Singapur war schachlich nicht sonderlich erfolgreich und exportierte netto etwa 148 Elopunkte. Beim Blitzturnier stiegen zwei ältere Senioren, die als Journalisten in Singapur dabei sind, ebenfalls groß ins Exportgeschäft mit Elopunkten ein. Der Rest ist Schweigen.

*Ich bevorzuge nicht gesehen zu werden, aber bei diesem grandiosen Foto von John konnte ich nicht widerstehen mich selbst auf den Titel zu hieven. Die anderen Fotos der deutschen Teilnehmer habe ich gemacht. Leider ist die Qualität entsprechend nicht so gut. Ich hoffe meine Gesprächspartner verzeihen mir.

Titelfoto: John Brezina* Von Thorsten Cmiel Eine kleine Delegation

Titelfoto: Dariusz Gorzinski

Von Thorsten Cmiel

Ding Liren und Gukesh spielen den Weltmeisterschaftstitel in Singapur aus. Die Schachwelt schaut da genauer hin. Gleichzeitig versuchen zwei andere Spieler sich in Position zu bringen: Arjun Erigaisi und Fabiano Caruana wollen einen Platz im Kandidatenturnier 2024 ergattern. Der eine spielt im Dezember in Katar und der andere in Saint Louis. Ein Fernduell.

Caruana gewinnt US Masters

Im aktuellen FIDE Circuit liegt der Inder Arjun Erigaisi noch einen Schnaps (mit 114.77 zu 114.03) vor dem US-Amerikaner Fabiano Caruana. Der hatte zuletzt in Charlotte das US Masters mit acht Punkten aus neun Partien gewonnen. Dabei ist wichtig, dass man alleine im Feld vorne liegt. Dafür gibt es mehr Punkte. In Charlotte sah es nach einer Niederlage zunächst nicht so aus, als würde Caruana das Turnier mit Vorsprung für sich entscheiden können. In der sechsten Runde kam es zur Begegnung mit dem griechischen Großmeister Nikolas Theodorou. Fabiano Caruana verteidigte sich nicht akkurat und wurde zunächst von seinem Gegner überspielt. Vermutlich in Zeitnot gab es noch eine Chance für den US-Amerikaner, die dieser aber nicht nutzte.

Nach dieser sechsten Runde lag der Grieche mit einem Punkt Vorsprung vor dem Feld. Er konnte jedoch keine weitere Partie mehr gewinnen; Caruana zog durch und sicherte sich den alleinigen Turniersieg. Für die Berechnung der Punkte im FIDE Circuit ist das relevant und könnte dafür sorgen, dass sich Caruana noch vor den Inder schiebt.

FIDE Circuit 2024 – das Fernduell

Das Regelwerk des Weltschachbundes FIDE spielt für die Qualifikation eine Rolle. So müssen die Spieler mindestens zwei von sieben Ergebnissen in Schweizer System Turnieren mit mindestens 50 Teilnehmern geholt haben. Der Inder Arjun Erigaisi hatte in der Dezemberliste 2023 noch eine Elozahl von respektablen 2727 Punkten, war aber gegenüber seinen Landsleuten Gukesh, Praggnanandhaa und Vidit hinten dran. Die Folge war, dass Arjun keine Einladungen für die Toprundenturniere bekam. Der Inder selbst schätzte seinen Chancen, sich 2024 für das Kandidatenturnier 2026 zu qualifizieren, als gering ein, da er nicht an der Grand Chess Tour teilnehmen konnte. Er machte aus der Not eine Tugend, spielte viele Partien in nationalen europäischen Ligen beispielsweise und vor allem spielte er viele offene Turniere. Der Rest ist bekannt. Der Inder ist zwölf Monate später bereits die Nummer Vier der Welt mit einer Elozahl von 2801 Punkten. Bei so viel Zuwachs bei der Elozahl ist es keine Überraschung, dass Arjun im FIDE Circuit viele Punkte sammeln konnte und jetzt doch eine Chance hat sich zu qualifizieren.

Erigaisi kann in 2025 auf Einladungen zu den Topturnieren hoffen. In Wijk aan Zee im Januar und beim Norway Chess im Mai beispielsweise ist er dabei. Noch ist das Jahr 2024 nicht vorbei und der Inder und seine Fans hoffen noch auf die frühzeitige Qualifikation zum Kandidatenturnier 2026.

Bei Fabiano Caruana waren die Voraussetzungen etwas anders. Umgekehrt sozusagen. Fabiano begann das Jahr mit dem Kandidatenturnier in Toronto, spielte vor allem die Grand Chess Tour mit und sammelte durch gute Resultate ordentlich Punkte. Es folgte die US-Meisterschaft, die er alleine gewann. Danach fehlten dem US-Amerikaner dann noch die Schweizer System Turniere und die nahm er sich im November und Dezember vor. In Charlotte und aktuell vor der eigenen Haustür in Saint Louis. Der US-Amerikaner hatte vor allem Rückstand gegenüber dem Inder, weil er nur fünf gewertete Turniere im Rennen hatte.

FIDE Circuit – etwas läuft schief

Falls Fabiano Caruana in Saint Louis ebenfalls alleine vorne liegt, kann der Inder selbst mit einem alleinigen Sieg in Katar nicht mehr kontern. Arjun kann nur sein schlechtestes Ergebnis als Streichergebnis austauschen und erhält in dem Sinne nicht die volle Punktzahl dieses Turniers auf seinem Konto angerechnet. Die FIDE hatte zuletzt die Regeln zur Qualifikation verändert, aber einen wichtigen Aspekt offenbar nicht berücksichtigt. In den Vereinigten Staaten sind offene Turniere mit neun Runden an fünf Tagen der Standard. Dafür können Spieler so genannte Bye nehmen, also aussetzen und dafür einen halben Punkt kassieren. Das ist eine sinnvolle Regelung, aber für den FIDE Circuit hat das ungewollte, aber gleichwohl erhebliche Konsequenzen. Die Chancen ein Turnier alleine zu gewinnen steigen, wenn die Kollegen sich solche Auszeiten gönnen. Ein Beispiel: In Charlotte hatte sich Awonder Liang, die nominelle Nummer Zwei im Turnier, von vornherein drei Auszeiten genommen. Gleichzeitig zählt die Elozahl des Landsmanns von Caruana für das Berechnen der Wertigkeit des Turniers, ohne dass dieser Spieler ernsthaft um den Turniersieg mitspielt. Das kann nicht richtig sein.

Zum Zeitpunkt zu dem dieser Text entstand spielt Fabiano Caruana die sechste Runde im Saint Louis Masters gegen den punktgleichen peruanischen Großmeister Emilio Cordova. In Katar Open steht erst die vierte Runde an. Der Inder liegt mit 2.5 Punkten im Verfolgerfeld.

Fotos: Dariusz Gorzinski, John Brezina, Kelly Centrelli (Charlotte Chess Centre).

FIDE Circuit

Endergebnis US Masters

Titelfoto: Dariusz Gorzinski Von Thorsten Cmiel Ding Liren und

Titelfoto: Maria Emelianova Chess.com (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

In der siebten Runde gelingt es erstmals einem der beiden Spieler aus der Eröffnung heraus einen signifikanten Vorteil zu erzielen. Es folgt das bislang spannendste Duell dieses Matches in Singapur. Die gesamte siebte Partie wird dominiert von Gukesh. Aber Ding Liren gelingt es immer wieder Ressourcen für die Verteidigung zu finden. Wie immer im Schach entscheidet der letzte Fehler und der Chinese holt ein glückliches gleichwohl verdientes Remis.

Der zeremonielle erste Zug ist bei Schachveranstaltungen ein beliebtes Presseevent für Filmstars, prominente Sportler, Sponsoren und Politiker, die in Szene gesetzt werden. In Singapur kündigt der Boxpromoter und Schachgroßmeister Maurice Ashley nicht nur die Spieler in jeder Runde an, sondern sagt auch etwas zu den Gästen. Diesmal muss der Gast besonders wichtig sein, denn Ashley hörte gar nicht mehr auf den Gast und seine Verdienste zu preisen. Der US-Amerikaner führt mehr über den Mann auf dem Foto aus als über den Nobelpreisträger Demis Hassabis, der zu Beginn des Matches hier war. Der Gast zur siebten Runde ist Edwin Tong Chun Fai, ein singapurischer Politiker, der seit 2011 Mitglied des Parlaments und seit 2020 Minister für Kultur, Gemeinschaft und Jugend sowie 2. Minister für Justiz und Recht ist. Vermutlich hat er die Staatsgarantie für das Match wesentlich beeinflusst. Gut so.

Die Siebte

Gukesh hatte in den ersten zwei Partien seine Mittelbauern vorgeschoben. Diesmal startet der Inder wie in seinen Anfangszeiten fast ausschließlich mit dem Königsspringer und einen Zug später mit seinem g-Bauern, den erst erstmals in diesem Match nicht gleich zwei Felder vorschiebt. Gukesh geht es ruhig an. Ding Liren reagiert interessant und zieht früh ebenfalls seinen g-Bauern einen Schritt nach vorne. Damit geht er der Vorbereitung seines Gegners in der Katalanischen Eröffnung aus dem Weg. Eine der besten Leistungen des Inders in Toronto war seine Weißpartie gegen den Russen Ian Nepomniachtchi, die allerdings am Ende unvollendet blieb und Unentschieden ausging. Wie wir etwas mehr als fünf Stunden später wissen werden, Geschichte wiederholt sich doch.

Mit dem siebten Zug landet Gukesh heute seinen ersten Treffer in der Eröffnung. Den Turm nach e1 zu ziehen ist eher selten in dieser Stellung zu sehen und eine Spezialität des deutschen Großmeisters Rasmus Svane. Interessanterweise gibt es die Position häufiger, aber mit einem Tempo mehr für Weiß, nämlich wenn Schwarz zunächst einen königsindischen Aufbau gewählt hat und auf den Turmzug nach e1 mit dem Tempoverlust d6-d5 reagiert. Die entstandene Struktur erinnert eher an die grünfeldindische Verteidigung.

Nach 28 Minuten reagiert Ding auf den Turmzug mit dem sehr prinzipiellen Schlagen auf c4. Die Antwort von Gukesh folgt unverzüglich. Der Inder schiebt erwartungsgemäß seinen Königsbauern zwei Felder nach vorne und greift sich mehr Raum. Dieser Zug ist in der größten gepflegten Datenbank vom deutschen Anbieter Chessbase nicht zu finden. In der größeren und Blitzpartien beinhalteten Datenbank von LiChess erfreut sich der Zug großer Beliebtheit. Im neunten Zug zog der Chinese seinen c-Bauern ein zweites Mal. Besser wäre es gewesen, dem Schwarm an Online-Schachspielern zu folgen und stattdessen seinen b-Bauern zwei Felder vorzurücken. Ding bereut seine Entscheidung sofort, wie er später in der Pressekonferenz offen zugibt.

Gukesh greift sich als Antwort auf den letzten Zug seines Gegner immer mehr Raum. Der Chinese attackiert den vorgerückten d-Bauern, aber sein Damenflügel ist noch unterentwickelt. Vor allem der Zeitfaktor könnte eine Rolle spielen. Nach zehn Zügen bleiben dem Chinesen noch eine Stunde und vierzehn Minuten in einer höchst komplexen Stellung, in der die Spieler noch nicht einmal im Clinch sind.

In dieser Stellung hat Weiß zwei etwa gleichwertige Alternativen. Gukesh konnte mit dem Springer auf c4 schlagen und sich auf ein taktisches Gemetzel einlassen, oder aber er spielt hier den pragmatischen elften Zug mit dem Randbauern und sichert sich das Läuferpaar, eine oft praktizierte grundsätzliche Idee im Turnierschach. Der Junge aus Chennai entscheidet sich nach sieben Minuten für die pragmatische Herangehensweise und sichert sich anhaltenden positionellen Vorteil.

Der Höhepunkt der Partie

Es ist fast tragisch was im Kontrollzug diesmal auf dem Schachbrett passiert. Ding hatte sich mit findiger Verteidigung aus einer prekären Lage befreit und hier hatte er eine perfekte Festung errichtet. Solche passiven Verteidigungen sind jedoch oft die falsche Idee, daher ist der aktive Zug mit dem König nach e5 spieltaktisch verständlich. Aber der Königszug ins Zentrum kommt leider zum komplett falsches Zeitpunkt.

Gukesh erschwert sich in dieser Stellung seine Aufgabe erheblich, da er mit seinem König nach e1 zieht und dieser dort eher anfälliger für Schachgebote des gegnerischen Turms steht, jedenfalls nicht besser als auf f1. Dennoch steht Ding in der Folge erneut vor einer schwierigen Aufgaben.

Es war mir unerklärlich, warum er nicht das einfache 44. h4 anstelle von Ke1 gespielt hat. Faustregel: „Wenn du einen Freibauern hast, lass ihn SCHNELL laufen!“ Sein König war auf f1 besser aufgehoben, damit er seinen Läufer auf f3 verteidigen kann, falls nötig. Der König auf e1 hatte nicht wirklich einen Zweck.

Susan Polgar Großmeister Frauen Ex-Weltmeisterin

Chessbase India meldet 205.000 Livezuschauer ihrer Show aus Mumbai. Einige Stunden später haben zwei Millionen Zuschauer in das Youtube-Video der indischen Edelfans zumindest hineingeclickt. Die Aufmerksamkeit für Schach erreicht in Indien immer neue Dimensionen.

Wer es kürzer mag (FIDE)

Titelfoto: Maria Emelianova Chess.com (FIDE Chess) Von Thorsten

Titelfoto: Maria Emelianova Chess.com (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

Die Spannung steigt und die Komplexität der Partien nimmt zu: In der achten Partie haben beide Spieler Chancen auf den vollen Punkt. Der Herausforderer lehnt erneut ein stilles Angebot seines Gegners ab und zeigt mentale Stärke. Dafür gibt es Applaus von den Fans und Maurice Ashley verliert Haare.

Gukesh sitzt heute bereits in der Eröffnungsphase leicht vorgebeugt am Brett. Das ist ungewöhnlich, denn in den vorigen Runden hatte der Inder sich meist zu Beginn in seinen Gamingsessel zurückgelehnt und war durch seine geschlossenen Augen aufgefallen. Vielleicht ist heute etwas anders und Gukesh will nach den verpassten Chancen in der siebten Runde endlich erstmals in Führung gehen. In der Eröffnungsphase kann das Team Gukesh heute erneut punkten.

Der chinesische Titelverteidiger probiert erneut einen anderen Eröffnungszug aus und startet diesmal mit der Englischen Eröffnung. Gukesh und sein Team zeigen sich exzellent vorbereitet und es ist der Inder, der das erste Ausrufezeichen setzt. Der siebte Zug mit dem f-Bauern nach f6 zu ziehen ist logisch, da er das eigene Zentrum stärkt und so den eigenen d-Bauern mobil macht. Erneut ist es Ding Liren, der in der Folge zuerst eine längere Denkpause einlegt und einen Plan sucht. Soll er irgendwann im Zentrum mit dem Damenbauern nach d4 vorrücken, oder soll es heute etwas vorsichtiger sein mit d2-d3?

Der Weltmeister entscheidet sich früh dafür, den d-Bauern ganz hinten zu lassen und stattdessen das gegnerische Zentrum mit dem f-Bauern zu attackieren. Ulrich Stock (Die Zeit) wir den Turm, der über f4 und e4 ins Spiel findet, später in der Kantine bei der Ideensuche für seinen Text als „Wanderturm“ bezeichnen. Objektiv betrachtet ist Gukesh gut aus der Eröffnung gekommen und im 22. Zug unterläuft dem Chinesen ein ernster Fehler, der es Gukesh ermöglicht, die Initiative zu übernehmen und eine Bauernwalze am Damenflügel in Gang zu setzen.

Gukesh reagiert mit dem Doppelschritt seines b-Bauern. Plötzlich ist Ding in der Defensive und verliert erstmals in dieser Partie die Kontrolle. Tatsächlich ist es sehr schwierig eine Verteidigung für den Weißen zu finden. Ding entscheidet sich einige Züge später für ein pragmatisches Bauernopfer. Die Aufgaben, die sich beiden Spielern stellen, werden immer komplexer und so verwundert es nicht, dass beide Spieler in der folgenden Spielphase nicht immer die besten Fortsetzungen entdecken.

Zuletzt hatte Ding Liren die Dame seines Gegners attackiert. Damenzüge kommen nicht in Betracht, da sie entweder den a- oder den b-Bauern verlieren, insofern blieb nur die Option einen Springer nach c5 zu ziehen. Natürlicher ist es hier den Randspringer in Richtung Brettmitte zu manövrieren. Aber: Genau diese Argumentation war falsch. Schwarz musste stattdessen den Springer von d7 bringen. Jan Timman erklärt es.

Eine alte Regel besagt, dass sich Springer nicht gegenseitig beschützen sollten. Der Grund dafür ist, dass beide Springer verwundbar sind. Deshalb hätte Gukesh 26.-Ndc5 spielen sollen. In diesem Fall wäre der andere Springer sicher vor jedem Angriff auf a6 geblieben.

Jan Timman via X, vormals Twitter.

Zuletzt hatte Ding Liren sehr stark seine Dame von d1 nach e1 gezogen. Das beinhaltet eine versteckte Drohung, mancher Kommentator etwas wortgewaltiger unterwegs würden diese vielleicht als teuflisch bezeichnen. Der Inder sah die Idee von Weiß jedenfalls nicht, spielte als Antwort zu sorglos und zog seinen Läufer nach e6 zurück. Diese Entscheidung durfte er sofort bereut haben, denn der Chinese erhöhte den Druck auf der Diagonalen.

Sofort wird offensichtlich, dass der Inder in großen Schwierigkeiten steckt. Er ist kreuzweise gefesselt und die Position fühlt sich plötzlich ziemlich unangenehm an. In der Folge sichert sich Ding Liren etwas Materialvorteil und die Fans des Inders in der Chessbase Show in Mumbai machten sich erstmals einige Sorgen. Immerhin schaltete Gukesh in der Folge zunächst auf Verteidigung um.

Der Inder wehrt sich Zuletzt hatte er mit Aufzug des h-Bauern ein Luftloch geschaffen, um auf Schachgebote der gegnerischen Dame auf der eigenen Grundreihe ein sicheres Feld für den König zu finden. Aber auch Ding Liren scheint auf der Höhe zu sein. Der Chinese antwortet hier mit dem Königszug nach e1, um den eigenen König nach d2 zu bringen und den Turm auf c1 zu decken. Danach wäre der weiße Läufer auf c5 wieder beweglich.

Hier passierte etwas Überraschendes: Ding Liren zentralisiert zunächst seine Dame, was grundsätzlich erstrebenswert war. Stattdessen sollte der Chinese wie geplant den König zunächst nach d2 ziehen. Danach hätte es schlecht für den Inder ausgesehen.

Einen Zug nach dem Kontrollzug konnte hier Gukesh mit der Dame nach g2 ziehen und damit eine dreimalige Stellungswiederholung erzwingen. Dieses Szenario war bekannt aus der sechsten Runde in der Gukesh auswich, obwohl er objektiv etwas schlechter stand. Die Journalisten packten ihre Laptops ein und Maurice Ashley machte sich zu Fuß zur Pressekonferenz in ein anderes Gebäude auf. Aber Gukesh hat seinen eigenen Willen und wich ab. Erneut war dies objektiv nicht gerechtfertigt. Seine Fans fanden so viel Kampfgeist klasse und jubelten als die schwarze Dame auf a2 landete. Einige Züge später musste Gukesh dann doch in das Unentschieden einwilligen.

Der Moderator Maurice Ashley sorgte für Lacher mit der Bemerkung, dass ihn die Entscheidung von Gukesh, erneut weiter zu spielen, Haare auf dem Kopf gekostet habe. Die Trainer von Gukesh müssten knapp am Herzinfarkt gewesen sein, spekulierte Ashley. Die Einschätzungen der Spieler nach der Partie zeigten erneut eine grundsätzlich andere Herangehensweise an die Partien und das Match insgesamt. Ding wirkt auf Beobachter vor Ort meist unsicher. Gukesh hingegen versprüht einen jugendlichen Optimismus, dem es an etwas Objektivität zu fehlen scheint. Seine Unbekümmertheit ist gleichzeitig eine seiner größten Stärken in diesem Kampf um die Krone im Schach.

Heute habe ich während des Spiels nicht gemerkt, dass ich zu einem bestimmten Zeitpunkt auf Gewinn stand. Weltmeister Ding Liren nach der Partie.

Ich habe mich nicht für die dreifache Wiederholung entschieden, weil ich dachte, ich stehe besser. Jetzt, wo ich die Computervarianten sehe, habe ich natürlich eine andere Meinung. Herausforderer Gukesh nach der Partie.

Titelfoto: Maria Emelianova Chess.com (FIDE Chess) Von Thorsten

Von Thorsten Cmiel

Hier die Antworten auf die Lasker Fragen. Ich hoffe es war nicht zu schwierig, aber gleichzeitig nicht zu einfach. Die nächsten Aufgaben gibt es am nächsten Sonntag.


Aufgabe 1: Weiß am Zuge setzt in zwei Zügen Matt

Lösung:

Diese Aufgabe erfordert es ein wenig symmetrisch zu denken. 1.Dh1! Das deckt beide Türme und bleibt auf der Diagonalen h1-a8. Das ist wichtig, um auf 1…Ta6 die Antwort 2.Txa6# zu haben.


Aufgabe 2: Weiß ist am Zuge. Findet die stärkste Fortsetzung

Lösung:

Das Hauptmotiv dieser Aufgabe ist in etwas anderer Form bekannt. Weiß startet mit dem Damenopfer, um nach 1.Dxg8+ Txg8 2.Sf7+ Kg7 3.Lh6# zu setzen. Die Aufgabe ist durch die Fragestellung etwas erschwert, da nicht nach einem Matt in drei Zügen gefragt wurde.


Aufgabe 3: Weiß ist am Zuge. Wie würdet ihr fortsetzen?

Lösung:

Das ist eine nette Version eines viel bekannteren Motivs, des erstickten Matt. Hier etwas komplizierter exekutiert. Es beginnt mit 1.Lb7+ Lxb7 2.Sd7 Dd8 3.Db8+ Dxb8 4.Sb6#


Aufgabe 4: Wie sollte Weiß fortsetzen?

Lösung:

Eine Abfolge starker Züge ist notwendig, um bei dieser Aufgabe richtig zu liegen. Das Beispiel ist bekannt aus einer Partie Adams – Torre New Orleans 1920 bekannt. Es ist nicht sicher, ob die Lösung der wirkliche Partieverlauf war – darauf weist der aktuelle Seniorenweltmeister Rainer Knaak in einer Chessbase-Analyse hin. Da die Varianten etwas komplexer sind und Erklärungen erfordern, hier die Partie in einem gesonderten Tool.


Wer Spaß an Schachaufgaben hat, der wird ab nächstem Jahr in der Akademie dieser Webpräsenz fündig werden. Für den Anfang findet ihr unter den Links weitere Aufgaben und einige Hinweise darauf wie schwer Schachaufgaben sein sollten.

Von Thorsten Cmiel Hier die Antworten auf die