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Foto: Eng Chin An (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

Ding und seine Eltern lächelten als sie sich in Richtung Spielsaal begaben. Vier Stunden später saß der Chinese versteinert in der Pressekonferenz, den Kopf leicht gesenkt. Sein Gegner hatte ihn kalkulatorisch an die Wand gespielt nach nur einem eigenen Fehler. Das Match steht unentschieden, aber es fühlt sich wie eine Führung für den Inder an.

Zu Beginn jeder Runde marschieren die Spieler kurz an etwa 100 Zuschauern vorbei, die die Matadore geduldig erwarten und dann kurz die Aufmerksamkeit ihrer Stars haben wollen. Die haben allerdings anderes vor und lächeln brav. Gukesh kommt nach Ding Liren heute. Beide Spieler verschwinden in ihren Ruheräumen, bevor sie dann einzeln den Cube, das Glashaus in dem gespielt wird, betreten.

Gukesh startet die Partie diesmal erwartungsgemäß mit dem Damenbauern, den er zwei Felder nach vorne schiebt. Noch gilt es für beide Spieler die Vorbereitung des Gegners zu erkunden. Ding reagiert zunächst mit seinem Königsspringer, Gukesh antwortet genau so und Ding hält dann im Zentrum mit seinem Damenbauern dagegen. Für das Eröffnungsteam von Gukesh dürfte das wertvolle Hinweise liefern, welche Varianten der Chinese spielen und welche er vermeiden will. Etwa so könnten die Überlegungen sein: Damengambit gegen den Springer auf f3 ist Team Ding recht, aber eventuell will man damit abgelehnte Damengambit-Systeme in denen Weiß seinen Königsspringer nach e2 ziehen könnte, vermeiden.

Gukesh sucht zunächst eine bequeme Sitzposition und rückt den Kragen zurecht. Danach lehnt sich der Inder zurück mit verschränkten Armen, die er auf die Tischkante legt. Gukesh scheint zu meditieren. Ding Liren zu beobachten ist heute vermutlich interessanter, da er unruhiger wirkt. Der Chinese weiß nicht so genau wie er seinen Kopf stützen soll und wechselt immer wieder die Denkerpose. Mal stützt er den Kopf, mal bedeckt er den Mund mit der einen Hand. Recht früh zieht der Chinese sein Jackett aus, wie meistens noch bevor die Fotografen den Cube nach etwa zehn Minuten verlassen. Nur die zwei Hauptfotografen Maria Emelianova und Eng Chin An dürfen bleiben. Ding Liren ist bereits mit seiner ersten wichtigen Entscheidung beschäftigt und wirkt unentschlossen auf mich.

Wir sind im neunten Zug angelangt. Gukesh hatte zuletzt mit dem g-Bauern von g2 nach g4 gezogen und damit den schwarzen Läufer auf f5 befragt. Ding steht vor seiner ersten schwierigen Entscheidung heute. Der Chinese kann den Läufer wegziehen oder er tauscht vorher auf b3 und gewinnt die zusätzliche Option seinen Läufer nach c2 zu ziehen. Das kann allerdings riskant sein, weil der Läufer auf c2 immer mal anfällig postiert ist. Ding rutscht immer wieder auf dem Stuhl hin und her. Anders als Gukesh, der sich für einen Gamingchair entschieden hat, sitzt Ding auf einem modernen Sitzmöbel, das man in einem modernen Büro finden könnte. Dann kommt die Entscheidung Ding tauscht in der Tat die Damen und zieht seinen Läufer nach c2 und greift den Bauern b3 an. Der Inder schaut auf, denkt kurz nach und entwickelt seinen schwarzfeldrigen Läufer nach f4.

Die kritische Phase

Die Eröffnung scheint sich bislang für den Inder mehr auszuzahlen. Sein Zeitvorteil nach 14 Zügen beträgt etwa 50 Minuten. Nach etwa sechszehnminütigem Nachdenken zieht Gukesh seinen g-Bauern erneut nach vorne. Ein zweischneidiger Zug, der sich falsch anfühlt; objektiv war der Zug tatsächlich nicht gut, da der Gegner nach richtigem Spiel mehr als ausgleichen kann. In der abschließenden Pressekonferenz erwähnt Gukesh genau diesen Moment, er sei zuversichtlich gewesen.

Das ist die Stellung bevor Gukesh g4-g5 spielte. Bis hierhin hatte Ding sich sehr gut verteidigt und in den nächsten Zügen findet der Chinese weiterhin die besten Verteidigungszüge. Die Stellung ist objektiv sogar besser für den Chinesen, aber die Spieler wissen das nicht. Maurice Ashley, der den Moderator auf der Bühne gibt, konfrontiert die beidem Spieler mit einer vom Computer erdachten Variante, die besser für Schwarz ist. Beide Spieler hatten es anders bewertet. Mir fällt ein Spruch im Fußball ein: „Entscheidend ist auf dem Platz“.

Der entscheidende Fehler

Zuletzt hatte Ding Liren seinen Turm nach h5 gezogen und den Bauern auf g5 attackiert. Ein Fehler wie die Zuschauer an den Bewertungsbalken weltweit beobachten können. Jetzt kommt Bewegung in die Partie und den Inder: Gukesh sieht seine Chance sofort, er ist normalerweise ganz ruhig am Brett, aber in diesem Moment erkennt er seine Chance. Gukesh bewegt seinen ganzen Körper für einen kurzen Moment. Dann reguliert er seine Emotionen etwas runter und schaut stoisch wieder auf das Brett. Er spielt seinen Königsbauern zwei Schritte nach vorne und die Gukesh-Spiele beginnen.

Es ist die völlig falsche Einschätzung zu glauben Gukesh fehle es an Intuition. Der Inder bevorzugt aber eine wesentlich konkretere Herangehensweise als andere Spieler. er glaubt nicht was er nicht durch eine Variantenberechnung beweisen kann.

Gukesh rechnet – Ding verliert auf Zeit

Tatsächlich ist die Angelegenheit danach keineswegs einfach. Es wird kalkulatorisch anspruchsvoll bleiben. Aber jetzt ist der Inder in seinem Element. Gukesh und Ding in Bestform vor einigen Jahren sind die besten menschlichen Rechner auf der Welt.

Betrachten wir zuletzt diese Stellung: Gukesh hat keine Angst gezeigt bin hierhin. Sein Gegner droht erstmals seit langer Zeit etwas – gemeint ist das Springerschach auf f3. Der Inder wehrt die Drohung mit leichter Hand ab, indem er hier seinen König elegant aus der d-Linie entfernt. Der Seitenschritt mit dem König nach e2 und Ding muss erkennen, dass er keinen sinnvollen Springerzug zur Verfügung hat.

Es ist zu Ende. Im Pressezentrum beginnen die ersten Journalisten zu packen, denn die Pressekonferenzen finden in einem anderen Hotel statt und dahin muss man einen Bus bekommen, der vor dem Equarius Hotel, dem Spielort, wartet. Im Cube überschreitet Ding im 37. Zug die Zeit, man erinnert sich, dass die Spieler bis zum 40. Zug ohne Inkrement spielen. Die Stellung war jedoch ohnehin verloren.

Pressekonferenz

Gukesh dominierte die Pressekonferenz und wirkte sehr entspannt. In seiner gewohnt analytischen Art ließ er sich weder durch den Moderator noch ein Zitat von Magnus Carlsen zur ersten Partie aus der Ruhe bringen. Eine Spitze gab es dann doch. Magnus habe 2013 bei seiner ersten WM-Partie in Chennai auch nicht so gut gespielt. Souverän gekontert.

„Es fühlt sich großartig an. In den letzten zwei Tagen war ich sehr zufrieden mit meinem Spiel und heute konnte ich meinen Gegner überspielen, was sehr schön war. Ich war bis zum dreizehnten Zug vorbereitet, ich schätze, er hat versucht, sich an etwas zu erinnern, aber vielleicht hat er sich an irgendeinem Punkt vertan. Meine Stellung nach g5, mit diesem Plan f3-e4, scheint für ihn sehr wackelig zu sein“.

Gukesh kurz nach der dritten Partie.

Foto: Eng Chin An (FIDE Chess) Von Thorsten

Plakatfoto: Alan Atkinson

Wir beginnen das Betrachten einiger spannender Momente mit dem deutschen Großmeister Rainer Knaak aus der Altersgruppe 65+. Rainer hatte seinen üblich guten Start, aber zumindest einen Schreckmoment zu überstehen. In der sechsten Runde half ihm sein Gegner mit einer Fehlentscheidung. Versuchen Sie es besser zu entscheiden. Weiß ist hier am Zuge.


Mikhalevski, A – Rainer Knaak. Porto Santo 2024.

Hier gibt es für Weiß die Möglichkeit auf c6 zu schlagen. Aber ist das überhaupt gut? Gibt es etwas Besseres? Wie würden sie sich entscheiden? Ich nenne solche Aufgabenstellungen „Fifty Fifty“. Man muss sich entscheiden, wie in jeder echten Partie.


Das war vor allem eine Rechenaufgabe und daran scheiterte Alexander Mikhalevski. Weiß steht ohne den Einschlag auf c6 glatt auf Gewinn. Es kam sogar noch schlimmer.



Zurab Sturua – Rainer Knaak. Porto Santo 2024.

Der erste schwarze Zug ist einleuchtend, aber wie geht es danach konkret weiter? Suchen und finden sie eine Lösung. Es ist nicht zu schwierig.


Der erste Zug ist einfach. Schwarz nimmt auf f2 mit seinem Turm. Weiß kann diesen wegen des gegnerischen Freibauern auf der d-Linie nicht zurück schlagen. Aber wie geht es nach dem Rückzug des Läufers nach b3 weiter? Sturua gab auf, aber warum eigentlich, denn das Abzugsschach Tf3+ und Txb3 scheitert am Grundreihenmatt auf der achten Reihe. So what? Die Lösung ist schick. Man schafft sich ein Luftloch. Anfangen muss man freilich mit dem Schachgebot per Abzug mit dem Turm und dem weißen Seitenschritt mit seinem König nach h1. Dann spielt man zum Beispiel einfach g7-g6 (Züge mit dem h-Bauern funktionieren ebenfalls). Verteidigt sich Weiß passiv zum Beispiel mit Td1, rollt einfach der schwarze e-Bauer.


Rainer Knaak – Lubomir Ftacnik. Porto Santo 2024.

Diese Partie zwischen Rainer Knaak und Lubomir Ftacnik könnte für den Ausgang der Seniorenweltmeisterschaft 2024 einen vorentscheidenden Charakter haben. Schwarz steht bereits erkennbar hinten hinten drin. der Springer auf f7 ist keine Augenweide, dennoch kann der Nachziehende hier seinen Nachteil begrenzen und weiter Widerstand leisten. Was sollte Lubomir nun tun?


Das ist die Spitzenpaarung aus der neunten Runde. Schwarz sollte auf e4 den Bauern schlagen und schnellstmöglich Leichtfiguren tauschen, um seine gedrängte Figurenstellung zu entlasten. In der Partie folgte der Rückzug mit der Dame nach d8 und Weiß nahm auf f5 und hatte ein Angriffsziel und spielentscheidenden Vorteil. Die Verwertungsphase meisterte Rainer Knaak ohne erkennbare Mühe.


Unfälle aus der Senioren-WM Porto Santo


Bagarani – Holzke. Porto Santo 2024

Die erste Stellung stammt aus der neunten Runde. Weiß muss seinen vierzigsten Zug ausführen. Was soll er machen?


Er konnte die Drohung des Gegners gegen den Läufer f3 ignorieren und hier 40.Dc1! spielen. Die Drohung 41.Te6 entscheidet danach für Weiß. In der Partie kam es unglücklich für den Weißen, der nach dem Rückzug des Läufers nach d1 zunächst auf Ausgleich und zwei Züge später auf Verlust stand.


Prasad Devaki – Stephen Dishman

Hier muss der Inder, der schon einmal Mikhail Tal in einem Turnier geschlagen hat, sich entscheiden, wohin er mit dem vom Springer auf b6 attackierten Turm ziehen soll. Kann irgendjemand ihm helfen?


Hier ist der Button zum Download (Beispiel)

Plakatfoto: Alan Atkinson Wir beginnen das Betrachten einiger

Foto: Maria Emelianova (Chess.com) für FIDE Chess.

Von Thorsten Cmiel

Es war der Tag der Blicke. Oft verzichten Schachspieler auf direkten Blickkontakt. An diesem Dienstag war es anders. Vor allem Ding Liren beobachtete seinen Gegner wie ein Raubtier, das ein potentielles Opfer ausguckt. Nach drei Stunden war es am Dienstag vorbei. Die Spieler einigten sich auf Remis. Gukesh fragte mit einem Blick, ob sein Gegner einverstanden sei, wie auf dem Titelfoto zu sehen. Der Chinese hatte genug gesehen und willigte ein.

Die zweite Partie war ereignisreicher als bei oberflächlicher Betrachtung auffällt. Ding hatte seinen Gegner auf dessen Risikobereitschaft getestet. Vor allem gab es im zehnten Zug für Gukesh eine Möglichkeit, die Stellung in eine sehr zweischneidige Situation zu verwandeln. In einer anderen Matchsituation hätte der rechenstarke Youngster möglicherweise im 10. Zug seinen Läufer nach b4 gezogen (Diagramm), statt zu rochieren wie in der Partie geschehen. Ding wäre so zu einem vermutlich geplanten zeitweiligen Bauernopfer gezwungen gewesen.

Danach folgt zunächst der Zug mit dem Springer nach d5 und nach der richtigen Antwort, Schwarz sollte auf e4 schlagen und auf das Nehmen auf a5 verzichten, entstünde eine zweischneidige Stellung in der letztlich eine Stellung mit entgegengesetzten Rochaden auf dem Brett entstehen konnte (siehe Partieanalyse unten). Das war offensichtlich nicht was dem Inder an diesem Dienstag vorschwebte.

Keiner der Spieler wollte nach dem Paukenschlag zu Beginn in der zweiten Partie ein größeres Risiko eingehen und so schienen beide Spieler mit dem Unentschieden letztlich zufrieden zu sein. Ding Liren sagte: „Meine Grundidee war es, vorsichtig zu spielen, und ich war mit einem Remis zufrieden. Ich erinnerte mich daran, dass mein Sekundant sagte, dass es nach 12.b3 laut Computer 0,2 war, also habe ich vielleicht einige Gelegenheiten verpasst.“. Dieser Ansatz war ebenfalls für Gukesh an dem Tag in Ordnung: „Ich wollte einfach eine gute Partie spielen“, sagte er. „Mit Schwarz so früh in einem Match will man nichts Dummes machen. Gestern habe ich mich gut gefühlt, ich war frisch und zuversichtlich, nur habe ich ein paar taktische Möglichkeiten übersehen, was jedem jederzeit passieren kann.“

Der Schlüsselmoment der Partie war der Zug 14.Tdc1. Ding Liren war bereits aus der Vorbereitung und gab die offene Linie auf, um den Abtausch auf der d-Linie zu vermeiden und sich neu zu formieren. Es wurde jedoch bald klar, dass sein Plan nicht funktionierte. „Der Zug Rc1 ist eine typische Idee in dieser Art von Struktur, aber ich denke nicht, dass es hier ein guter Zug ist, weil ich nicht wusste, wie ich mich entwickeln sollte, während er einen so starken Springer auf d4 hat. Tatsächlich habe ich später den Turm zurück nach d1 gezogen, was bedeutet, dass ich mit dem Turm auf c1 nicht glücklich bin“, sagte Ding nach der Partie auf der abschließenden Pressekonferenz. Der Chinese mag es sich als unsicher darzustellen. Die Maschinensprache, die in Zehnteln an Bauerneinheiten spricht, legt eine andere Entwicklung nahe. Der Chinese behielt bis zur Stellungswiederholung die Oberhand. Gukesh zeigte sich zufrieden mit dem Partieverlauf, zumal in einem WM-Kampf ein Unentschieden mit Schwarz immer ein gutes Resultat sei. Das Fazit des Inders:. „Heute war ein guter Tag, und hoffentlich werden wir noch viele weitere gute Tage erleben“. Er sollte Ding nicht unterschätzen.

Die Partie fand unter den Augen von Vishwanathan Anand statt, der das Kommentatorenteam im Studio an diesem Tag ergänzte.

Am Mittwoch geht es weiter. Gukesh wird dann sicherlich versuchen, mit den weißen Steinen ordentlich Druck aufzubauen. Die erste Frage lautet, wird er erneut zu seinem Königsbauern greifen, oder wird Gukesh das Eröffnungsrepertoire seines Gegners nach dem Aufzug des Damenbauern prüfen?

Foto: Maria Emelianova (Chess.com) für FIDE Chess. Von

Foto: Stefan Löffler

Stefan Löffler berichtet zur Halbzeit über Urlaubsidylle, die Spielbedingungen und die Anreiseprobleme zur Senioren-Weltmeisterschaft auf der portugiesischen Insel Porto Santo. Update: Inzwischen ist das Turnier kurz vor den entscheidenden drei Runden. Bei den Jungsenioren liegt Michail Krasenkow mit 6.5 Punkten allein vorne. Bei den älteren Senioren führt Lubomir Ftacnik mit 7 aus 8 und spielt in der neunten Runde gegen Rainer Knaak (6.5), der Zurab Sturua, den amtierenden Europameister geschlagen hat. Bei den Frauen gelang es Brigitte Burchard nicht es Rainer Knaak nachzumachen, sie verlor das Duell der Europameisterinnen (65+ und 50+) gegen die jetzt führende Silvia Alexieva aus Frankreich. Die Frauen spielen in einer gemeinsamen Gruppe beider Altersklassen.

+++ UPDATE 26.11.2024 Rainer Knaak gewinnt eine sehr überzeugende Partie gegen Lubomir Ftacnik in der neunten Runde und übernimmt die alleinige Tabellenführung bei den Senioren 65+ +++

„Bei den Seniorenweltmeisterschaften auf der Atlantikinsel Porto Santo ist Halbzeit. 24 Großmeister und 32 Internationale Meister sind dabei. Mit 202 ist die Zahl der Teilnehmer und Teilnehmerinnen allerdings unter den Erwartungen des ausrichtenden portugiesischen Verbands.

Angenehme 23 Grad hat das Meer derzeit auf Porto Santo. Über fast neun Kilometer erstreckt sich der Sandstrand, der nicht nur zum Baden sondern auch zu Spaziergängen einlädt. Wer lieber Fische beobachtet, schnorchelt in einer Felsbucht. Viele Teilnehmer borgen sich Fahrräder. Am spielfreien Samstag erwanderten viele die zerklüfteten, ursprünglich vulkanischen Gipfel der elf Kilometer langen und bis zu sechs Kilometer breiten Insel. Sie liegt 42 Kilometer nordöstlich von Madeira, hat aber durch Rodungen, Erosion und geringere Niederschläge nicht die botanische Vielfalt der mit vielen Wasserläufen gesegneten Hauptinsel. 

Die Anreise war mühsam aber hat sich gelohnt – das ist der Tenor unter denen, die sich zur Teilnahme entschlossen haben. Zweieinhalb Stunden braucht die Fähre von Funchal, zehn Minuten das Propellerflugzeug. Direktflüge von anderswo auf die Insel Porto Santo gibt es im November aber nur für Pauschaltouristen aus Dänemark. So wurde für alle, die keine gute Verbindung nach Madeira fanden, ein Charterflug von Lissabon organisiert.

Die Seniorenweltmeisterschaft wurde vom Veranstalter Reinhold Hoffmann erfunden und fand in der Anfangszeit häufig in Deutschland statt. Inzwischen wird sie in zwei Altersgruppen ausgetragen: Ü50 und Ü65. Die höchste Teilnehmerzahl hat die Gruppe Ü65. Nach sechs Runden liegen fünf Großmeister und ein IM mit je 5 Punkten vorn. Darunter die früheren lateinamerikanischen Spitzenspieler Alonso Zapata und Jaime Sunye Neto, der Georgier Zurab Sturua, Nathan Birnboim aus Israel und Rainer Knaak, der nach durchwachsenem Start zuletzt dreimal in Folge siegte. Auf die Idee, Seniorenwelt- und -europameisterschaften zu spielen, brachte den inzwischen 71jährigen Leipziger ein anderer langjähriger Chessbase-Mitarbeiter: Lubomir Ftacnik, der sich ebenfalls schon vier Siege und zwei Remis erarbeitet hat.

Bei den Jungsenioren ab 50 ist das Feld dichter zusammen. Nur Alex Shabalov und Michal Krasenkow haben fünf Punkte. Die beiden deutschen Großmeister Klaus Bischoff und Frank Holzke konnten jeweils erst einmal gewinnen und gaben schon viele Remis ab. Bei den Frauen treten beide Altersgruppen zusammen an. Die Remisquote an den vorderen Brettern liegt höher als bei den Männern. Nona Gaprindaschwili, 83, ist nominell die Nummer eins, aber nach einer Niederlage gegen die an zwei gesetzte Mascha Klinova derzeit einen halben Punkt hinter der Spitze – gleichauf mit der vor einigen Wochen zur Europameisterin gekürten Berlinerin Brigitte Burchardt, die zwei Partien durch energisches Spiel gewann.

Ab kommendem Jahr ist eine offene portugiesische Seniorenmeisterschaft geplant. Gut möglich, dass sie ihre erste Auflage im Oktober 2025 auf Porto Santo erleben wird. Denn dann gibt es zumindest noch Direktflüge von Lissabon.“ 

Stefan Löffler. Foto: FIDE Chess.

TC

Foto: Stefan Löffler Stefan Löffler berichtet zur Halbzeit

Foto Maria Emelianova (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

Ding Liren und Gukesh sitzen in einer Art schalldichtem Glashaus, Cube genannt. Ein solcher Cube kam bei Weltmeisterschaften bereits vorher zum Einsatz: In London 2018 sah das räumliche Szenario ähnlich aus. Zu Beginn führt die Pressebetreuerin der FIDE akkreditierte Fotografen für einen kurzen Moment in den Raum. Die Konstruktion ist erst kurz vor der Weltmeisterschaft zusammengebaut worden, da vorher eine andere Veranstaltung am Spielort stattfand. Von draußen kann man rein, von drinnen nicht raus sehen. Es spiegelt sich.

Zu Beginn müssen die Spieler die üblichen Startrituale über sich ergehen lassen. Maurice Ashley gibt den Ansager wie bei einem Boxkampf und stellt die Spieler und Gäste vor. Den ersten Zug führt Demis Hassabis aus, selbst ein passabler Schachspieler und ehemaliges Wunderkind, aber vor allem ist er das Mastermind hinter Alpha Zero und später Alpha Go, einer selbstlernenden Künstlichen Intelligenz für Googles Deep Mind. Hassabis erhielt jüngst den Nobelpreis in Chemie. Gukesh flüstert ihm 1.e4 als Startzug zu und Gukesh bleibt in der Partie später dabei. Er hätte es ändern können, die Schiedsrichterin hatte den Zug auf dem Brett zurück gestellt. Vermutlich wäre das im Duell allerdings eher ein Zeichen der Schwäche gewesen. So etwas macht keiner. Die Partie beginnt also mit dem Zug des Königsbauern. Es ist nicht ungewöhnlich und strategisch im Match sinnvoll, die Eröffnungen des Gegners gegen die Hauptzüge 1.e4 und 1.d4 frühzeitig auszutesten.

Ding antwortet auf den Königsbauernzug seines Gegners etwas überraschend für die meisten Kommentatoren mit der Französischen Verteidigung. Dabei hat Ding immerhin über 70 Partien mit dieser Verteidigung auf dem Brett gehabt. Häufiger hat er nur klassisch geantwortet und früher war er gefürchtet für seine Angriffspartien in einigen scharfen Varianten nach der spanischen Eröffnung. Häufiger als Französisch hatte der Weltmeister die Caro-Kann-Verteidigung gespielt, wenn er nicht klassisch (1…e5) spielen wollte. In der Pressekonferenz kam später Richard Rapport der Sekundant ins Spiel, Ding lobt ihn als großen Französisch-Experten, was richtig ist, aber Richard spielt vor allem den Zug mit dem Läufer nach b4, die so genannte Winawer-Variante oder typisch Rapport den etwas ausgefalleneren Springerzug nach c6. In der klassischen Variante, die in der ersten Partie auf das Brett kam, findet man keine Partie von Richard Rapport.

Die Eröffnungswahl ging für Gukesh nicht gut aus. Der Inder hatte zuvor bereits mehrfach die Steinitz-Variante mit Vorstoß des eigenen e-Bauern nach e5 gespielt. Den sechsten Zug mit seinem Damenspringer nach e2 hatte Gukesh bisher noch nicht angewandt. Er wird diese Variante nach meiner Einschätzung in diesem Kampf auch nicht wiederholen. Die Partie wurde allerdings nicht in der Eröffnung entschieden. Der erste wirklich kritische Moment in der Partie sah so aus:

In diesem Moment entscheidet sich, ob es Weiß gelingt seine Figuren vernünftig zu koordinieren. Er sollte um das Feld c4 kämpfen und dafür seinen Läufer nach f1 umgruppieren. Dafür hätte Gukesh am besten mit dem Zug seines Läufers nach e1 begonnen, um das Feld f3 für seinen Turm freizumachen. Stattdessen entschied sich Gukesh für einen passiv gedachten Zug mit seinem a-Turm. Danach wurde es zunächst einseitig und Liren überspielte seinen jungen Gegner.

In dieser Stellung sahen beide Spieler einen kleinen taktischen Trick und brachen mit wenig Restbedenkzeit – Gukesh hatte noch etwas mehr als zehn Minuten auf der Uhr – die Berechnungen ab. Nach dem Schlagen des Bauern auf h7 sieht es zunächst gut aus für den Inder, aber Schwarz hat einen Trickzug zur Verfügung. Er gibt das ablenkende Damenschach auf d4. Weiß kann das nicht ignorieren, da der h4-Bauern nach einem Seitenschritt mit dem König mit Schach fällt.

Die Partie war nach dem Damenzugpaar nach c2 und c4 entschieden. Wer mehr wissen will, kann sich die Analyse der Partie anschauen.

Die Fotos zur Partie zeigen wie Gukesh zunächst zusammenbricht. Das erinnerte an die siebte Runde in Toronto nach seiner Niederlage gegen Alireza Firouzja. Ding war natürlich besserer Laune und erlaubte sich die Journalisten auf die eine oder andere falsche Fährte zu locken. Als er eine Frage auf chinesisch gestellt bekam und sehr schnell antwortet, wirkten die Verantwortlichen überrascht, denn eine Übersetzung fand nicht statt. In der Pressekonferenz war das Supportteam von Liren ebenfalls dabei. Sein Vater ist eher ein seltener Gast bei seinen Turnieren. Der Chinese wird normalerweise nur von seiner Mutter begleitet. Gukesh zeigte sich nachdenklich, war aber voll präsent bei der Presskonferenz. Die Schachwelt kann aufatmen. Liren hat sein Lächeln zurück gefunden.

„Das war ein taktisches Versehen von mir. Das kann passieren, es ist ein langes Spiel. Was die Form meines Gegners angeht, habe ich nichts anderes erwartet. Ich habe die beste Version von ihm erwartet, und wir haben ein langes Match vor uns, also ist es jetzt nur noch spannender.“ Gukesh nach seiner Niederlage in Runde 1.

Hintergrund: Via Youtube. Diese interessante Dokumentation stellt Google Deep Mind selbst auf Youtube zur Verfügung.

Ulrich Stock für Die Zeit

Foto Maria Emelianova (FIDE Chess) Von Thorsten Cmiel Ding

Die Top-Fide Events folgen meist einem ähnlichen Fahrplan. Nach einem Media Day mit einer Auftaktpressekonferenz folgt eine Eröffnungsfeier, dann haben die Spieler einen Tag Vorbereitungszeit vor dem Start der ersten Partie. Für die Spieler war vermutlich die Farbauslosung der spannendste Moment. Die Besucher waren vermutlich von der Show mehr beeindruckt, die eine holographische Lasertechnik nutzte. Ein gelungener Start.

FIDE Eröffnungsfeier via Youtube.

Wer kennt das nicht. Zu einer gelungenen Premiere gehört, dass etwas schief geht. Die Choreographie nach der Farbwahl funktionierte nicht reibungslos. Liren lief zunächst in die falsche Richtung. Die mehrfachen Instruktionen hatten ihn offenbar verwirrt. Kevin Go Ming, singaporischer Großmeister und Mastermind hinter der Weltmeisterschaft will ihm verzeihen, da der Chinese etwas Schwerwiegenderes im Kopf habe.

FIDE Chess Eröffnungsshow: FIDE Chess WM-Trophäe: FIDE Chess Alle Fotos:

Von Thorsten Cmiel

Eine Schachanalyse ist die detaillierte und nachträgliche Untersuchung und Bewertung einer Schachpartie. Betrachtet werden einzelne Züge, verfolgte Strategien oder einfach bestimmte Positionen. Inzwischen weiß man, dass bei bestem Spiel beider Seiten eine Schachpartie mit Remis enden sollte. Insofern ist es eine wichtige Aufgabe Kipppunkte zu identifizieren, also Momente, bei denen die Bewertung objektiv eine Unwucht bekommt. Sie umfasst das Prüfen von Eröffnungen, Mittelspielstrategien und Endspieltechniken, um die Stärken und Schwächen eines Spiels oder eines Spielers zu erkennen. Dabei werden oft auch alternative Züge und deren mögliche Konsequenzen betrachtet. Schachanalysen können sowohl manuell durch erfahrene Spieler als auch mit Hilfe von Schachcomputern und -software durchgeführt werden. Ziel ist es, das Verständnis für das Spiel zu vertiefen und die eigenen Fähigkeiten zu verbessern.

Vier Hauptziele einer Partieanalyse

1. Kipppunkt(e) bestimmen

Es ist für die retrospektive Analyse entscheidend ab wann eine Partie von einer ausgeglichenen Stellung in eine schlechtere Stellung oder sogar in eine verlorene Stellung überführt wurde, gekippt ist. Schachengines können da helfen.

Automatische Analyse mit dem Li-Chess-Tool

Der obige Chart zeigt den Verlauf einer zufällig ausgewählten Schachpartie in der Darstellung von Lichess, einem Internetportal bei dem Spieler ihre Partien in einem Schnelldurchlauf mit einer Schachengine prüfen können. Wir erkennen, dass Weiß zu Beginn einen leichten Vorteil hatte und, dass erst im Endspiel wirklich etwas los war. Der Schwarzspieler dieser Partie stand fünfmal auf Gewinn (Zacken nach unten), bekam es aber zunächst nicht hin. Für die Analyse hieße das, dass man die Zacken und die Absturzmomente – die Extrempunkte – genauer untersuchen sollte. Genau auf diese Weise analysieren Charttechniker an der Börse Kursverläufe und hoffen daraus die richtigen Schlüsse für zukünftige Entwicklung vorherzusagen. Beim Schach hat man seine Geschicke weitgehend selbst in der Hand.

2. Fehler entdecken

Am besten kann man nach einer Schachpartie zumindest Vermutungen darüber anstellen, welche eigenen oder gegnerischen Züge nicht sonderlich gelungen waren. Dieser Teil wird heutzutage zu häufig von starken Engines wie „Stockfish“ übernommen, die taktische Überprüfungen anstellen. Wer allerdings glaubt, dass die taktischen Engineanalyse die absolute Wahrheit erzählt, liegt falsch.

3. Verbesserungen suchen

Wenn man etwas Selbstdisziplin aufbringt und ohne Rechnerhilfe nach Lösungen für praktische Probleme sucht, dann verbessert man als Schachspieler sein Verständnis des Spielgeschehens.

4. Eigene Schwächen ermitteln.

Es geht nicht darum sich selbst zu zerfleischen in der nachträglichen Partieanalyse. Aber jede Partie kann Fragen aufwerfen: Was ist in der Eröffnung falsch gelaufen? Warum habe ich im Mittelspiel keinen Plan gefunden? Warum war mein Zeitverbrauch so hoch? Konnte ich im Endspiel bestimmte Stellungen nicht bewerten? Welches Wissen fehlte mir? Und viele weitere Fragestellungen sind denkbar.

Lebenslanges Lernen ist das Ziel

Das Ziel der Partie- oder Stellungsanalysen ist es, Verbesserungsideen für das eigene Spiel zu sammeln und möglichst bei der nächsten Gelegenheit anzuwenden. Dieser Verbesserungsprozess ist für jeden Schachspieler jeder Spielstärke möglich. Weltklassegroßmeister können allerdings als schon gut ausgebildete Spieler nur kleine Schritte machen. Sogar Magnus Carlsen kann besser werden. Allerdings haben mehrere führende Großmeister seine Schwächen nicht wirklich aufdecken können in fünf Weltmeisterschaftskämpfen.


Das AI-generierte Beitragsbild zeigt ein mechanisches Schloss im Stil eines „Da Vinci“-Codeschlosses. Es besteht aus mehreren rotierbaren Ringen mit Buchstaben darauf, die in Reihen angeordnet sind. An den Enden befinden sich dekorative Kappen mit geometrischen Mustern und Symbolen. Die Oberfläche der Buchstabenringe ist metallisch und detailliert mit Gravuren. Das Schloss hat einen antiken und mystischen Charakter und scheint für ein Rätsel oder eine Geheimhaltung konstruiert worden zu sein. Dieses Design erinnert an ein mechanisches Zahlenschloss, jedoch mit Buchstaben anstelle von Zahlen, und wird oft in Abenteuerspielen oder Geschichten verwendet, um eine geheime Botschaft zu entschlüsseln. Schachpartien sind solche Rätsel zumindest für die meisten Schachspieler.

Eine Schachanalyse ist die detaillierte und nachträgliche

Von Thorsten Cmiel

Partieanalysen erfolgen heutzutage weitgehend computergestützt. allerdings sind viele der Varianten, die der Rechner sekundenschnell auswirft, völlig irrelevant. Wir wollen uns daher auf verbale Erklärungen bei der Kommentierung konzentrieren. Das erscheint mir hilfreicher zu sein, als nur eine Taste am Rechner zu betätigen und dann zu meinen, man habe in einer Stellung die absolute Wahrheit gefunden. In einer Turnierpartie muss man schließlich auch Züge vor dem eigenen geistigen Auge rechtfertigen und hat keine Rechnerevaluierungen zur Hand.

Um zu verstehen was gemeint ist, soll uns jetzt eine aktuelle Partie von Alexander Donchenko aus der Europameisterschaft in Petrovac in Montenegro dienen. Die Partie gegen einen jungen aserbaidschanischen Großmeister verlief recht einseitig und endete nach misslungener Eröffnungsphase des Nachziehenden recht abrupt. Die zu analysierenden Varianten sind schwierig zu verstehen und bedürfen nur weniger Erläuterungen. Die Schlussstellung ist sehr ansprechend, und die Folgen recht einfach verständlich. Solch eine überzeugende Kurzpartie zu spielen wie es Alexander Donchenko hier gelungen ist, ist allerdings nicht „einfach“, im Gegenteil.

(Foto: Dariusz Gorzinski)

Die Analyse kann heruntergeladen werden und wer will kann sie mit seinem eigenen Datenbankprogramm, oder besser ohne, nochmals genauer anschauen oder archivieren.

Von Thorsten Cmiel Partieanalysen erfolgen heutzutage weitgehend computergestützt.

Symbolfoto: Dariusz Gorzinski

Von Thorsten Cmiel

Bei der Asienmeisterschaft 2019 in Nordchina trafen zwei der größten Talente der jüngeren Schachgeschichte aufeinander und beide waren an diesem Tag bereit, auf höchstem Niveau gegeneinander anzutreten und vielleicht ist Furchtlosigkeit eine Eigenschaft, die der Jugend vorbehalten sind. Die Rede ist von dem Inder Praggnanandhaa, kurz Pragg, Jahrgang 2005, und dem Iraner Alireza Firouzja, Jahrgang 2003. Inzwischen sind die beiden Spieler Topgroßmeister und haben bereits in Kandidatenturnieren mitgespielt. Wir steigen mit der ausführlichen Analyse erst zum Höhepunkt der Partie ein.

Die Betrachtung dieser Partie starten wir in der Diagrammstellung. Wer will sollte hier zunächst nach einer Lösung suchen und das Lesen für einen Moment einstellen…Praggnanandhaa steht in der Ausgangsstellung klar vorteilhaft und legt sofort nach, indem er seinen Springer c4 in Richtung gegnerischem König orientiert. Dabei nutzt er die vielen Figuren in der e-Linie. Es folgte 21.Sd6. Dieser Zug ist für sich genommen keine Sensation, aber wer die Partie ausführlich analysiert wird bemerken, dass der Springer auf d6 erst im 32. Zug das Feld wieder räumt. Bis dahin mussten beide Spieler jeden Zug auch das Schlagen des Springers berücksichtigen. In einer Turnierpartie ist das eine sehr rechenaufwendige Angelegenheit.

Die Analyse kann heruntergeladen werden und wer will kann sie mit der Engine seines Vertrauens, oder besser ohne, nochmals genauer anschauen oder archivieren.

Symbolfoto: Dariusz Gorzinski Von Thorsten Cmiel Bei der Asienmeisterschaft

Vera Menchik war eine russische Schachspielerin mit tschechischen und englischen Wurzeln. Menchik war die dominierende Schachspielerin ihrer Zeit und Weltmeisterin von 1927 bis 1944. Wegen ihrer hohen Spielstärke erhielt sie die Chance an vielen Eliteturnieren teilzunehmen und spielte gegen die besten männlichen Schachspieler der Welt.

Vera Menchik wurde am 16. Februar 1906 in Moskau geboren und begann schon früh mit dem Schachspiel. Ihr Vater, ein böhmischer Unternehmer, und ihre Mutter, eine britische Gouvernante, förderten ihr Talent. Ihr erstes Schachturnier spielte sie im Alter von 14 Jahren in der Schule. Aufgrund der Revolution in Russland zog ihre Familie 1921 nach Hastings in England. 1923 trat sie im Hastings Chess Club ein und wurde von dem Clubmeister John Athur James Drewitt (1871 – 1931) und dem heute noch bekannten ungarischen Meisterspieler Géza Maróczy (1870 – 1951) gefördert. Menchik spielte zunächst lokale Turniere und besiegte 1925 die britische Meisterin Edith Charlotte Price (1872 – 1956) in zwei Partien. Im Jahr 1927 gewann Menchik in London erstmals den Titel der Frauenschachweltmeisterin, mit 21 Jahren. Diesen Titel verteidigte sie erfolgreich siebenmal bis zu ihrem Tod in Wettkämpfen und Turnieren. Am 27. Juni 1944 kam Vera Menchik zusammen mit ihrer Mutter und ihrer Schwester bei einem deutschen Bomberangriff in London ums Leben.

Pionierin ihrer Zeit

Menchik war nicht nur im Frauenschach erfolgreich. Sie trat in zahlreichen Turnieren gegen männliche Meister an, erzielte bemerkenswerte Ergebnisse und besiegte unter anderen den Weltmeister Max Euwe (1901 – 1981), Samuel Reshevsky (1911 – 1992) und Sultan Khan (1905 – 1966). Vera Menchik legte meist Wert auf eine solide Eröffnung und ein übersichtliches Mittelspiel, war aber auch taktisch eine versierte Spielerin. Ihr Andenken wird in der Schachwelt und vor allem in England hochgehalten. Menchik gilt bis heute als Pionierin des Frauenschachs und Wegbereiterin für spätere Stars im Frauenschach. Die Trophäe für das Siegerteam bei der Schacholympiade der Frauen heißt ihr zu Ehren Vera-Menchik-Pokal.

Schachliche Erinnerungen

Vera Menchik – Edgar Colle, Paris 1929.

Hier hatte der belgische Meisterspieler Edgar Colle (1897 – 1932) eine Kombination gesehen und nahm auf d4 den Bauern, seine Idee war es nach dem Damenzug seinen Turm mit Tempo auf die die d-Linie zu ziehen und auf d2 zu schlagen, weil dieser Springer „vergiftet“ war. Nach Schlagen mit der Dame wäre ein Springerabzug nach h3 mit Schach erfolgt und die Dame auf d2 verloren. Wer hatte recht?

Vera Menchik hatte offenbar besser gerechnet. Tatsächlich funktionierte das Schlagen auf d4 nicht.

Vera Menchik – Sonja Graf Stevenson, Frauen WM-Kampf 1937

Die folgende Stellung stammt aus der vierzehnten Partie des Weltmeisterschaftskampfes 1937 gegen die deutsche Spielerin Sonja Graf Stevenson, die hier mit Schwarz spielte. Vera Menchik fand hier einen sehr starken Zug, den vermutlich jeder Schachspieler in Taktikbüchern bereits gesehen hat.

Vera Menchik spielte den Zug 21.Td7! und ihre Gegnerin gab auf. Das Motiv ist es die schwarze Dame vom Feld h2 abzulenken. Nach 21…Dxd7 wäre 22.Dxh5 gefolgt mit der Doppeldrohung Dh8 und Dh7 jeweils mit Matt. Nach 22…gxh5 folgt 23.Lh7 Matt(#).

TC

Vera Menchik war eine russische Schachspielerin mit