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Die in der Ukraine geborene russische Großmeisterin Kateryna Lagno verzichtet auf die Teilnahme am nächsten Frauen Grand-Prix in Indien. Bei der FIDE heißt es lapidar dazu, dass Lagno aus persönlichen Gründen zurück gezogen habe. Dem widerspricht die Spielerin jetzt in einem öffentlichen Statement, das Peter Heine Nielsen bei X, vormals Twitter veröffentlichte.

Von Thorsten Cmiel

Es geht um einen Schönheitspreis, den Jekaterina Alexandrowna Lagno, 35, nicht bekommen hat, sondern Alexandra Konstantinowna Kosteniuk, 40. Wer einen neuen politisch inkorrekten vielleicht sogar frauenfeindlichen Skandal oder gar Zickenkrieg zweier Frauen vermutet, der liegt allerdings falsch. Es geht nicht um das Aussehen der beiden Spielerinnen, sondern um zwei gewonnene Partien im Schach und um Politik.

Das Statement von Lagno erfolgte via sozialen Medien und besteht in einem Schreiben an den russischen Präsidenten Arkadij Dvorkovich. Der steht vor allem bei europäischen Beobachtern ohnehin auf der Beobachtungsliste, er bevorzuge „seine Russen“ heißt es. Tatsächlich bemüht sich Dvorkovich um eine Normalisierung im Spielbetrieb. Russen dürfen bei der FIDE als Einzelsportler antreten, bekommen aber weder Hymne noch Nationalflaggen. Diese Regelung besteht seit dem Beginn des Angriffskrieges der Russen gegen die Ukraine. Bei der letzten Schacholympiade, dem wichtigsten Team-Event in der Schachwelt, in Budapest fehlten die Russen. Kritiker wie der Carlsen-Sekundant und gebürtige Däne und Schachgroßmeister Peter Heine Nielsen (51) kritisieren diese Regelung offen. Nielsen ist mit der Schachgroßmeisterin und heutigen litauischen Politikerin Viktorija Čmilytė-Nielsen (41) verheiratet.

Lagnos Statement

Kateryna Lagno wurde 1989 in Lemberg (Lwiw) in der westlichen Ukraine, damals noch Teil des Sowjetreiches, geboren. Ihre ersten schachlichen Erfolge erzielte Lagno für die Ukraine, wechselte dann aber 2014 zum russischen Schachverband. Ihr damaliger Wechsel der Verbände hatte im Jahr der Annexion der Krim für Unruhe gesorgt zwischen den Schachverbänden. Lagno ist mit dem russischen Schachgroßmeister Alexander Igorewitsch Grischtschuk (1985) verheiratet und hat vier Kinder. Der war vorher mit der Ukrainerin Natalia Zhukova (1979), ebenfalls Großmeister im Schach, verheiratet. Zhukova lebt in Odessa in der Ukraine.

Den Schönheitspreis bekam Alexandra Kosteniuk eine langjährige sportliche Gegenspielerin von Lagno im Spitzenschach der Frauen. Kosteniuk war zwischen 2008 und 2010 Schachweltmeisterin und ist gebürtige Russin (Perm, Ural). Sie hat sich allerdings vom russischen Verband inzwischen losgesagt und ist verheiratet mit dem bei der FIDE angestellten Pawel Wladimirowitsch Tregubow, 54, einem ebenfalls gebürtigen russischen Schachgroßmeister.

Den Schönheitspreis vergaben der Georgier Surab Asmaiparaschwili, 65, ebenfalls Schachgroßmeister und Dana Reizniece, eine lettische Frauengroßmeisterin und ehemalige Wirtschaft- und Finanzministerin ihres Landes. Reizniece ist „Deputy Chair“ des Weltschachbundes FIDE(*) und ihr werden Ambitionen nachgesagt, Dvorkovich einmal zu folgen. Die Gemengelage im Weltschach ist allerdings sehr fragil und bisher hat die Lettin ihren Hut noch nie in den Ring geworfen und pflegt eine Coexistenz bei der FIDE. Ihr fehlender Mut anzutreten liegt vermutlich daran, dass wer Präsident oder Präsidentin des Weltschachbundes werden will, nach bisheriger Lesart Geld mitbringen sollte. Bisher gibt es letztlich eine Abhängigkeit der FIDE von russischem Geld und Sponsoren. Ein Kritikpunkt, den insbesondere Peter Heine Nielsen immer wieder anprangert. Aus diesen vielfältigen persönlichen und landmannschaftlichen Zusammenhängen wird deutlich wie wichtig der Weltschachbund FIDE für die russische Föderation zu sein scheint. Im letzten Jahrhundert dominierte die Sowjetunion das Weltschach und stellte die längste Zeit den Schachweltmeister.

(*) In einer früheren Version dieses Textes hieß es Dana Reizniece sei Vizepräsidentin der FIDE. Der Weltschachbund hat mich darauf hingewiesen, dass das falsch ist: Dana Reizniece ist „Deputy Chair“ der FIDE. Das ist missverständlich übersetzt. Dana ist auch „Deputy President“ der European Chess Union (ECU). Wer mehr über die Titel des Managements der FIDE wissen will, der kann sich hier informieren: FIDE Directory – Member Federations and Officials.

Wer sich ein Bild von den beiden erwähnten Partien machen will, der kann das anhand der folgenden Analysen tun. Beide Partien hatten spektakuläre Phasen und auch ich würde Lagnos Partie für geeigneter halten. Ich hatte selbst mal eine andere Meinung zu einem Schönheitspreis bei einer Seniorenweltmeisterschaft in Bukarest. Da ging es aber um etwas anders gelagerte Frage worauf ein Schönheitspreis achten sollte. Ob das allerdings die wahre Ursache für den öffentlichen Frust von Kateryna Lagno ist, kann nur gemutmaßt werden.

Peter Heine Nielsen ist übrigens der Meinung, dass Lagno gar keine FIDE-Turniere spielen sollte, da sie auch immer wieder bei Propaganda-Turnieren von Großmeister Sergey Karjakin, dem ehemaligen Gegner von Magnus Carlsen im WM-Kampf von 2016 in New York, antritt. Karjakin, ebenfalls wie Lagno gebürtiger Ukrainer, ist inzwischen Politiker und versucht Normalität in eroberten ukrainischen Gebiete vorzuspiegeln. Das ist das noch größere Bild im Weltschach.



Fotos: Niki Riga (FIDE CHESS). Die Fotos sind in Monaco beim diesjährigen Grand-Prix der Frauen entstanden.

Hinweis

Es sei darauf hingewiesen, dass der Text im Original in deutscher Sprache geschrieben wurde. Gelegentlich gelingt es dem automatischen Übersetzer nicht die Details richtig zu übersetzen. Das gilt gerade bei schachspezifischen Kommentaren. So wurde beispielsweise in einem Text über den ehemaligen Weltmeister Ding der Name in das englische Wort „thing“ übersetzt. Oder das Wort für einen schachlichen Zug wird statt mit „move“ mit „train“ übersetzt. Wir haben keinerlei Einfluss auf solche Übersetzungsfehler der automatischen Übersetzung und können es auch nicht korrigieren – in manchen Sprachen ohnehin nicht. Wir empfehlen daher grundsätzlich das Original und etwas Humor.


Update

28. März 2025 Die Geschichte wird inzwischen bei Chess.com weiter erzählt. Es gab ein wertvolle Uhr von Cartier für den Schönheitspreis und einige Spielerinnen haben sich inzwischen geäußert. Alexandra Kosteniuk hätte sich ebenfalls für die Partie von Lagno entschieden und äußerte sich sehr diplomatisch. Einen politischen Hintergrund sieht sie offenbar nicht. Wer sich für die Weiterentwicklung der Geschichte interessiert, dem sein ein Link zum Artikel von Anthony Levin empfohlen.


Die in der Ukraine geborene russische Großmeisterin

Foto: Eric Rosen (FIDE Chess)

Ding Chilling ist während des Wettkampfes eine Art Markenzeichen des Chinesen geworden. Es begann mit einer Frage einer Mitarbeiterin des Deutschen Schachbundes. Inzwischen gibt es sogar einstündige Videos mit unterlegter Musik zur Entspannung.

Note: There is an automatic error using „Ding“ in German language it is „thing“ in English. So I for the moment changed the name in the headline to Liren.



Foto: Eric Rosen (FIDE Chess) Ding Chilling ist

Von Thorsten Cmiel


Leontxo García ist unzweifelhaft der Großmeister im Raum. Leontxo arbeitet als Journalist bei El País. Ich sitze zufällig neben ihm heute während die zwölfte Partie in Singapur läuft. Ding Liren scheint Gukesh früh am Wickel zu haben. Ich frage Leontxo nach Ähnlichkeiten zur Schachweltmeisterschaft 1987 zwischen Garri Kasparov und Anatoli Karpov. Kasparov war amtierender Weltmeister, hatte die 23. Partie verloren und musste die letzte Partie gewinnen. Als Leontxo antwortet, kommt mir die Idee seine Ausführungen aufzuzeichnen, er ist einverstanden. Dann sprudeln die Worte aus ihm heraus und ich erfahre viel mehr von einem, der Schach lebt und liebt.

Leontxo war 1987 Kommentator im Fernsehen

Die Weltmeisterschaft 87. Das war das vierte Match zwischen Kasparov und Karpov. Es war extrem ausgeglichen. Alles hing von der allerletzten Partie, der 24. ab. Also hatte das spanische Fernsehen jeden Abend ein Sonderprogramm. Und weil die Situation so emotional, so angespannt war, beschlossen die spanischen Fernsehbosse, die allerletzte Partie live zu übertragen. Das ganze Spiel. Laut offizieller Statistik hatten wir damals 13 Millionen spanische Zuschauer, die Schach im Fernsehen sahen. Ich bin mir sicher, dass mehr als 90 Prozent dieser 13 Millionen keine Ahnung von Schach hatten, aber sie drückten einem der beiden aus politischen oder anderen Gründen die Daumen. Ich meine, wir müssen bedenken, dass Karpov und Kasparov Symbole für zwei völlig gegensätzliche Lebensauffassungen im größten Land der Welt waren. Karpov war ein Vertreter der alten kommunistischen Garde, und Kasparov repräsentierte die Perestroika, den Erneuerungsgeist Gorbatschows. Deshalb war es möglich, dass 13 Millionen Menschen dem Schach folgten. Und das ist aus schachlicher Sicht sehr wichtig, denn das ist der Schlüsselmoment, warum Spanien seit dem folgenden Jahr, 1988, das Land in der Welt ist, das jedes Jahr mehr internationale Turniere organisiert, denn unter diesen 13 Millionen gab es natürlich viele potenzielle Sponsoren oder Medienredakteure oder Schuldirektoren oder einfach Mütter und Väter. Ich meine, viele Menschen, die mit dem Schach sympathisierten. Seit diesem Moment.

Das Topturnier Linares. Das gibt es nicht mehr. Was ist passiert?

Es gibt nicht zwei verschiedene Realitäten. Spanien ist immer noch das Land in der Welt, das jedes Jahr die meisten internationalen Turniere organisiert. Hunderte. Wenn man Wochenendturniere, Rapid und so weiter mitzählt. Das Linares-Problem ist ein sehr spezifisches. Linares hatte zwei große Probleme zur gleichen Zeit. Zum einen die Wirtschaftskrise, die weltweite Krise im Jahr 2008, und zum anderen die lokale Krise, weil diese allgemeine Krise den Santana-Motor, den größten Industriezweig in Linares und den Schlüsselfaktor für die lokale Wirtschaft, dazu zwang die Fabrik zu schließen. Und das bedeutete, dass die Arbeitslosigkeit in Linares auf über 50 Prozent anstieg. Es war also eine schreckliche Situation eingetreten, und dann mussten sie sich entscheiden, etwas zu ändern. Es tut mir leid, dass sie ihre Herangehensweise an das Schachspiel komplett geändert haben, anstatt Geld zu investieren, um die Stadt in der ganzen Welt berühmt zu machen. Was sie nun seit vielen Jahren tun, ist, dass sie jedes Jahr einige spanische Meisterschaften in verschiedenen Kategorien organisieren, zu denen viele Leute anreisen und die Kosten selbst tragen. Und jetzt lässt das Schachspiel Geld in Linares, anstatt Geld zu nehmen.

Wie beliebt ist Schach in Spanien?

Fußball ist natürlich wie eine Religion in Spanien. Fußball ist also eine andere Kategorie. Schach ist besonders beliebt als pädagogisches Mittel. Am 11. Februar 2015. In unserem Parlament geschah etwas, was ich ein Wunder nenne. An diesem Tag war ich sehr versucht, den Vatikan anzurufen, um ein Wunder zu melden, denn alle spanischen politischen Parteien, ohne Ausnahme, waren sich einig. Dies ist ein Wunder in Spanien. Und ich hatte Schach als pädagogisches Mittel empfohlen. Nach der Empfehlung des Europäischen Parlaments vor drei Jahren hatten wir in Spanien ein föderales System für die Bildung, was bedeutet, dass jede Region, abgesehen von den sehr großen autonom über die Bildung entscheidet. Von unseren 17 Regionen haben zehn bereits Schach in den Lehrplan aufgenommen, wobei Tausende von Schulen, die Schach als außerschulische Aktivität nutzen, nicht mitgezählt werden.

Leontxo ist nicht nur Journalist


Ganz am Anfang, als ich anfing, als Schachjournalist zu arbeiten, 1983 entdeckte ich, dass Schach sehr interessante Verbindungen zu wichtigen Bereichen des menschlichen Wissens hat: Bildung, Psychologie, Psychiatrie, Neurologie, Mathematik, künstliche Intelligenz, Kino, Literatur, internationale Politik und so weiter. Deshalb ist meine Zeitung, El Pais, diejenige in der Welt mit den meisten Schachinhalten. Einige dieser Schachinhalte sind nur Schach, für echte Schachliebhaber. Meine tägliche Kolumne beispielsweise ist eine kommentierte Partie einer Woche. Mein wöchentliches Video zeigt meist eine der brillantesten Partien der Geschichte, kommentiert von mir. Aber es gibt auch andere Inhalte. Zum Beispiel schicke ich jeden Donnerstag einen Newsletter an die Abonnenten, und nutze das als eine Art Entschuldigung, um über alles zu schreiben. Am interessantesten ist sicherlich der Bezug zum Thema Bildung. Wir haben starke wissenschaftliche Beweise und lange und ernsthafte Erfahrungen in der ganzen Welt. Man kann sagen, dass Schach ein sehr mächtiges Instrument ist oder sein kann.

sondern auch Vortragsreisender


Ich halte viele Vorträge und gebe auch Workshops. Ich habe mehr als 30.000 Lehrerinnen und Lehrer in mehr als 30 Ländern darin geschult, wie man Schach als transversales und interdisziplinäres Werkzeug einsetzen kann. Transversal bedeutet zum Beispiel, dass Schach mit emotionaler Intelligenz kombiniert wird, was transversal für alle Fächer ist und ein sehr wichtiges Feld für innovative Bildung im 21. Interdisziplinär bedeutet, dass zum Beispiel, aber nicht nur, ein großer Teil der Mathematik, Geometrie, Arithmetik, Algebra durch Schach auf eine sehr lustige Art und Weise erklärt werden kann. Die Schüler lernen durch das Spielen und das Spielen durch das Lernen, und für die Lehrer ist das sehr effizient. Und das funktioniert sehr gut in mehreren Ländern.

und internationaler Botschafter


Ich war bisher in vielen Ländern, das am weitesten fortgeschrittene und eines der Länder, das ich als Modell für gute Praktiken empfehlen kann, ist natürlich Ungarn. Die Judit Polgar Stiftung macht das sehr gut. Einige spanische Regionen, fünf davon, nämlich Katalonien, Aragonien, Andalusien, die Kanarischen Inseln und die Balearen. Dann drei argentinische Provinzen Santa Fe, San Luis und Buenos Aires City. Und Uruguay. In Mexiko gibt es einige sehr interessante Erfahrungen an verschiedenen Orten. Die Regierungen von Panama, Paraguay und Costa Rica haben in den letzten Jahren Entscheidungen zugunsten des Schulschachs getroffen. Wir müssen also noch ein wenig auf die Entwicklung warten. Dann im Vereinigten Königreich. Diese Stiftung von Malcolm Pein läuft schon seit einigen Jahren recht gut, mit einem guten Grad an Zufriedenheit unter den Lehrern. In Deutschland, ich glaube in Hamburg, hat man einige interessante Erfahrungen gemacht, und ich spreche hier von einem rein pädagogischen Test. Wenn wir über Schach in Schulen als Sport sprechen, dann müssen wir natürlich auch über Russland, Kuba, die Türkei und einige andere Länder sprechen. Andorra habe ich nicht erwähnt. Andorra ist sehr klein, aber die Qualität dessen, was sie im Schulschach tun, ist sehr hoch. Das ist gut.

Leontxo über den Argentinier Faustino Oro


Natürlich ist ein Wunderkind wie Faustino aus Sicht der Vermarktung von Schach erfreulich. Ich kann Beispiele nennen: Jeder weiß, was Rafael Nadal für das Tennis in Spanien bedeutet. Oder wenn wir über Schach sprechen, Vishy Anand in Indien. Faustino ist ein sehr interessanter Glücksfall, kann ich sagen. Natürlich ist das nicht objektiv, aber ich bin davon überzeugt. Faustino ist der intelligenteste zehnjährige Schachspieler, den ich je gesehen habe. Ich meine, ich kann mich an keinen anderen zehnjährigen Spieler erinnern, der so gut gespielt hat wie Faustino im Alter von zehn Jahren. Aber eine Einschränkung bei historischen Betrachtungen gibt es. Wenn wir vergleichen, wie viele Stellungen pro Tag haben Bobby Fischer oder Judit Polgar jeden Tag auf Papier gesehen? Ich meine Bücher, Zeitschriften, Zeitungen. Und wir vergleichen diese Zahl mit der Zahl an Positionen die Faustino Oro jeden Tag mit der modernen Technologie sieht. Das bedeutet zunächst, dass seine Entwicklung viel schneller voran schreitet. Meine Schlussfolgerung ist, dass Faustino Oros Talent nicht unbedingt ein größeres Talent haben muss als Bobby Fischer. Aber erkennbar macht er größere Fortschritte.

Argentinien oder Spanien?

Sie sind jetzt in Argentinien, weil Faustino die argentinische Meisterschaft gespielt hat und jetzt zur Rapid-Weltmeisterschaft in New York fährt. Aber soweit ich weiß, ist es ihr Plan, nach Badalona zurückzukehren, das ganz in der Nähe von Barcelona liegt. Faustino ist ein sehr liebenswerter Junge. Er ist nicht nur ein Kindergenie, sondern er ist auch sehr nett. Es ist sehr nett, mit ihm zu reden, ich war bei ihm zuhause. Wir sind sehr froh, ihn in Spanien zu haben, natürlich.


Leontxo García (WIKI)

Leontxo Garcia (El Pais)

Leontxo (El Pais) Youtube Kanal


Kurz und Bündig

  • 13 Millionen Zuschauer verfolgten die 24. Partie im spanischen Fernsehen
  • seit 1988 richtet Spanien immer mehr internationale Turniere aus
  • Schach ist in Spanien ein Bildungsinstrument
  • Leontxo hat mehr als 30.000 Lehrer in mehr als 30 Ländern ausgebildet
  • Schachwunderkinder wie der Argentinier Faustino Oro tragen zur Popularität des Sports bei

Fotos: Budapest Kongress 2024 (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel Leontxo García ist unzweifelhaft der

Von Thorsten Cmiel

Während Gukesh sich während laufender Turniere grundsätzlich von Social Media fern hält, nutzt Ding Diskussionen auf Social Media zum Entspannen. Dabei bekommt der Chinese möglicherweise manche Diskussionen mit, lässt sich davon aber nicht aus der Ruhe bringen, sagt er. Tatsächlich laufen auf verschiedenen Kanälen manche Diskussionen aus dem Ruder. Kommentatoren und Streamer, selbst mit meinungsstarken Maschinen bewaffnet, kritisieren die Spieler und halten das Niveau für nicht so berauschend. Objektiv betrachtet sieht es anders aus.

Einer, der sich beruflich mit Datenanalysen und deren Interpretation beschäftigt ist Mehmet Ismail, Wirtschaftswissenschaftler und Spieltheoretiker für Norway Chess im Einsatz. Ismail hat über eine Milliarde an Schachzügen einer Analyse unterzogen und seine eigenen Berechnungen angestellt, die über das einfache Interpretieren von Genauigkeitsdaten hinausgehen. Einige seiner spannendsten Erkenntnisse dazu.



Schach Weltmeisterschaften – immer präziser

Die Abbildung von Mehmet Ismail zeigt einen Trend abnehmender Fehlpunkte (zunehmende Genauigkeit) im Laufe der Zeit. Dieser Trend steht im Einklang mit einer unabhängigen Stockfish-Analyse auf Tiefe 20 und mit anderen früheren Studien sowie der allgemeinen Einschätzung führender Großmeister.


Bis zum Match 1921 lag der Durchschnitt der Spieler bei mehr als einem verpassten Punkt pro Spiel, was bedeutet, dass ihre Fehler sich zu mehr als einem bedeutenden Fehler pro Spiel summierten. Im Laufe der Jahre sind die durchschnittlich verpassten Punkte deutlich zurückgegangen.




Schon vor den Schachprogrammen lernten Schachspieler von der vorherigen Generation und die Eröffnungen verbesserten sich. Infolgedessen hat sich die Gesamtgenauigkeit erhöht. Auch Schachprogramme haben zu dieser Steigerung beigetragen.

Mehmet Ismail im Dezember 2024.


Beim Schach geht es Ismail zufolge jedoch nicht nur um Präzision, sondern auch darum, kalkulierte Risiken einzugehen. Hierfür hat der Datenexperte den Game Intelligence (GI)-Score entwickelt, der einen Kompromiss zwischen dem Spielen der Hauptvariante und dem Abweichen davon zum Eingehen von gezielten Risiken erfasst. Um die GI-Werte der Spieler zu messen, hat Ismail mehr als eine Milliarde Schachzüge analysiert. Über eine Million dieser Züge wurden von den weltbesten Schachgroßmeistern ausgeführt. Der durchschnittliche menschliche GI-Wert ist auf 100 standardisiert, mit einer Standardabweichung von 15. Dies bedeutet, dass 68 Prozent der Schachspieler einen GI-Wert zwischen 85 und 115 aufweisen.


PlayerGI scoreMissed pointsTPRGames
Magnus Carlsen160,10,44284856
Viswanathan Anand158,70,43279088
Vladimir Kramnik157,20,54280365
Garry Kasparov157,20,542725197
Veselin Topalov156,40,52273623
Liren Ding156,40,56278926
Anatoly Karpov155,70,612725194
Jose Raul Capablanca153,60,7248
Robert James Fischer153,10,87274920
Tigran V Petrosian150,60,8969

In dieser Tabelle von Mehmet Ismail (Stand: 2024, 12 Partien in Singapur gespielt) sind die Ergebnisse der Weltmeister bei Partien in Schachweltmeisterschaften aufgeführt.


Wie man die Daten interpretieren sollte

Wie die Tabelle zeigt, ist Viswanathan Anand mit einer durchschnittlichen Punktzahl von 0,43 pro Partie der Spieler mit der höchsten Genauigkeit. Magnus Carlsen sticht jedoch mit dem höchsten GI-Wert von 160 heraus, was darauf hindeutet, dass Carlsens Spielstil, der nicht immer dem besten Zug des Computers folgt, dazu neigt, seinen Gegnern im Vergleich zu anderen Spielern mehr Fehler zu entlocken.


WM Match Singapur zwischen Ding Liren und Gukesh

Beide Spieler haben laut der Top-Schachengine Stockfish während des Matches in den ersten 12 Partien auf identischem Niveau gespielt, obwohl es vier entscheidende Partien gab. Ihre durchschnittlichen Fehlpunkte pro Partie lagen bei lediglich 0,4. Das deutet laut Mehmet Ismail darauf hin, dass die Fehler während der Partien insgesamt weniger als einen schwerwiegenden Fehler pro Partie ausmachten. Dieses hohe Maß an Genauigkeit macht das Match zum zweitgenauesten Weltmeisterschaftsmatch der Geschichte, das nur von der legendären Begegnung zwischen Garry Kasparov und Viswanathan Anand im Jahr 1995 übertroffen wird.


Ich kann nicht wirklich glauben, dass es das bisher genaueste Spiel ist.

Herausforderer Gukesh nach der siebten Partie

Vielleicht vor diesem Spiel.

Weltmeister Ding Liren nach der siebten Partie.


Mehmet Ismail

Ich möchte drei kritische Stellungen aus der 11. Partie ansprechen, die entweder kurz vor einem Fehler stehen oder bei denen die Spieler sehr lange (mehr als 15 Minuten) zum Rechnen brauchen.

Zum Beispiel spielte Ding in dem ersten Diagramm in dieser Stellung den Damenzug nach c8. Dies führte zu einem verpassten Punkt von 0,4, was bedeutet, dass Ding, wie oben definiert, von einer fast objektiv ausgeglichenen Stellung in eine Verluststellung geriet. Beachten Sie die Logik, dass 0,5 verpasste Punkte bedeuten, dass man von einer ausgeglichenen zu einer Verluststellung übergeht.

In dem zweiten Diagramm ist die Stellung abgebildet kurz bevor Gukesh laut Engine einen Fehler begeht, indem er Tdb1 zieht. Dies ergibt 0,34 verpasste Punkte, da Weiß zwar einen bedeutenden Vorteil verliert, aber immer noch besser steht. Es handelt sich also um eine geringere verpasste Chance als bei Dings Fehler.

Im dritten Diagramm ist die Stellung vor dem Fehler mit dem Bauernzug auf e7-e6 dargestellt, der mit 0,44 verpassten Punkten erheblich ist.“


Über die Grenzen von Datenanalysen

Was die Analyse der Spielqualität im Schach betrifft, so glaubt Mehmet Ismail, dass nan versuchen sollte, die Qualität des Spiels so genau wie möglich zu messen, denn obwohl Engines viel stärker sind als Menschen, können Standardmethoden wie der Verlust von Hundertstelbauern oder die Genauigkeitsrate zu irreführenden Ergebnissen führen. Zweitens sei die Analyse der Zugqualität zwar nützlich, aber man sollte ihre Grenzen anerkennen.

Ein Beispiel dazu: Ein perfektes Spiel zu spielen und zu gewinnen ist etwas ganz anderes als ein perfektes Spiel zu spielen und ein Unentschieden zu erzielen; in beiden Fällen mag das Spiel perfekt sein, aber im ersten Fall macht der Gegner einen Fehler und im zweiten Fall nicht. Der GI-Score zielt darauf ab, die Unterschiede zwischen den beiden unterschiedlichen Spielsituationen zu erfassen. Es gibt laut Ismail noch viel mehr Möglichkeiten, Schachstatistiken aus menschlicher Sicht verständlicher und interpretierbarer zu machen.


Verwendete Definitionen und Methoden

Verpasste Punkte

Die Werte sind durchschnittliche verpasste Punkte pro Partie. 1,00 und 0,50 verpasste Punkte sind gleichbedeutend mit einem spielverlierenden Fehler in einer Gewinn- bzw. Remisstellung. Im Gegensatz dazu bedeuten 0 verpasste Punkte ein perfektes Spiel. Verpasste Punkte messen die Punkte, die ein Spieler in einem Spiel gemäß der Engine verpasst. Jeder Fehlzug wird anhand der Gewinn-Unentschieden-Verlust-Wahrscheinlichkeit des obersten Engine-Zugs und des tatsächlichen Zugs berechnet.

Wenn man beispielsweise in einer Gewinnstellung einen Fehler macht, der zur Niederlage führt, ist das 1 verpasster Punkt, während ein Fehler in einer Remisstellung 0,5 verpasste Punkte bedeutet. 0 verpasste Punkte bedeutet perfektes Spiel.

Was ist mit Spielintelligenz (GI) gemeint?

Der GI-Wert kombiniert die menschliche Leistung mit der Engine-Analyse und misst die Fähigkeit der Spieler, strategische Risiken einzugehen. Die GI-Punktzahl steigt, wenn man mehr Punkte gewinnt und gegen stärkere Gegner punktet, aber sie sinkt bei Fehlern. Der durchschnittliche GI-Wert eines Schachspielers liegt bei 100. Etwa 68 Prozent der Spieler haben einen GI-Wert zwischen 85 und 115. Die Gewinner von Superturnieren erreichen in der Regel einen GI-Wert von 160 oder mehr.

Methodenhinweise


Jeder Fehler wird anhand der Gewinn-Remis-Verlust-Wahrscheinlichkeit des besten Engine-Zuges und des tatsächlichen Zuges des Spielers berechnet. Mit diesem Verfahren ist es möglich, Probleme bei der Interpretation zu vermeiden, die mit den weit verbreiteten durchschnittlichen Bauernverlust-Metriken einhergehen. Für die Engine bedeutet eine Änderung der Bewertung von +9,0 auf +7,0 oder von +2,0 auf 0,0 einen Verlust von zwei Bauerneinheiten; aus menschlicher und praktischer Sicht gibt es jedoch einen großen Unterschied zwischen den beiden Änderungen. Aus diesem Grund liefert die Arithmetik, z. B. das Addieren und Bilden des Durchschnitts von Verlusten in Hundertstelbauern, aus menschlicher Sicht im Allgemeinen keine aussagekräftigen Ergebnisse.

Ebenso sind Ergebnisse mit prozentualer Genauigkeit möglicherweise nicht intuitiv. Beispielsweise hatten die Spieler im aktuellen WCC sowohl in Partie 2 als auch in Partie 7 eine Genauigkeit von etwa 96 %. Allerdings hatten die Spieler in Partie 2 0,07 Punkte, was ein nahezu perfektes Spiel bedeutet, während sie in Partie 7 1,00 Punkte verfehlten, was einem spielentscheidenden Fehler in einer Gewinnstellung entspricht. Spiel 7 war zwar ein ganz anderes Remis als Spiel 2, da Spiel 7 sehr lange dauerte, was jedoch den Genauigkeitswert verzerrt.

Mehmet Ismail berücksichtigt für seine Analysen alle Züge in einer Partie, beginnend mit dem ersten Zug. Er verzichtet auf das Herausnehmen von Eröffnungszügen. Das begründet Ismail so: Ihm sei erstens kein zuverlässiger Datensatz bekannt, der die ersten Züge außerhalb des Buches enthält, und zweitens würde es ohnehin wenig ändern, da verpasste Punkte eine Statistik auf Spielebene sind (sie wird nicht durch die Zuganzahl geteilt).


Über Mehmet Ismail

Mehmet Ismail ist Dozent für Wirtschaftswissenschaften an der Abteilung für politische Ökonomie des King’s College London. Zu seinem akademischen Hintergrund gehört seine Promotion in Wirtschaftswissenschaften an der Universität Maastricht. Mehmet hat außerdem einen Master in angewandter Mathematik von der Universität Paris 1 Panthéon-Sorbonne und verbrachte ein Semester an der Universität Bielefeld im Rahmen des Erasmus Mundus QEM-Programms.

Neben seiner akademischen Tätigkeit ist Mehmet ein leidenschaftlicher Schachliebhaber und ehemaliger professioneller Backgammon-Spieler. Seine Leidenschaft für Spiele geht weit über das bloße Spielen hinaus; er ist fasziniert von der facettenreichen Welt der Spiele und erforscht alles von theoretischen Grundlagen und praktischen Anwendungen bis hin zu Spieldesign, Fairness und dem Spiel selbst. Mehmet ist für Norway Chess als Experte für Spieltheorie im Einsatz.

Interessierte Leser können auf GitHub weitere Informationen und Details der Analysen von Mehmet Ismail finden.




Dieser Chart von Mehmet Ismail zeigt den

Google ist Titelsponsor der Schachweltmeisterschaft in Singapur 2024 und hat zur Weltmeisterschaft eine sehr informative Website mit vielen Informationen zum Schach bereitgestellt. Ästhetisch sind die Informationen hochwertig präsentiert. Eine uneingeschränkte Empfehlung

Screenshot Google Culture and Arts

Culture and Arts

Alpha Zero bis Alpha Go bis Google Deep Mind

Bei der Entwicklung von Alpha Zero ging es den Entwicklern darum zu Lernen um zu lernen. Dieser Prozess ging weiter mit Alpha Go und führte zur Gründung von Googles Deep Mind. Zuletzt war ein Nobelpreis in Chemie das Ergebnis an dem der Gründer Demis Hassabis (Jahrgang 1976) und John Jumper (Jahrgang 1985) von Deep Mind entscheidend mitgewirkt haben.

Zu Beginn der Weltmeisterschaft hielt ein anderer Wissenschaftler Nenad Tomasev einen Vortrag und stellte sich Fragen. Wie wird Künstliche Intelligenz unsere Welt verändern? Hier sehen wir erste Erfolge und mit Schach fing alles an.

Nobel Preise 2024

TC

Google ist Titelsponsor der Schachweltmeisterschaft in Singapur

Foto Maria Emelianova (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

Ding Liren und Gukesh sitzen in einer Art schalldichtem Glashaus, Cube genannt. Ein solcher Cube kam bei Weltmeisterschaften bereits vorher zum Einsatz: In London 2018 sah das räumliche Szenario ähnlich aus. Zu Beginn führt die Pressebetreuerin der FIDE akkreditierte Fotografen für einen kurzen Moment in den Raum. Die Konstruktion ist erst kurz vor der Weltmeisterschaft zusammengebaut worden, da vorher eine andere Veranstaltung am Spielort stattfand. Von draußen kann man rein, von drinnen nicht raus sehen. Es spiegelt sich.

Zu Beginn müssen die Spieler die üblichen Startrituale über sich ergehen lassen. Maurice Ashley gibt den Ansager wie bei einem Boxkampf und stellt die Spieler und Gäste vor. Den ersten Zug führt Demis Hassabis aus, selbst ein passabler Schachspieler und ehemaliges Wunderkind, aber vor allem ist er das Mastermind hinter Alpha Zero und später Alpha Go, einer selbstlernenden Künstlichen Intelligenz für Googles Deep Mind. Hassabis erhielt jüngst den Nobelpreis in Chemie. Gukesh flüstert ihm 1.e4 als Startzug zu und Gukesh bleibt in der Partie später dabei. Er hätte es ändern können, die Schiedsrichterin hatte den Zug auf dem Brett zurück gestellt. Vermutlich wäre das im Duell allerdings eher ein Zeichen der Schwäche gewesen. So etwas macht keiner. Die Partie beginnt also mit dem Zug des Königsbauern. Es ist nicht ungewöhnlich und strategisch im Match sinnvoll, die Eröffnungen des Gegners gegen die Hauptzüge 1.e4 und 1.d4 frühzeitig auszutesten.

Ding antwortet auf den Königsbauernzug seines Gegners etwas überraschend für die meisten Kommentatoren mit der Französischen Verteidigung. Dabei hat Ding immerhin über 70 Partien mit dieser Verteidigung auf dem Brett gehabt. Häufiger hat er nur klassisch geantwortet und früher war er gefürchtet für seine Angriffspartien in einigen scharfen Varianten nach der spanischen Eröffnung. Häufiger als Französisch hatte der Weltmeister die Caro-Kann-Verteidigung gespielt, wenn er nicht klassisch (1…e5) spielen wollte. In der Pressekonferenz kam später Richard Rapport der Sekundant ins Spiel, Ding lobt ihn als großen Französisch-Experten, was richtig ist, aber Richard spielt vor allem den Zug mit dem Läufer nach b4, die so genannte Winawer-Variante oder typisch Rapport den etwas ausgefalleneren Springerzug nach c6. In der klassischen Variante, die in der ersten Partie auf das Brett kam, findet man keine Partie von Richard Rapport.

Die Eröffnungswahl ging für Gukesh nicht gut aus. Der Inder hatte zuvor bereits mehrfach die Steinitz-Variante mit Vorstoß des eigenen e-Bauern nach e5 gespielt. Den sechsten Zug mit seinem Damenspringer nach e2 hatte Gukesh bisher noch nicht angewandt. Er wird diese Variante nach meiner Einschätzung in diesem Kampf auch nicht wiederholen. Die Partie wurde allerdings nicht in der Eröffnung entschieden. Der erste wirklich kritische Moment in der Partie sah so aus:

In diesem Moment entscheidet sich, ob es Weiß gelingt seine Figuren vernünftig zu koordinieren. Er sollte um das Feld c4 kämpfen und dafür seinen Läufer nach f1 umgruppieren. Dafür hätte Gukesh am besten mit dem Zug seines Läufers nach e1 begonnen, um das Feld f3 für seinen Turm freizumachen. Stattdessen entschied sich Gukesh für einen passiv gedachten Zug mit seinem a-Turm. Danach wurde es zunächst einseitig und Liren überspielte seinen jungen Gegner.

In dieser Stellung sahen beide Spieler einen kleinen taktischen Trick und brachen mit wenig Restbedenkzeit – Gukesh hatte noch etwas mehr als zehn Minuten auf der Uhr – die Berechnungen ab. Nach dem Schlagen des Bauern auf h7 sieht es zunächst gut aus für den Inder, aber Schwarz hat einen Trickzug zur Verfügung. Er gibt das ablenkende Damenschach auf d4. Weiß kann das nicht ignorieren, da der h4-Bauern nach einem Seitenschritt mit dem König mit Schach fällt.

Die Partie war nach dem Damenzugpaar nach c2 und c4 entschieden. Wer mehr wissen will, kann sich die Analyse der Partie anschauen.

Die Fotos zur Partie zeigen wie Gukesh zunächst zusammenbricht. Das erinnerte an die siebte Runde in Toronto nach seiner Niederlage gegen Alireza Firouzja. Ding war natürlich besserer Laune und erlaubte sich die Journalisten auf die eine oder andere falsche Fährte zu locken. Als er eine Frage auf chinesisch gestellt bekam und sehr schnell antwortet, wirkten die Verantwortlichen überrascht, denn eine Übersetzung fand nicht statt. In der Pressekonferenz war das Supportteam von Liren ebenfalls dabei. Sein Vater ist eher ein seltener Gast bei seinen Turnieren. Der Chinese wird normalerweise nur von seiner Mutter begleitet. Gukesh zeigte sich nachdenklich, war aber voll präsent bei der Presskonferenz. Die Schachwelt kann aufatmen. Liren hat sein Lächeln zurück gefunden.

„Das war ein taktisches Versehen von mir. Das kann passieren, es ist ein langes Spiel. Was die Form meines Gegners angeht, habe ich nichts anderes erwartet. Ich habe die beste Version von ihm erwartet, und wir haben ein langes Match vor uns, also ist es jetzt nur noch spannender.“ Gukesh nach seiner Niederlage in Runde 1.

Hintergrund: Via Youtube. Diese interessante Dokumentation stellt Google Deep Mind selbst auf Youtube zur Verfügung.

Ulrich Stock für Die Zeit

Foto Maria Emelianova (FIDE Chess) Von Thorsten Cmiel Ding

Von Thorsten Cmiel

Eine Schachanalyse ist die detaillierte und nachträgliche Untersuchung und Bewertung einer Schachpartie. Betrachtet werden einzelne Züge, verfolgte Strategien oder einfach bestimmte Positionen. Inzwischen weiß man, dass bei bestem Spiel beider Seiten eine Schachpartie mit Remis enden sollte. Insofern ist es eine wichtige Aufgabe Kipppunkte zu identifizieren, also Momente, bei denen die Bewertung objektiv eine Unwucht bekommt. Sie umfasst das Prüfen von Eröffnungen, Mittelspielstrategien und Endspieltechniken, um die Stärken und Schwächen eines Spiels oder eines Spielers zu erkennen. Dabei werden oft auch alternative Züge und deren mögliche Konsequenzen betrachtet. Schachanalysen können sowohl manuell durch erfahrene Spieler als auch mit Hilfe von Schachcomputern und -software durchgeführt werden. Ziel ist es, das Verständnis für das Spiel zu vertiefen und die eigenen Fähigkeiten zu verbessern.

Vier Hauptziele einer Partieanalyse

1. Kipppunkt(e) bestimmen

Es ist für die retrospektive Analyse entscheidend ab wann eine Partie von einer ausgeglichenen Stellung in eine schlechtere Stellung oder sogar in eine verlorene Stellung überführt wurde, gekippt ist. Schachengines können da helfen.

Automatische Analyse mit dem Li-Chess-Tool

Der obige Chart zeigt den Verlauf einer zufällig ausgewählten Schachpartie in der Darstellung von Lichess, einem Internetportal bei dem Spieler ihre Partien in einem Schnelldurchlauf mit einer Schachengine prüfen können. Wir erkennen, dass Weiß zu Beginn einen leichten Vorteil hatte und, dass erst im Endspiel wirklich etwas los war. Der Schwarzspieler dieser Partie stand fünfmal auf Gewinn (Zacken nach unten), bekam es aber zunächst nicht hin. Für die Analyse hieße das, dass man die Zacken und die Absturzmomente – die Extrempunkte – genauer untersuchen sollte. Genau auf diese Weise analysieren Charttechniker an der Börse Kursverläufe und hoffen daraus die richtigen Schlüsse für zukünftige Entwicklung vorherzusagen. Beim Schach hat man seine Geschicke weitgehend selbst in der Hand.

2. Fehler entdecken

Am besten kann man nach einer Schachpartie zumindest Vermutungen darüber anstellen, welche eigenen oder gegnerischen Züge nicht sonderlich gelungen waren. Dieser Teil wird heutzutage zu häufig von starken Engines wie „Stockfish“ übernommen, die taktische Überprüfungen anstellen. Wer allerdings glaubt, dass die taktischen Engineanalyse die absolute Wahrheit erzählt, liegt falsch.

3. Verbesserungen suchen

Wenn man etwas Selbstdisziplin aufbringt und ohne Rechnerhilfe nach Lösungen für praktische Probleme sucht, dann verbessert man als Schachspieler sein Verständnis des Spielgeschehens.

4. Eigene Schwächen ermitteln.

Es geht nicht darum sich selbst zu zerfleischen in der nachträglichen Partieanalyse. Aber jede Partie kann Fragen aufwerfen: Was ist in der Eröffnung falsch gelaufen? Warum habe ich im Mittelspiel keinen Plan gefunden? Warum war mein Zeitverbrauch so hoch? Konnte ich im Endspiel bestimmte Stellungen nicht bewerten? Welches Wissen fehlte mir? Und viele weitere Fragestellungen sind denkbar.

Lebenslanges Lernen ist das Ziel

Das Ziel der Partie- oder Stellungsanalysen ist es, Verbesserungsideen für das eigene Spiel zu sammeln und möglichst bei der nächsten Gelegenheit anzuwenden. Dieser Verbesserungsprozess ist für jeden Schachspieler jeder Spielstärke möglich. Weltklassegroßmeister können allerdings als schon gut ausgebildete Spieler nur kleine Schritte machen. Sogar Magnus Carlsen kann besser werden. Allerdings haben mehrere führende Großmeister seine Schwächen nicht wirklich aufdecken können in fünf Weltmeisterschaftskämpfen.


Das AI-generierte Beitragsbild zeigt ein mechanisches Schloss im Stil eines „Da Vinci“-Codeschlosses. Es besteht aus mehreren rotierbaren Ringen mit Buchstaben darauf, die in Reihen angeordnet sind. An den Enden befinden sich dekorative Kappen mit geometrischen Mustern und Symbolen. Die Oberfläche der Buchstabenringe ist metallisch und detailliert mit Gravuren. Das Schloss hat einen antiken und mystischen Charakter und scheint für ein Rätsel oder eine Geheimhaltung konstruiert worden zu sein. Dieses Design erinnert an ein mechanisches Zahlenschloss, jedoch mit Buchstaben anstelle von Zahlen, und wird oft in Abenteuerspielen oder Geschichten verwendet, um eine geheime Botschaft zu entschlüsseln. Schachpartien sind solche Rätsel zumindest für die meisten Schachspieler.

Eine Schachanalyse ist die detaillierte und nachträgliche

Foto: Maria Emelianova (Singapur 2024)

Von Thorsten Cmiel

Im Ecosystem des Schachsports erscheint immer wieder ein neuer Stern, der die Aufmerksamkeit der Welt auf sich zieht. Manche leuchten besonders hell. Einer dieser aufstrebenden Stars ist der junge indische Schachgroßmeister Dommaraju Gukesh. Mit seinen beeindruckenden Leistungen hat Gukesh nicht nur die indische Schachszene erobert, sondern insbesondere 2024 international für Aufsehen gesorgt. Sein nächstes großes Ziel ist der bevorstehende Weltmeisterschaftskampf in Singapur gegen den chinesischen Titelverteidiger Ding Liren.

Wer ist Gukesh?

Dommaraju Gukesh, so sein vollständiger Name, wurde am 29. Mai 2006 in Chennai, Indien, geboren. Als das Talent sichtbar wurde ging sein Vater, ein Arzt, mit seinem Sohn auf Reisen und förderte so die Karriere seines Sohnes. 2015 steht Gukesh als Candidate Master in den Titelbüchern und drei Jahre später war Gukesh bereits Internationaler Meister. Im Jahr 2019 folgte der Titel eines Großmeisters und war zu diesem Zeitpunkt der zweitjüngste Spieler, dem dies gelang. Mit seinen überragenden Rechenkünsten hat er sich schnell als Topgroßmeister etabliert und 2024 seinen endgültigen Durchbruch im Spitzenschach geschafft.

Der eigene Weg – zunächst Verzicht auf Computerunterstützung

Auf Anraten seines langjährigen Trainers Vishnu Prassana verzichtete der Jungmeister lange Zeit auf den Einsatz von Computern und Schachengines bei der Vorbereitung und Analyse. Diese heutzutage eher ungewöhnliche Herangehensweise stärkte letztlich seine Rechenfähigkeiten und förderte seine Kreativität bei der Suche nach eigenen Lösungen. Gukesh gilt als der rechenstärkste Großmeister seiner Generation. Zudem hat diese Methode den positiven Nebeneffekt erzielt, dass Gukesh seinen Rechenfähigkeiten scheinbar uneingeschränkt vertraut. Selbstbewusstsein.

Rituale

In der Leichtathletik können die Zuschauer am Fernseher beobachten wie sich die Sportler auf anstehende Wettbewerbe innerlich vorbereiten. Die Sportlerinnen oder Sportler gehen dann häufig einen Hürden-Lauf oder Hochsprung beispielsweise vor dem geistigen Auge durch. Das gilt ebenfalls für Slalom-Skifahrer, die sich auf die Wendungen im anstehenden Rennen vorbereiten. Bei vielen Schachspielern ist das ähnlich, wobei hier natürlich die anstehenden Wendungen in einer Partie nicht vorweg genommen werden können. Viele Schachspieler folgen einem Ritual, um sich auf die Partie einzustimmen.

Bei der Schacholympiade in Budapest 2024 konnte man bei Gukesh jeden Tag den gleichen Ablauf beobachten: Nach der obligatorischen Kontrolle am Eingang, die inzwischen an Flughafenkontrollen erinnern, stürmte Gukesh zu seinem Brett. Er hatte offensichtlich keine Lust auf Smalltalk mit seinen Kolleginnen und Kollegen vor den Partien. Er war fokussiert auf die anstehende Partie. Ein Videofilmer von Chessbase India folgte Gukesh jeden Tag mit einem Abstand von ein bis zwei Metern und hatte Probleme dem Tempo von Gukesh zu folgen. Einmal am Brett begann der Inder sein tägliches Ritual, das man bei ihm vor jeder Partie beobachten kann. In Toronto hatte ich es vor jeder Runde beobachtet. Mit verschränkten Armen sitzt der Youngster am Brett, schließt die Augen, fokussiert sich auf die anstehende Aufgabe, vermutlich ist es eine Form der Meditation, die man vor den Partien bei Gukesh beobachten kann.

Sobald die Partie beginnt gibt es den obligatorischen Handschlag für den Gegner und dann kommen die vorbereiteten Züge auf das Brett. Mit dann offenen Augen spielt er seine Partien und steht eher selten vom Brett auf. Steht Gukesh länger sieht es meist gut für ihn aus. Nach einem längeren Endspiel gegen den Aseri Nijat Abasov beim Kandidatenturnier in Toronto beispielsweise beobachteten einige Zuschauer, dass Gukesh aufstand und sich reckte. In Jugendsprache, er „flexte“. Ein vermutlich unbewusstes Signal an den Gegner, dass die Sache entschieden ist.

Auch zum Partieende folgt ein Ritual. Zunächst unterschreibt er wie alle Spieler es müssen die Partieformulare, die dann von einem Schiedsrichter im Original eingesammelt werden. Der Inder falltet seinen Durchschlag akurat und steckt ihn ein. Danach bringt Gukesh das Brett in Ordnung. Er baut die Figuren auf, was nicht jeder Schachspieler macht und was auch nicht vorgeschrieben ist. Danach folgen eingespielte Handbewegungen und ein Tippen an die Stirn sowie auf den Schachtisch. Ein indischer Geschäftsmann und Sponsor von Gukesh bezeichnet das in Toronto im Gespräch als eine Respektsbekundung für das Spiel. Das scheint eine gute Interpretation zu sein.

Spielstil

Gukeshs Weg zur Spitze war von zahlreichen Erfolgen und einem stetigen Spielstärkeaufwuchs geprägt. Er war einer der aktivsten Spieler auf der Tour und nahm an vielen internationalen Open-Turnieren teil. Das war eine Notwendigkeit, um finanzielle Mittel zu generieren und weil Einladungen für Rundenturniere nicht reinkamen. Das stählt. Der Inder ist in der Regel nicht auf den schnellen Punkt aus, sondern er lernte durch Vermeiden von eigenen Fehlern viele Punkte einzusammeln. Insofern ist sein Spielstil vergleichbar mit dem von Spielern wie Magnus Carlsen oder Anatoly Karpov, um ganz oben ins Regal der Vergleiche zu greifen.

Supportsystem

Ich habe kein besonders ausgeprägtes Privatleben. Ich meine, mein ganzes Leben dreht sich um Schach. Um alles andere kümmern sich meine Eltern und mein Team. Mein einziger Job ist es, Schach zu spielen, das ist also ganz nett.

Gukesh in Singapur vor dem Match.

Gukesh wird gecoacht von dem 1985 geborenen polnischen Großmeister Grzegorz Gajewski. Die beiden arbeiten seit fast zwei Jahren zusammen. Das engere Team Gukesh scheint zu harmonieren. Spieler und Trainer wirken introvertiert, ruhig und bedächtig, aber wenn es um Schach geht, dann erwacht sofort die Leidenschaft und beide werden gesprächig. Der zweite Mann und ständige Reisebegleiter des jungen Inders kennt ihn schon etwas länger. Sein Vater, Rajini Kanth. Rajini ist Chirurg und hat seine Karriere aufgeben, um die Karriere seines einzigen Sohnes zu fördern. Während Gukesh meist viel Ruhe ausstrahlt, kann sein Vater die Nervosität kaum ablegen. Während der Pressekonferenz zum Auftakt folgten Gajewski und Rajini dem Geschehen: aufmerksam und vor allem ruhig, noch.

Zum Team Gukesh gehört genau so seine Mutter, Padma. Sie ist Mikrobiologin und ist vor allem als Organisatorin zuständig. Gukesh und sein Vater waren die letzten Jahre oft längere Zeit unterwegs und die Familie kam nur eine Woche im Monat zusammen. Diese Entbehrungen, die offenbar nötig sind, um es in der Schachwelt ganz nach oben zu schaffen, zählen jetzt nicht mehr. Jetzt ist die Familie am Ziel. Gukesh spielt um die Weltmeisterschaft. Das ultimative Ziel ist nah.

Der bevorstehende WM Kampf in Singapur

Der Schach-Weltmeisterschaftskampf in Singapur wird mit klassischer Bedenkzeit ausgetragen und nicht nur in Indien herbeigesehnt. Für Gukesh ist dies seine erste Gelegenheit erneut echte Schachhistorie zu schreiben. Bei seinem Sieg im Kandidatenturnier in Toronto überzeugte der siebzehnjährige Inder bereits das Fachpublikum und bei der Schacholympiade in Budapest erzielte Gukesh eines der besten Einzelergebnisse der Schachgeschichte. Mit neun Punkten aus zehn Partien gewann Gukesh nicht nur ein individuelle Goldmedaille wie zwei Jahre zuvor am ersten Brett. Diesmal blieb der Youngster ungeschlagen und konnte mit dem Chinesen Wei Yi und dem US-Amerikaner Fabiano Caruana zwei schachliche Schwergewichte besiegen. Gukesh geht als die Nummer Fünf in der Welt ins Rennen um den WM-Titel.

Vorbereitung

In Vorbereitung auf den Kampf in Singapur absolviert Gukesh wie vor dem Kandidatenturnier in Toronto ein intensives Trainingsprogramm mit seinem Team. Er arbeitet mit einigen erfahrenen Spieler zusammen. Das Team ist im Vorfeld der Weltmeisterschaft natürlich nicht bekannt, man will dem gegnerischen Team keine wertvollen Informationen geben. Lediglich war sein Headcoach Grzegorz Gajewski gesetzt. In einem Interview im Vorfeld der Weltmeisterschaft sagte Gukesh: “Was mein Team betrifft, kann ich sagen, dass Gajewski mein Trainer für das Match sein wird, aber darüber hinaus kann ich nicht viel verraten.“ In solchen Trainingscamps wird nicht nur Schach gespielt und Eröffnungsvorbereitung betrieben. Von Gukesh ist bekannt, dass er mit Gajewski gerne und regelmäßig Tennis spielt.

Matchstrategie

Es ist nicht zu erwarten, dass Gukesh seine sehr geduldige Spielstrategie ändert und übermäßig aggressiv zu Werke geht. Das würde auch nicht zu seiner Person passen. Gukesh ist für sein Alter bereits ein sehr reflektierter junger Mann, der in Interviews seine Worte mit Bedacht wählt. Gukesh liest gerne Sportlerbiographien und sucht so bei anderen erfolgreichen Sportlern Inspirationen. Im Vorfeld wurde jetzt bekannt, dass Gukesh mit einem Mental-Coach zusammengearbeitet hat, der vor allem indische Cricketsportler gecoacht hat. In einem Interview mit Sagar Shah für Chessbase India erfährt man mehr über den geborenen Südafrikaner Paddy Upton. Er erläutert seinen Zugang zu einem Spiel, das neu für ihn war. Schach unterscheidet sich laut Upton aus seiner Sicht von den anderen 19 Sportarten in denen er vorher Leistungssportler gecoacht hat. Schach findet nur im Gehirn statt, anders als bei anderen Sportarten bei denen es letztlich um körperliche Fähigkeiten geht. Homepage Paddy Upton

Favoritenrolle für den Herausforderer

Dommaraju Gukesh überzeugte nicht nur beim Kandidatenturnier in Toronto, sondern ebenfalls im September 2024 am ersten Brett des indischen Teams bei der Schacholympiade in Budapest. Seine herausragende Leistung unterstrich seine gute Form im Vorfeld des bevorstehenden WM-Kampfes in Singapur. Gukesh gewann nicht nur individuelles Gold am ersten Brett, sondern die indische Mannschaft gewann souverän das wichtigste Teamevent im Schach. Aber Gukesh hat bereits mehrfach in Interviews erwähnt, dass er sich nicht auf einen Gegner außer Form vorbereitet, sondern einen starken Gegner erwartet.

Es wird ein Massaker.

Arjun Erigaisi, indischer Schachgroßmeister.

Es gibt nur zwei vernünftige Vorhersagen. Es wird knapp oder Gukesh wird mit deutlichem Vorsprung gewinnen. Die meisten haben auf beide Möglichkeiten gesetzt. Ich werde nicht feige sein und sage einen klaren Sieg mit +2 oder +3 für Gukesh voraus, der sich nie wie ein Wettkampf anfühlt. Ich erwarte auch, dass Ding nach dem Spiel zurücktritt, falls er verliert. Es ist traurig zu sehen, wie ein Mann so sehr darum kämpft, dass seine Träume wahr werden.

Jacob Aagaard, dänischer Schachgroßmeister, Trainer und Verleger.

Wie groß ist der Druck, der auf dem Teenager lastet?

Gefragt nach dem Druck vor dem Wettkampf sagte Gukesh: Es ist immer ein Privileg, für Indien auf so hohem Niveau zu spielen, und ich genieße diese Erfahrung. Ich denke, dass ich mit Druck vor allem durch Erfahrung umgehen kann. Ich habe schon in vielen Situationen mit hohem Druck gespielt, wenn auch nicht bei einer Weltmeisterschaft, natürlich. Aber ich freue mich auf die neue Erfahrung.

Quelle: Take Take Take via Youtube.

Pressekonferenz vor dem Match

Gukesh zeigte sich glücklich in Singapur zu sein, zumal er einen WM-Kampf herbeisehne, seit er mit dem Schachspielen begonnen hat. Er habe alle Chancen der Welt, wenn er weiterhin gutes Schach spiele und in jeder Partie die beste Version seiner selbst zeige.

„Ich bin sicherlich etwas nervös, aber ich fühle mich gut dabei. Der einzige Gedanke, den ich habe, ist, mein Bestes zu geben und zu sehen, was passiert. Es ist eine Ehre und ein Privileg für mich, für Indien bei irgendeiner Veranstaltung zu spielen, besonders bei einer Veranstaltung wie der Olympiade oder der Weltmeisterschaft. Es ist ein so großes Ereignis, mein Land zu vertreten und die Hoffnungen der Inder zu tragen: Das ist eine Ehre für mich. Ich nehme das sehr ernst. Ich werde gegen Ding Liren antreten, der seit mehr als einem Jahrzehnt zu den besten Spielern der Welt gehört.

Die offizielle Homepage zum Weltmeisterschaftskampf

Interviewauszüge 10.11.2024 (FIDE)

Im Ecosystem des Schachsports erscheint immer wieder

Foto: Lennart Ootes (Tata Steel India 2024)

von Thorsten Cmiel

Divya Deshmukh ist eine der talentiertesten jungen Schachspielerinnen Indiens. Schon früh zeigte sie außergewöhnliche Fähigkeiten und machte sich in der internationalen Schachszene einen Namen. Mit großem Talent und einem Ehrgeiz, der kaum zu bremsen ist, hat Divya bereits als Kind und Teenager Titel gewonnen.

Kaum eine andere Schachspielerin sammelt internationale Erfolge wie die am 9. Dezember 2005 geborene Inderin Divya Deshmukh. Nach zahlreichen nationalen und internationalen Titeln im Kindesalter ist der Teenager aus Nagpur, einer Stadt im zentralindischen Bundesstaat Maharashtra, im Jahr 2024 zu einem internationalen Superstar im Schach aufgestiegen.

Viele Schachspieler folgen einem Ritual zu Beginn und manche sogar nach dem Ende jeder Partie. Nach ihren Schachpartien unterschreibt Divya Deshmukh in Budapest die Partieformulare und baut die Figuren wieder in der Grundstellung auf. Immer. Lediglich die Könige werden in der Mitte positioniert, um zunächst der Elektronik und damit der Schachwelt das Ergebnis der Partie mitzuteilen. Nicht jeder Schachspieler ist so gut erzogen wie Divya. Das Aufbauen der Figuren bezeugt vor allem Respekt gegenüber dem Spiel. Ähnlich verhält sich ein anderer indischer Superstar, Gukesh, der sogar noch eine Art Bekreuzigungsritual anfügt.

Frühe Erfolge im Mädchenschach

Divya begann mit fünfeinhalb Jahren das Schachspiel. Zunächst wollte sie vor allem ihren Vater im Schach besiegen, also eine recht typische Motivation unter Schachspielern. Früh stellten sich erste Erfolge ein und oft war Divya die Erste, die bestimmte Leistungen erreichte. Beispielsweise war die Inderin die erste Frauen-Fidemeisterin im Alter von sieben Jahren. 2014 gewann Divya im südafrikanischen Durban die U10-Weltmeisterschaft der Mädchen und in 2017 folgte im brasilianische Poços de Caldas der WM-Titel in der Altersklasse U12. Im April 2019 gelang es Divya erstmals eine Ratingzahl von über 2400 Punkten zu erzielen, das repräsentiert einen Spielstärkelevel, der für das Erringen des zweithöchsten Titels im Schach, dem Titel eines Internationalen Meisters, notwendig ist. Dieses hohe Spielniveau konnte Divya zunächst nicht halten und ging mit einer Wertzahl von 2305 Punkten in die pandemiebedingte Zwangspause.

Partieende durch Stromausfall

2020 spielte Divya mit 14 Jahren für Indien am Frauenbrett bei der online ausgetragenen Schacholympiade, die mit gemischten Sechserteams ausgetragen wurde. Angeführt wurde das Team vom fünfmaligen Weltmeister Viswanathan Anand. Divya wurde für beide Finalpartien am Frauenbrett eingesetzt und bestand gegen die damals deutlich höher eingeschätzte Russin Polina Shuvalova. Die erste Partie endete Remis und dann in der zweiten Partie passierte aus indischer Sicht ein Drama. Es gab einen Stromausfall. Fans sahen auf dem Brett von Divya die folgende Situation.


Finale Online-Schacholympiade Divya Deshmukh – Polina Shuvalova nach 25….Kg8

Shuvalova ist komplett überspielt und hat kein Gegenspiel, da sie am Damenflügel unvorsichtig agiert hat. Gegen den heraufziehenden weißen Angriff am Königsflügel gibt es keine ausreichende Verteidigung mehr. Die Inderin wollte hier mit 26.Th2 fortsetzen Aber: Divya verlor offiziell zunächst ihre Partie, da jegliche Übertragungsfehler dem betroffenen Team angerechnet werden. Divya weinte vor laufender Kamera, fand aber wieder die Fassung. Der Leitungsausfall betraf allerdings nicht nur drei Partien der Inder an ihrem Spielort, sondern ein ganzer Kontinent war abgehängt. Der Weltschachbund fand ein nicht unumstrittenes gleichwohl salomonisches Urteil, beide Teams, Russland und Indien, wurden zu Goldmedaillengewinnern ausgerufen.

Bei der Schacholympiade 2022 in Chennai (Indien) gewann die damals 16-jährige Divya mit sieben Punkten aus neun Partien die Bronzemedaille am Reservebrett. Sie nannte diesen Erfolg zunächst „surreal“. Divya spielte für das zweite indische Team. Am ersten Brett von Indien B spielte Vantika Agrawal, die 7,5 aus elf Partien holte, ebenfalls ihre Mannschaftskameradin in Budapest 2024. Das zweite indische Team landete auf dem achten Platz. In der offenen Klasse sorgte ebenfalls Indien B für Aufregung und landete letztlich auf dem dritten Platz, einen Platz vor der ersten indischen Mannschaft.

(Foto: Lennart Ootes for Fide Chess)

2023 – überraschender Turniersieg als Ersatzspielerin

Erfolgreiche Sportler unterschiedlicher Disziplinen berichten immer wieder darüber. Es gibt Momente, die scheinbar einen Schalter umlegen und Sportlern einen Schub in ihren Karrieren verleihen. Vielleicht war der 2. September 2023 solch ein Tag in der Karriere von Divya Deshmukh. In der indischen Nationalbibliothek Bhasha Bhawan in Kalkutta gewann Divya das Tata Steel Frauen Schnellschachturnier vor der Favoritin und Weltmeisterin Ju Wenjun aus China. Dabei war die 17-jährige Inderin für das Turnier gar nicht vorgesehen. Divya sprang kurzfristig ein, da ihre Landsfrau Vaishali aus gesundheitlichen Gründen nicht teilnehmen konnte. Divya war ohnehin gut in Form und hatte im Monat zuvor bei einem Openturnier in Abu Dhabi, also in den Vereinigten Arabischen Emiraten, ihren Titel als Internationaler Meister klar gemacht.

Von Beginn an lief es gut für Divya, die mit der geringsten Elozahl im Feld und damit als krasse Außenseiterin startete. Nach einem Auftaktsieg gegen Harika Dronavalli und einem Unentschieden gegen die Weltmeisterin gab es scheinbar kein Halten mehr und nach fünf Siegen und zwei Remis in den ersten sieben Runden legte die Inderin ordentlich vor. Gegen die unter neutraler Flagge teilnehmende Russin Polina Shuvalova verlor Divya dann in der achten Runde nach einem unnötigen Bauernopfer, das ihre Gegnerin geschickt nutzte. Der Turniersieg schien in Gefahr, zumal Ju Wenjun zur Inderin aufschließen konnte. Divya musste mit Schwarz erstmals gegen die indische Spitzenspielerin Koneru Humpy ran und die Chinesin hatte Weiß gegen die Ukrainerin Anna Ushenina, die scheinbar einfachere Aufgabe. Dann wurde jüngere indische Schachgeschichte geschrieben und Divya erzielte ihren ersten größeren Erfolg bei den Frauen.


Humpy – Divya Tata Steel Rapid Kalkutta – Diagramm nach 39.Le2 von Weiß

Divya erkannte in dieser Stellung, dass sie eine taktische Chance hatte. Nach einem Rechenfehler ihrer Gegnerin streute die junge Inderin einen Zwischenzug ein, gewann die Partie und das Turnier. Ihr erster großer Erfolg im Frauenschach.


Pressekonferenz der Siegerinnen. Tata Steel India Rapid 2023.

Medaillen sammeln als Hobby

Divya sammelte, Stand Oktober 2024, bereits 23 Goldmedaillen bei 40 internationalen Events für Indien ein. Die Zahl der nationalen Titel kennt sie nicht einmal selbst. International ragen ihre drei Weltmeistertitel der Frauentitel in Asien 2023 heraus. Im Mai 2024 gewann Divya das Sharjah Challenger Turnier, ein Mixed-Event. Es fehlten ihr 16 Punkte bei der Performance und ein Gegner mit einem Großmeistertitel zu ihrer ersten GM-Norm. Im Monat danach gewann die Inderin in Gandhinagar, der Hauptstadt im indischen Bundesstaat Gujarat, die Weltmeisterschaft der Juniorinnen mit zehn von elf möglichen Punkten. Sie war haushohe Favoritin, aber diesem Druck, zumal im eigenen Land, muss man erst einmal standhalten. Es gelang der Inderin überzeugend. Im August 2024 übernahm Divya erstmals die Spitzenposition in der Weltrangliste der Juniorinnen. Im September kamen zwei Goldmedaillen bei der Schacholympiade hinzu im Team und am dritten Brett. Die gemischte Teamwertung nach der Schachlegende Nona Gaprindashvili benannt, gewann Indien ebenfalls. Ihre Elozahl schraubte die Inderin von 2420 im Januar 2024 auf 2490 in der Dezemberliste

Divya und ihre Mutter. Fide Chess GP Shymkent Foto: Konstantin Chalabov (Fide Chess)

Trotz harten Schachtrainings seit ihrer Kindheit absolvierte Divya ihre Schulprüfungen und in 2024 kamen ihre Examina in der Oberprimarstufe 12 hinzu. Ihre Eltern sind Doktoren, was in Indien kein seltener Background bei Schacheltern zu sein scheint. Ihre Mutter Namratha gab ihren Job auf als Divya etwa fünf Jahre alt war, um die Schachkarriere ihrer jüngsten Tochter zu fördern, als Chess Mom. Sie begleitete seither meist ihre Tochter. Divya wurde von der Schule ebenfalls unterstützt, indem ihre Ausfallzeiten für die Teilnahme an Schachturnieren und Trainings toleriert wurde. In einer Frühphase ihrer Karriere war Divya jeden Monat für eine Woche in Chennai in der Schachakademie von Ramesh RB und seiner Frau Aarthie Ramaswamy. Mit 14 Jahren sagte Divya in einem Interview mit Sagar Shah, dem Gründer von Chessbase India, dass ihre Karriereplanung wie die von Hou Yifan aussieht: Zunächst will sie Weltmeisterin werden und dann ein Studium starten.

Foto: Lennart Ootes (Tata Steel India 2024) von

Foto: Lennart Ootes (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

Die Entscheidung über die Vergabe der Goldmedaille bei der Schacholympiade in Chennai fiel in einer Partie: im Duell zwischen dem Inder Gukesh und dem Usbeken Nodirbek Abdusattorov. Der 16-jährige Inder stand nach der Eröffnung besser und schließlich auf Gewinn. Doch dann glitt Gukesh die Partie nach und nach aus den Händen und Usbekistan gewann in der Folge die Goldmedaille und das indische B-Team landete auf dem dritten Platz.

Anatomie eines schachlichen Unfalls

Chennai. In der zehnten Runde kam es bei der 44. Schacholympiade 2022 zum Kampf der zwei Überraschungsmannschaften. Die Youngster von Indien 2 spielten endlich gegen Usbekistan. Die Usbeken lagen zu diesem Zeitpunkt mit einem Matchpunkt vorne. Damit war klar, dass dieser Wettkampf eine Vorentscheidung für die Goldmedaille in der offenen Klasse bringen würde. Es lief zunächst hervorragend für die Inder, die mit Schwarz zwei Remis erreichten. Kurz vor der Zeitkontrolle war klar, dass Praggnanandhaa, Pragg, seine Partie gegen Sindarov gewinnen würde. Am ersten Brett spielten die zwei überragenden Spieler am Spitzenbrett gegeneinander. Gukesh für Indien und Nodirbek Abdusattorov für Usbekistan.

Der Verlauf der Partie ist einfach erzählt: Gukesh hatte erneut einen hervorragenden Tag erwischt. Nodirbek stand hinten drin und nach 32 Zügen sah es nach einem klaren Sieg für Indien aus. Gukesh musterhafte Partieführung hatte zu der folgenden Stellung geführt.


Der Bauer auf c5 geht verloren und die einzige Aufgabe von Weiß besteht darin, das Eindringen der gegnerischen Dame zu verhindern. Gukesh kann den Bauern hier schlagen, aber sein Zug mit dem f-Bauern von f2 nach f3 ist ebenfalls bestens geeignet. Der Usbeke weiß nicht wie er überhaupt weiterspielen soll, zieht seine Dame nach d6 und nimmt das Feld g3 ins Visier. Nach diesem Zug kann der Inder mit dem Springer auf c5 nehmen, den Läufer angreifen und mit dem Springer zurück nach d3 ziehen. Es kann nicht mehr lange dauern und Indien jubelt, denkt man.


Statt den Bauern auf c5 zu schlagen spielt Gukesh zunächst seinen König nach f1, vermutlich um mit seinem König von e2 oder e1 das Eindringen auf der eigenen Grundreihe zu verhindern und erst dann auf c5 mit dem Springer, oder mit einem König auf e2 mit der Dame auf c5 zu nehmen. Diese Methode wirkt etwas umständlich, sollte aber ebenfalls funktionieren.


Zeitkontrolle geschafft. Weiß steht klar auf Gewinn. Der Usbeke hatte seinen Läufer kurzzeitig auf f5 eingesetzt und Gukesh den a-Bauern gegen den e-Bauern seines Gegners getauscht. Aber erstmals stört eine gegnerische Drohung, wäre Schwarz hier am Zuge, er würde ein Schach auf g1 geben. Gukesh wehrt mit einem Springerzug nach c5 die Drohung seines Gegners ab und arbeitet weiter an der Verwertung seines Vorteils. Dennoch ahnt man als erfahrener Spieler, dass der weiße König langfristig ein sicheres Versteck benötigt, um gegnerischen Schachgeboten auszuweichen. Nach dem Springerzug nach c5 und Zug der gegnerischen Dame nach a5, antwortet Gukesh hier mit dem Zug seines Königs nach d1. Erstmals bekommt man als Beobachter kleine Zweifel an einem zweiten Sieg heute für Indien. Der König wäre gefühlt auf h2 sicherer, besser dorthin unterwegs und würde nebenbei den eigenen Bauern auf g2 verteidigen. Aber Gukesh ist ein hervorragender Rechner und wird schon wissen was er macht, beruhigen sich erstmals zweifelnde Beobachter.


Einzig die weiße Königsstellung ohne Schutz gibt Schwarz hier noch etwas Hoffnung auf ein Remis. Aber der weiße König steht auf c2 so postiert, dass der gegnerischen Dame auf der d-Linie keine Einbruchsfelder verbleiben. Läuft gut. Der nächste Zug von Gukesh überrascht, verblüfft, erschreckt den Zuschauer. Es ist der erste Zug ohne erkennbaren, nachvollziehbaren Hintergrund in dieser Partie, vermutlich in diesem Turnier. Der Inder zieht seinen König nach b2. Stand dieser König nicht auf c2 besser? Teamkollege Praggnanandhaa am Nebenbrett kennt die entscheidende Hürde in seinem Endspiel mit Turm und h-Bauer gegen Läufer offensichtlich und insofern wäre ein Unentschieden kein großer Verlust. Beruhigungspillen.

Einige Züge später sieht die Situation auf dem Brett so aus.


Die gegnerische Dame ist auf g1 eingedrungen und Weiß kann hier seine Dame erneut nach c2 ziehen und Nodirbek bleibt vermutlich nichts anderes als mit dem Damenzug nach c5 und nach erneutem Seitenstep der Dame nach d2 den Gegner zu fragen, ob er nach Damenzug nach g1 weiterzuspielen gedenkt. Falls er das will, weil er muss, kann Gukesh und damit Indien einen kleinen Erfolg melden. Die angedrohte Stellungswiederholung wäre in jedem Fall eine sichere Testmethode, die nichts kostet. Gukesh versucht es nicht einmal, sondern zieht seinen König nach c2. Das ist typisch für die junge Generation, aber kritikwürdig. Peter Svidler versteht es nicht und die Fans von Indien müssen weiter zittern, denn die Partie geht weiter in objektiv etwa gleicher Stellung. Es kam dann wie es häufig kommt in solchen Situationen Gukesh verlor nach einem groben Fehler.

Das Drama

Gukesh verschmähte das wahrscheinliche Remis und wird vom amtierenden Schnellschachweltmeister aus Usbekistan zunächst gekontert. Die Bewertung schwappt hin und her zwischen Ausgleich und Vorteil für Nodirbek. Bis dann der plötzliche Tod durch ein grobes Versehen eintritt. Gukesh sackt in sich zusammen.

Lennart Ootes (FIDE Chess)

Die Fotos fangen eine für das Schachspiel typische Situation ein, einem Spieler unterläuft ein grober Fehler, und man weiß weder als Betroffener noch als Glückspilz wie man reagieren soll. Gukesh fällt in sich zusammen, lässt seine Bedenkzeit ablaufen und bleibt zunächst konsterniert sitzen. Der Usbeke ist ebenfalls erkennbar geschockt über die Situation, vermutlich fühlt der Usbeke einen kurzen Moment mit seinem Gegner mit. Ein Lächeln kann ihm erst sein Team-Captain Ivan Sokolov aufs Gesicht zaubern.

Solche Situationen kommen vor im Schach, oft. Selten ist der Einsatz allerdings so hoch wie hier. Vergleichbar ist diese Wucht der Emotion für die Beteiligten vermutlich nur mit einem Weltmeisterschaftskampf oder einer finalen Runde in einem Kandidatenturnier oder einer WM-Partie.


Über den Tag hinaus

Gukesh wird einen Tag später sagen, dass seine Entscheidung unverantwortlich war. Tatsächlich ist dies der Kippmoment dieses Turniers, welcher Indien die Goldmedallie gekostet haben könnte, wobei man so nicht argumentieren darf in der Retrospektive, aber es fühlt sich so an. Vishy Anand erklärt die Situation ausführlich in seiner täglichen Kolumne zur Schacholympiade im The Hindu. (Kolumne von Anand) Gukesh habe auf Autopilot geschaltet und bekam den bisherigen Verlauf der Partie bei einer objektiven Bewertung nicht mehr aus dem Kopf. Aufmunternd schreibt er, dass das ihm selbst schon öfters passiert sei. Er, Anand, habe auf das Unentschieden gehofft, denn es komme unweigerlich sonst ein Punkt ohne Umkehr. Später wurde bekannt, dass Anand nachts im Hotel bei Gukesh vorbei schaute und mit ihm ein längeres Gespräch führte. Gukesh trat am nächsten Tag an und remisierte problemlos mit der deutschen Nummer 1 Vincent Keymer. Die zweite indische Mannschaft gewann souverän mit drei zu eins Punkten. Gukesh gewann die Goldmedaille am ersten Brett. Sicher kein Trost.

Bei der Siegerpressekonferenz der Schacholympiade in Budapest 2024 – diesmal gewann Indien Gold – wird Gukesh nach dieser einen Partie, der Entscheidungspartie 2022, gefragt. Die verpasste Chance wurmte den Inder offenbar noch immer. Gukesh formulierte es so:

Ich musste eine Schuld begleichen.

Gukesh in Budapest 2024.


Dieser Text wurde erstmals am 09.08.2022 bei Chessbase veröffentlicht. Leichte Änderungen und Ergänzungen.

Foto: Lennart Ootes (FIDE Chess) Von Thorsten Cmiel Die

Foto: Eteri Kublashvili (FIDE Chess) World Cup, Goa 2025.

Der Kubaner José Raúl Capablanca (1888 – 1942) war der dritte Weltmeister in der Geschichte des Schachspiels. Capablanca gehört zu den anerkannt besten Spieler aller Zeiten. Ihm sei diese neue Serie von Schachaufgaben gewidmet. Wir lösen damit die Lasker-Aufgaben ab.


Beginnen wir die Aufgaben mit einem recht einfachen Bauernendspiel. Kann Weiß hier mehr als Ausgleich herausholen?


Weiß ist dran und sollte hier wie fortsetzen? Ein Großmeister tat sich hier schwer. Die Aufgabe ist trotzdem eher als leicht zu bezeichnen.


Faustino Oro, 12 Jahre alt, ist das vielleicht größte südamerikanische Talent aller Zeiten. Hier ist der junge Argentinier bei der argentinischen Landesmeisterschaft 2025 mit Weiß am Zug und sollte wie fortsetzen? Letztlich ging Faustino nach furiosem Start in das Turnier etwas die Puste aus und er erreichte die gewünschte Großmeisternorm nicht.


Weiß steht offensichtlich gut. Wie sollte er hier fortsetzen? Beginnen Sie mit Kandidatenzügen und dann ist es einfach zu entscheiden. Oder?

In praktischen Partien begegnen den Spielern in jeder Turnierpartie unterschiedliche Aufgaben und nicht immer sind es einfache Taktiken. Insofern finde ich neben thematischen Aufgabenzusammenstellungen einen Mix aus unterschiedlichen Aufgabentypen hilfreich.

Hinweis

Die Partien können heruntergeladen werden, indem man auf den Downloadbutton unter Diagrammen klickt.


Mehr Lasker-Aufgaben

Foto: Eteri Kublashvili (FIDE Chess) World Cup,

Foto: Dariusz Gorzinski. Budapest 2024.

Der indische Superstar Praggnanandhaa, kurz Pragg, spielt aktuell in London ein Open-Turnier, um seinen Platz als Kandidat im nächsten Jahr abzusichern. In der ersten Runde spielte er gegen den 16-jährigen FIDE-Meister Stanley Badacsonyi aus England. Es kam im einsetzenden Endspiel zu größeren Verwicklungen, die der Inder letztlich besser meisterte.

Von Thorsten Cmiel

450 Elo-Punkte Unterschied sind im Turnierschach eine schier unüberbrückbare Hürde. Und normalerweise bekommt ein auf dem Papier derart unterlegener Gegner keine Chance. In der Turnierpraxis und insbesondere in Erstrunden von Open-Turnieren kommt es dann doch immer wieder zu der einen oder anderen Überraschung. Wir schauen uns die spannende Spielphase beim London Chess Classics an. Pragg wäre im gleichzeitig stattfindenden Eliteturnier der Favorit, er benötigt aber noch ein verwertbares Ergebnis aus einem offenen Turnier mit mindestens 50 Teilnehmern, um seine Führung im FIDE Circuit 2025 zu sichern.

Wir sehen eine spannende Endspielphase, die deutlich durch Taktik und Aktivität der Figuren bestimmt wird. Zunächst sind die Damen noch auf dem Brett, aber Pragg musste dem Tausch ohnehin zustimmen. Danach blieb die Sicherheit des schwarzen Königs trotz reduzierten Materials der bestimmende Faktor. Einige Momente seien als Fragen genauer beleuchtet.


Ein Befund lautet sicherlich: Die Königsstellung des Schwarzen sieht gefährdeter aus. Auf der Habenseite ist der schwarze c-Bauer nicht ungefährlich. Aktuell droht Weiß zudem seinen h-Bauern ein Feld nach vorne zu schieben. Was sollte Pragg mit Schwarz hier spielen und wie ist die Stellung überhaupt einzuschätzen?


Mit seinem letzten Zug hatte Pragg den gegnerischen Läufer auf e3 attackiert und den Weg für den c-Bauern frei gemacht. Wie sollte Stanley hier fortsetzen? Er hat hier eigentlich eine Art Fifty-Fifty-Situation.


Eine nette komplexe Kalkulationsaufgabe aus einer Eventualvariante. Schwarz kann hier zwei logische Züge folgen lassen: Entweder zieht Schwarz hier seinen e-Bauern ein Feld vor oder er lässt seinen c-Bauern direkt laufen. Eine gute Übung, um einige Berechnung anzustellen und anschließend die Ausgangsstellung zu beurteilen. In der später folgenden Analyse finden sich einige Varianten zum Abgleich.


Stanley hatte seinen Läufer nicht direkt nach g1 gezogen und stand nun vor der Frage, wie er mit der neuen Situation umgehen soll. Entweder er zieht jetzt mit dem Läufer doch nach g1 oder er nimmt den Bauern auf e5 und greift danach mit dem Springer und Turm an. Was ist richtig?


Schade. Ein spannender Fight, der beiden Spielern unterschiedliche Aufgaben zur Nachbereitung aufgibt: Der Engländer spielte im entscheidenden Moment zu schnell und unterschätzte, nach großem Kampf vorher, vermutlich seine Chancen. Allerdings dürften beide Spieler kurz vor dem Kontrollzug keine genaue Einschätzung der Lage auf dem Brett gehabt haben.

Quelle: allison badacsonyi (@ABadacsonyi) / X chess mum.

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Foto: Dariusz Gorzinski. Budapest 2024. Der indische Superstar

Titelfoto: Michał Walusza (FIDE Chess)

Der 19-jährige Usbeke Javokhir Sindarow gewinnt nach zwei Schnellpartien den World Cup 2025 im indischen Goa und sichert sich ein Preisgeld von 120.000 US-Dollar. Sein chinesischer Gegner Wei Yi bekommt 85.000 Dollar und beide sind erstmals Kandidaten für die Gukesh-WM.

Von Thorsten Cmiel

World Cup 2025, Goa (Indien). Der Wettkampf der beiden Schachgroßmeister war lange Zeit ausgeglichen. Am Ende gewann der jüngere Spieler und daran könnte die letzte finale Frische einen erheblichen Anteil gehabt haben. Für beide Spieler gab es bis zum Finale viele Partien und teilweise schwierige Situationen zu meistern. Tatsächlich waren die beiden klassischen Partien sehr präzise Partien ohne echte Höhepunkte für die Zuschauer. Nur für einen kurzen Moment war der Chinese mit Schwarz dran an einer etwas besseren Stellung, aber er verpasste seine kleine Chance.

Bilanzen beider Finalisten

Die Tabellen geben einen guten Überblick. Die ersten zwei Kämpfe gewann der Usbeke bereits in der klassischen Phase. Danach wurden die Gegner stärker und es wurde knapper. Gegen Frederik Svane gewann Sindarov noch einmal mit klassischer Zeitkontrolle. Bemerkenswert ist, dass der Usbeke keinen Wettkampf im Blitzen spielen musste. Wei Yi hingegen musste gegen den Iraner Parham Maghsoodloo in die erste Blitzrunde (5+3).

Wei Yi verliert erst in der letzten Partie des Turniers. Man muss allerdings anmerken, dass der Inder Arjun Erigaisi bei etwas mehr Einsatz gegen den Chinesen auf Gewinn stand. Auch die zweite Schnellschach-Partie gegen Andrey Esipenko war ein kleines Überlebenswunder. Insofern scheint der Sieg des Usbeken im World Cup eindeutig verdient zu sein.

Resultate beim World Cup in Goa.


Erste klassische Partie endet friedlich

Zu den zwei klassischen Partien gibt es wenig zu sagen. Lediglich in der ersten Partie verpasste der Chinese Wei Yi eine kleinere Chance, die seine einzige in diesem Wettkampf bleiben wird.


Die Stellung ist ein wenig aus den Fugen geraten. Wie sollte der Usbeke mit den weißen Steinen am besten fortsetzen?


Wie sollte Wei Yi hier mit Schwarz fortsetzen? Der Chinese findet an dieser Stelle nicht die richtige Fortsetzung und die Partie verflacht in der Folge zusehends.



Wenig los in der Zweiten

Das beste was man über die Partie sagen kann ist, dass es sich im Abgleich mit der Rechenmaschine um perfektes Schach handelte. Für Zuschauer war die Partie natürlich nicht so spannend. Zu kommentieren gab es nichts, auch wenn sich die Live-Moderatoren Jan Gustafsson und Peter Leko redlich bemühten.


Sindarov gewinnt den Stichkampf

Bereits nach zwei Schnellschachpartien (15+10) war der Wettkampf beendet. Der Usbeke Javokhir Sindarov triumphierte nachdem Wei Yi ein Turmopfer zum Ausgleich ausgelassen hatte. Ein Motiv, das er im Halbfinale gegen Andrei Esipenko in ähnlicher Form noch gesehen hatte.

Die Qualität der Partien war weiterhin sehr hoch. Diesmal bekam der Chinese keine Chance. Sindarov hatte bereits in der ersten Partie für einen Zug lang eine Gewinnchance im Endspiel ausgelassen. Entscheidend war letztlich dann ein grobes Versehen des Chinesen mit 20 Sekunden auf der Uhr. Damit war der World Cup beendet und der 19-jährige Javokhir Sindarov der verdiente Sieger. Er war damit der erste Usbeke seit Rustam Kasimdzhanov, der 2004 im lybischen Tripolis ein ähnliches Format mit 128 Teilnehmern gewann und zum FIDE-Weltmeister gekürt wurde. Nicht zu vergessen bei historischen Betrachtungen ist natürlich der Team-Erfolg der Usbeken, die in Chennai 2022 die Goldmedaille bei der Schacholympiade gewannen. Seither sind die Usbeken des Teams nationale Helden. Zuletzt hatte der Düsseldorfer Unternehmer Wadim Rosenstein angekündigt, in Usbekistan Sindarov-Schachschulen zu eröffnen. Gutes Timing.


Wie sollte der Usbeke Sindarov mit Weiß hier am besten fortsetzen? Wie ist die Stellung danach zu bewerten? Wer will, rechnet ein wenig. Die relevanten Varianten finden sich in der folgenden Analyse.



Der entscheidende Moment ist gekommen. Wie sollte der Chinese hier mit Weiß am besten fortsetzen. Stattdessen folgte der letzte Fehler bei diesem recht langen Turnier.


Sieger-Interview von Theo Waits (Li-Chess)

Li-Chess-Interviews.

Fotos: Michał Walusza (FIDE Chess).


Die Partieanalysen können durch Klicken auf den hier orange markierten Button heruntergeladen werden.


Titelfoto: Michał Walusza (FIDE Chess) Der 19-jährige Usbeke

Titelfoto: Michał Walusza (FIDE Chess)

Mit einem klaren 2-0-Sieg in den klassischen Partien qualifizierte sich der 23-jährige Andrey Esipenko für das Kandidatenturnier auf Zypern. Ihm gelang es sich erneut zu konzentrieren. Nach gutem Essen und ein paar Bier wie er nach der Partie in einem Interview sagte.

Von Thorsten Cmiel

Andrey Esipenko gewinnt die erste Partie

Man ist es nach dem Halbfinale fast nicht mehr gewohnt, aber ein Spieler gewann in einer Begegnung mit klassischer Bedenkzeit. Auf dem Brett war ein Sizilianer. Nach den beiden Partien lobte Andrey Esipenko seinen Freund und Sekundanten Großmeister Dawid Arturowitsch Parawjan, der ebenfalls genau wie beim Grand Swiss vor Ort war.


Wir sind noch in der Eröffnungsphase. Wie sollte Schwarz hier fortsetzen. Überraschenderweise dachte der Usbeke hier längere Zeit nach und wählte einen anderen Zug als zwei seiner Vorgänger.


Wie sollte Weiß hier am besten fortsetzen? Was ist von dem Springerzug nach d6 zu halten? Untermauern sie am besten ihre Meinung mit einigen kurzen Varianten.


Nodirbek Yakubboev war in diesem Moment unter Zeitdruck. Ihm blieben noch zwei Minuten und 45 Sekunden für neun Züge. Sein Gegner verfügte noch über etwas mehr als zwölf Minuten. Was ist von dem Schachgebot mit dem Springer auf d3 zu halten?


Esipenko gewinnt auch die zweite Partie

Wie in der ersten Partie zog der Usbeke einen Läufer nach d5, diesmal schlug er sogar einen Bauern und erneut war das ein schlechter Zug. Danach lief es für den Russen wie auf Schienen. Er benötigte nur noch einige präzise Züge und die fand er diesmal, scheinbar leicht. Alle verbliebenen vier Spieler zeigen bisher eine gewisse Erschöpfung und Esipenko meinte, dass er sich zwei Monate erholen müsse. Danach dürfte die Vorbereitung auf das Kandidatenturnier beginnen.


Eine schachliche Gretchenfrage: Wie hältst du es mit dem Bauern auf d5? Wegnehmen oder einen anderen Zug vorschlagen ist hier die Aufgabe.


Nodirbek hat den Bauern auf d5 geschlagen und jetzt war Esipenko dran. Sein Zug kommt nicht sonderlich überraschend und beruht auf einem typischen Standardmotiv. Es war für den Russen scheinbar nicht sonderlich schwierig zu gewinnen in dieser Partie, was an diesem Tag für einen völlig erschöpften Gegner spricht.


Esipenko steht offenkundig auf Gewinn. Aber man kann natürlich stylisch gewinnen und solch einen Zug suchen wir hier.

Esipenko´s Weg

In fünf von sieben Matches musste der Russe in den Stichkampf. Gleichzeitig gewann er seinen ersten und letzten Wettkampf mit 2 – 0. Jetzt löst er den Aseri Nija Abasov ab, der sich 2023 noch als Vierter für das Kandidatenturnier qualifiziert hatte, da Magnus Carlsen nicht mitspielen wollte. Insgesamt brachte sein Ergebnis ihm einen Zuwachs von 14.6 Elo-Punkten. In keinem seiner Wettkämpfe musste Esipenko in die Blitzphase. Genau wie der spätere Sieger Sindarov.

Fotos: Michał Walusza (FIDE Chess)


Titelfoto: Michał Walusza (FIDE Chess) Mit einem klaren

Titelfoto: Michał Walusza (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

World Cup, Goa (Indien). Ein grober Einsteller von Andrey Esipenko (23) entschied den Wettkampf und damit die direkte Qualifikation für Wei Yi (26). Die Entscheidung im anderen Wettkampf waren einige schlechte Entscheidungen im Doppelturmendspiel zwischen den zwei Usbeken. Javokhir Sindarov (19) gewann gegen seinen Freund Nodirbek Yakubboev (23).

Nach vier Remis mit klassischer Bedenkzeit wurden beide Wettkämpfe bereits mit 15 + 10 im Schnellschach entschieden. Die beiden Sieger buchen damit das Ticket für das Kandidatenturnier auf Zypern im Frühjahr nächsten Jahres. Inzwischen wurde zudem bekannt, dass Praggnanandhaa das Open der London Chess Classics (LCC) mitspielen will. Das dürfte bei normalem Verlauf seine Qualifikation im Kandidatenturnier endgültig sichern.

Die spannendste Phase der klassischen Partien analysierte der ungarische Großmeister Peter Leko in dem folgenden Video von Chessbase India.

Wei Yi – Andrey Esipenko 1.5 – 0.5

Die erste Partie im Stichkampf verlief recht ereignislos. Sie folgte zunächst den Bahnen aus der klassischen Partie. Erst im zehnten Zug (10.h3) kam es zu einem neuen Zug durch den Russen und stellte den Chinesen nicht vor allzu schwierige Aufgaben, schien es. Hinten heraus konnte Wei Yi nach einem Fehler seines Gegners sogar mehr rausholen, verpasste aber seine Chance und gab sich mit einer dreimaligen Stellungswiederholung zufrieden.



Wie sollte Wei Yi hier mit den schwarzen Steinen am besten fortsetzen?


Die zweite Partie entscheidet

In der zweiten Stichkampfpartie sah Andrei Esipenko, der unter neutraler FIDE-Flagge antreten muss, lange Zeit als Sieger aus und verlor nach einem groben Fehler sogar noch seine Partie und muss jetzt mit Nodirbek Yakubboev den dritten Qualifikanten für das Kandidatenturnier ausspielen.


Wie sollte Andrey Esipenko hier mit Schwarz seine Stellung verstärken?


Hier ist Wei Yi mit Weiß am Zuge und sollte sich wie am besten verteidigen?


Einen Halbzug später war Andrei Esipenko mit Schwarz am Zuge und ihm unterlief ein Fehler. Letztlich wurde es einen Zug später sogar noch dramatischer. Wie sollte der Russe hier am besten fortsetzen.


Der entscheidende Moment. Esipenko war damit beschäftigt seinen c-Bauern zu sichern, der durch ein Schachgebot mit dem Springer auf d5 bedroht war, dabei vergaß der Russe seinen ebenfalls attackierten Turm auf g2. Esipenko zog seinen Bauern nach c6, der Chinese nahm den Turm weg und Esipenko gab auf.


Wei Yi im Siegerinterview

Im Gespräch mit Theo Waits von Li-Chess bezeichnet der Chinese seine Stimmung nach der Partie als ekstatisch. Er ist qualifiziert für das Kandidatenturnier und die Eröffnungsvorbereitung sei gut gelaufen. Über einen Sekundanten – Ex-Weltmeister Ding Liren ist ein Freund von ihm – hat er sich noch keine Gedanken gemacht. Ebenfalls bekannt wurde, dass Xiangyu Xu (1999) der aktuelle Sekundant von Wei Yi ist. „Seine Unterstützung ist so wichtig, weil er nicht nur die Spielzüge für mich vorbereitet, sondern mir auch mehr Selbstvertrauen gibt und mit mir reden kann, sodass ich vor den Spielen nicht so nervös bin.“. Das sagte er in einem anderen Interview über seinen gleichaltrigen Sekundanten.

Sindarov – Yakkuboev 1.5 – 0.5

Der Stichkampf der zwei Usbeken wurde bereits in der ersten Partie entschieden. In der zweiten Partie hatte nur Javokhir Sindarov noch mehrere Gewinnchancen. 2022 gewannen die beiden Großmeister gemeinsam bei der Schacholympiade die Team-Goldmedaille und teilen sich mit Roman Vidoniak einen Trainer.


In dieser Stellung der ersten Stichkampf-Partie war jetzt Nodirbek gefragt, einen Weg zum Ausgleich zu finden. Er fand keine ausreichende Idee und geriet hier bereits auf eine schiefe Bahn. Was ist ihr Vorschlag?


Hier ist ein überzeugender Weg für den Schwarzspieler gefragt. Was sollte er hier als nächstes unternehmen?


Javokhir hat ein Zwischenschach auf f6 gegeben. Wie sollte Weiß auf diesen Zug am besten reagieren?


2. Partie – nur Sindarov mit Chancen

Die Partie sah nur Vorteile für den ohnehin führenden Javokhir Sindarov. Ich gebe daher nur die Partie an im Schnelldurchlauf und die Notation.



Foto: Michał Walusza (FIDE Chess).


Titelfoto: Michał Walusza (FIDE Chess) Von Thorsten Cmiel World

Historisches Foto: José Raúl Capablanca. Illustration: NanaBanana.ai.

Der Kubaner José Raúl Capablanca (1888 – 1942) war der dritte Weltmeister in der Geschichte des Schachspiels. Capablanca gehört zu den anerkannt besten Spieler aller Zeiten. Ihm sei diese neue Serie von Schachaufgaben gewidmet. Wir lösen damit die Lasker-Aufgaben ab.


Die erste Stellung stammt von der Frauen-Team-Weltmeisterschaft 2025 in Linares. Sie hatte erheblichen Einfluss, da Kazachstan bei einem Sieg im Finale gewesen wäre. Die Frage lautet: Kann Weiß am Zuge gewinnen und falls ja, wie?


Auch die zweite Partie stammt aus dem Halbfinale der Frauen-Team-WM. Die mit einem B-Team angetretenen Chinesinnen spielen gegen die Russinnen, die von der FIDE zugelassen wurden, unter neutraler Flagge zu spielen. Ein Skandal wenn man mich fragen würde. Verdrängen wir für diesen Moment die Schachpolitik. Wie sollte Weiß hier möglichst kräftig fortsetzen?


Diese Stellung stammt aus einer Partie von Alexei Shirov, die er 1993 gegen Eric Lobron im Jahr 1993 spielte. Weiß hatte hier sogar zwei Möglichkeiten, um ein bestimmtes Merkmal dieser Stellung auszunutzen. Shirov entscheidet sich für den komplizierteren Weg. Gesehen habe ich dieses Beispiel bei Großmeister Renier Castelano auf Twitter.


Wer den Gewinnweg in der dritten Aufgabe gefunden hat, der hat hier einen Vorteil. Oder? Alexei Shirov jedenfalls schien sich zehn Jahre später nicht erinnert zu haben. Das zweite Beispiel stammt aus einer Trainingssession mit Elisabeth Pähtz für Prochess-Training und es war ein Zufall, dass beide Beispiele von Alexei Shirov stammen.

In praktischen Partien begegnen den Spielern in jeder Turnierpartie unterschiedliche Aufgaben und nicht immer sind es einfache Taktiken. Insofern finde ich neben thematischen Aufgabenzusammenstellungen einen Mix aus unterschiedlichen Aufgabentypen hilfreich.

Hinweis

Die Partien können heruntergeladen werden, indem man auf den Downloadbutton unter Diagrammen klickt.


Mehr Lasker-Aufgaben

Historisches Foto: José Raúl Capablanca. Illustration: NanaBanana.ai. Der

Michał Walusza (FIDE Chess)

Schade. Deutschland bringt leider keinen zweiten deutschen Großmeister durch ins Kandidatenturnier 2026 auf Zypern. Alexander Donchenko gelang es, nach seinem dramatischen und kräftezehrenden Stichkampf am Tag zuvor, nicht mehr einen echten Fight mit echten Chancen hinzubekommen.

Von Thorsten Cmiel

Nodirbek Yakubboev gewinnt erste Partie

Die erste Partie von Alexander Donchenko im Viertelfinalkampf mit dem Usbeken Nodirbek Yakubboev sah zunächst eine ungenaue Zugfolge vom deutschen Großmeister. Sein Gegner hingegen zeigte sich insgesamt besser vorbereitet und spielte an diesem Tag hervorragendes Schach. Trainiert wird Nodirbek vom deutsch-ukrainischen Trainer und Internationalen Meister Roman Vidonyak aus München, dem der Usbeke später in einem Interview dankte.


Eine spannende Stellung: Wie sollte Schwarz hier fortsetzen? Es gibt zwei prinzipielle Ideen. Man tauscht auf d5 und nach dem logischen Zurückschlagen mit dem c-Bauern bekommt man eine Benoni-Struktur auf das Brett. Oder man verzichtet auf den Tausch bzw. schiebt diesen auf.


Bereits der entscheidende Moment in dieser Partie. Schwarz muss seinen 11. Zug spielen und greift daneben. Nehmen wir an, dass wir verständlicherweise mit Schwarz nur zwei Züge erwägen: Das Schachgebot mit der Dame auf h4 und den Springerrückzug nach g7. Was ist richtig?


Auch in Gewinnstellungen sollte man weiter genau spielen. Wie verstärkte hier der Usbeke seine Stellung weiter?


Keine Chance mit Weiß

In der zweiten Partie hatte Alexander Donchenko Weiß, konnte aber keinen größeren Druck ausüben. Erneut zeigte sich der Usbeke gut vorbereitet und die einzigen Probleme schuf Nodirbek selbst als er zunächst einen größeren Vorteil verspielte und unnötig in Zeitnot geriet. Letztlich endete die Partie mit einem nie gefährdeten Remis und so war Alexander als erster Spieler im Viertelfinale raus. Schade, aber nicht unverdient.

Bis hierhin folgten die beiden Akteure einer Partie von Alexander vom German Masters in Magdeburg 2020. Hier befragte er den Läufer mit dem a-Bauern und erreichte wenig. Stattdessen spielte er diesmal seinen Turm nach c1, erreichte aber auch diesmal wenig. Vermutlich muss Weiß vorher bereits anders agieren.


Nodirbek Yakubboev war der einzige Spieler in der zweiten Partie, der mehr als einem halben Punkt näher kam. Genau in diesem Moment sollte der Usbeke mit Schwarz was spielen?


Fotos: Michał Walusza (FIDE Chess).


Michał Walusza (FIDE Chess) Schade. Deutschland bringt leider

Foto: Michał Walusza (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

Beide deutsche Spieler scheiterten überraschend an Endspielen in der fünften Runde. Immerhin, Alexander Donchenko kann noch durch einen Stichkampf ins Viertelfinale einziehen. Frederik ist leider raus, nachdem er schon in der ersten Partie nach großem Kampf hinter sich greifen musste.

Frederik nach großem Kampf raus

Frederik Svane spielte zwei hochinteressante Partien. In der ersten Partie gelang es ihm zunächst nicht, seinem Angriff überzeugend vorzutragen und so landete er nach mehreren Damenzügen in einer fast hoffnungslosen Lage. Aber sein 19-jähriger usbekischer Gegner Javokhir Sindarov konnte seinen Vorteil nicht halten und nach der Zeitkontrolle sah es nach einem baldigen Remis aus. Als ich nach einem längeren Spaziergang an der spanischen Mittelmeerküste dann wieder in einem Café auf die Stellung schaute, konnte ich es fast nicht glauben. Frederik hatte die Stellung leider falsch angepackt und verloren. Schaut man genauer hin, dann war es nach einer ungenauen Verteidigung nicht mehr so einfach und später wurde es komplett unübersichtlich und Frederik verlor irgendwann den Faden. Im Rückspiel gelang es Frederik gegen einen hervorragend vorbereiteten Gegner zwar einen Bauern zu erobern, aber es sprang kein ausreichender Vorteil dabei heraus. Frederik war raus.


Wie sollte Sindarov hier seinen Stellungsvorteil am besten weiter ausbauen? Der Maschinenraum gibt ein klares Votum ab, der Usbeke sah die Idee, war aber nicht überzeugt, wie er im Interview einen Tag später sagte.


Es kommt hier für Schwarz darauf an, einen möglichst überzeugenden Verteidigungsplan zu entwickeln


Das entstandene Endspiel war extrem schwierig zu spielen. An dieser Stelle im 53. Zug konnte sich Frederik vermutlich letztmals verteidigen. Was sollte er hier spielen.



Don lässt Chancen liegen

Während die erste Partie kaum Höhepunkte im Wettkampf von Alexander Dochenko mit dem vietnamesischen Großmeister Le Quang Liem (34) bot, kam es in der zweiten Partie gleich mehrfach zu Bewertungswechseln. Dabei zeigten beide Spieler Lücken bei ihrem Wissen über Turmendspiele, oder sie waren einfach erschöpft. Für Beobachter einige spannende Momente, um darüber nachzudenken, wie man eine gewonnene Partie am besten gewinnt.


Alexander Donchenko versuchte einiges in dieser als Remiswaffe für beide Seiten bekannten Variante. Wie sollte der Vietnamese hier mit Weiß am besten reagieren? Die Antworten zu diesem und den nächsten Diagrammen finden sich in der ausführlichen Partiekommentaren.


Hier war jetzt Schwarz am Zuge. Alexander sollte hier wie und warum fortsetzen? Diese Entscheidung war nicht einfach und der Don fand im 37. Zug mit 52 Sekunden nicht die richtige Zugfolge.


Hier war Le Quang Liem mit Weiß am Zuge. Er muss den e-Bauern decken, aber was ist besser? Von e2 oder d2 aus. Beides hat seine Vorteile (König verteidigt entweder den eigenen b-Bauern oder ist näher am potentiellen freien gegnerischen h-Bauern), aber einer zählt mehr. Welcher?


Hier war wieder Alexander Donchenko am Zuge und musste sich entscheiden, wohin sein eigener König ziehen soll. Nach d6 oder nach b6. Beides hat Vorteile und beide Züge verderben nichts, aber was ist die praktisch bessere Entscheidung?


Weiß droht einfach seinen b-Bauern auf den Weg zu schicken. Wie kann Schwarz den Bauern aufhalten? Zunächst agierte Alexander etwas unentschlossen und beide Spieler wiederholten die Züge, dann exekutierte Alexander die richtige Idee. Gutes Kalkulationstraining ist diese Stellung in jedem Fall. Eine kleine Nebenfrage dazu: Wie ginge es nach dem Königszug nach d5 weiter?


Entwickeln sie einen Gewinnplan für den Nachziehenden. Das ist kein Hexenwerk und ich war eigentlich sicher, dass zumindest Alexander jetzt sicher in die sechste Runde einziehen würde. Pustekuchen, leider.


Ich war nervös, denn Alexander zeigte erneut Unsicherheiten und wiederholte die Züge. Was allgemein als clevere Profistrategie gilt, ist es oft nicht und hier war der Grund mehr Unsicherheit. Schwarz kann hier seinen König nach e2 oder nach g2 ziehen. Was ist richtig?


Es bleibt zu hoffen, dass Alexander nicht zu sehr mit sich ins Gericht geht, denn ohne Schlaf beispielsweise sinken seine Chancen sicherlich. Letztlich haben beide Spieler in diesem Turmendspiel – überraschend für Großmeister – einige sehr schlechte Züge gespielt.

Was sonst noch los war

Vor allem der Schlusspunkt in der Partie von Levon Aronian (43) gegen den indischen Superstar Arjun Erigaisi war ein Highlight der klassischen Partien. Neben dem Inder schafften noch der Usbeke Nodirbek Yakuboev und der Chinese Wei Yi den Einzug in die sechste Runde, die das Viertelfinale ist. Die anderen Spieler müssen einen Tag später nachsitzen.


Ein schicker Schluss aus der Partie von Levon Aronian und Arjun Erigaisi, ebenfalls aus der zweiten Partie in Runde fünf brachte die Inder zum Jubeln. Warum war der letzte Zug von Weiß, der seinen Turm von d1 nach e1 zog, keine gute Idee?

Fotos: Eteri Kublashvili, Michał  Walusza (FIDE Chess). Der FIDE und ihren Fotografen sei auf diesem Wege ein Dank für tolle Fotos ausgesprochen. Die Berichterstattung über Schach gewinnt meines Erachtens durch tolle Fotos und eine große Vielfalt und deren Auswahl. Leider ist das Fotoangebot bei vielen Turnieren anderer Organisationen und Veranstalter meist noch nicht auf diesem qualitativen Niveau.

Michał Walusza bei Instagram.



Service-Hinweis

Die Analysen der Partien können in der folgenden Ansicht als PGN heruntergeladen werden, indem man den hier rot markierten Button anklickt.


Foto: Michał Walusza (FIDE Chess) Von Thorsten Cmiel Beide deutsche

Foto: Michal Walusza (FIDE Chess)

Von Thorsten Cmiel

Vincent Keymer ist leider in der zweiten Schnellschachrunde gegen Andrey Esipenko beim World Cup in Goa, Indien, ausgeschieden. Frederik Svane und Alexander Donchenko bleiben aber im Rennen. Ein neuer Fokus muss her. Einer könnte noch ins Kandidatenturnier rutschen.

Je länger das Turnier dauert umso wahrscheinlicher werden Stichkämpfe beim World Cup. Es ist also spätestens jetzt ein guter Augenblick, die Modalitäten dafür genauer anzuschauen.


Stichkampfregeln

Bei Gleichstand nach zwei Partien mit klassischer Bedenkzeit werden die Farben ausgelost und zunächst zwei Partien mit 15+10 gespielt, also mit 15 Minuten und zehn Sekunden Inkrement pro Zug.

Bei weiterhin Gleichstand werden die Farben erneut ausgelost und es folgen zwei weitere Schnellschach-Partien mit 10+10.

Bleibt es beim Gleichstand, dann werden die Farben erneut ausgelost und zwei Blitz-Partien mit 5+3 gespielt.

Bei erneutem Gleichstand folgt eine weitere Farbauslosung bei einer Bedenkzeit von 3+2.

Bleibt es beim unentschiedenem Spielstand, dann folgt der so genannte Sudden-Death. Weiß muss diese Partie gewinnen und erhält für die anstehende Blitzpartie vier Minuten. Beide Spieler bieten für die Schwarz-Zeit und derjenige Spieler mit dem niedrigsten Gebot erhält die schwarzen Steine und muss mit seiner gebotenen Zeit antreten. Beide Spieler erhalten vom ersten Zug an zwei Sekunden pro Zug (Inkrement). Bieten beide Spieler die gleiche Zeit für die schwarze Seite, dann werden die Farben durch Los entschieden.


Frederik Svane gewann nach zwei beidseitig perfekten klassischen Partien direkt in der ersten Schnellschachpartie und nutzte dabei mehrere Ungenauigkeiten seines Gegners, nachdem er sich nach dreißig Zügen eine überlegene Stellung systematisch erarbeitet hatte. Eine sehr starke Leistung. Frederik spielte laut Engine-Analyse in seinen insgesamt vier Partien keinen einzigen kritikwürdigen Zug. Die zweite Schnellschachpartie endete zwar nur Remis, aber Frederik stand zum Schluss auf Gewinn.


Wir sehen in diesem Wettkampf vor allem feine Klinge: Weiß hat offensichtlich etwas mehr Raum und zuletzt seinen Springer nach a4 gezogen. Was sollte der Armenier hier unternehmen, um vollends im Spiel zu bleiben. Die Antwort findet sich in der folgenden Partieanalyse.


Schwarz steht hier vor seinem dreißigsten Zug. Frederik ist es gelungen mit dem Vormarsch seines h-Bauern den gegnerischen Königsflügel unter Druck zu setzen und er steht erkennbar vorteilhaft. Wie sollte Shant Sargsyan hier fortsetzen?



Ich war sicher, dass Frederik die nächste Runde erreichen würde als er diese Stellung auf dem Brett hatte. Die hängenden schwarzen Bauern sind in dieser Figurenaufstellung mehr ein Vorteil als eine Belastung. Es gibt keinen erkennbaren Weg die schwarzen Zentralbauern erfolgreich zu attackieren.


Frederik benötigte nur ein Unentschieden in seiner zweiten Schnellschachpartie und lässt in dieser Stellung seinen Gegner Dauerschach geben. Hier konnte Frederik ohne Probleme mit seinem König nach f6 ziehen und die Partie zu seinen Gunsten entscheiden. Das war allerdings unnötig.


Vincent ist raus

Vincent Keymer (Jahrgang 2004) hatte in der vierten Runde mit dem Russen Andrey Esipenko (2002) einen unangenehmen Gegner, gegen den der Deutsche bisher in klassischen Partien noch nie gewinnen konnte, aber dreimal verloren hatte. Das änderte sich leider in Goa nicht. Esipenko war zu Beginn des Krieges gegen die Ukraine lange Zeit unentschlossen, ob er gerüchteweise aus Spanien nach Russland zurück kehren sollte. Er wollte vor allem nicht eingezogen werden, hieß es damals. Jedenfalls hatte Andrey damals eine Elozahl von 2723 und es ging danach erstmal bergab. Das dürfte auch an weniger Spielmöglichkeiten gelegen haben. Inzwischen ist Esipenko verheiratet und lebt wieder in Russland. So hat er einen Vertrag mit dem russischen Verband unterschrieben, der ihm finanzielle Unterstützung sichert. Schachlich betrachtet ist Esipenko ein Schwergewicht. 2021 war er erst in der fünften Runde gegen Magnus Carlsen im Blitzen ausgeschieden. Solche Erfahrungen helfen natürlich.

Klassische Partien – gleichwertig

In beiden Begegnungen konnte keiner der Spieler etwas Verwertbares erreichen in der zweiten Partie hatte Vincent zwar einen Bauern mehr, aber Andrey konnte dafür auf den deutlich aktiveren König pochen. Auch diese Partie war nie in einer Schieflage gewesen.


Dieser Moment war das größte Ungleichgewicht in der ersten Runde der Schnellschachpartien (15+10). Vincent hatte sich mit Weiß einen großen Vorteil erarbeitet, nachdem sein Gegner einige ungenaue Entscheidungen getroffen hatte. Leider verpasst der Deutsche hier seine Chance. Tatsächlich verbrauchte Vincent hier für eine nicht optimale Entscheidung drei seiner verbliebenen viereinhalb Minuten. Was sollte er mit Weiß hier ziehen?



In diesem Moment musste Vincent auf das Schachgebot reagieren. Leider griff Vincent hier daneben und zog seinen König nach e6. Esipenko antwortete mit seinem König, der nach e3 zog und Schwarz musste danach quasi im Zugzwang seinen f-Bauern in Bewegung setzen und verlor einen Bauern.


Eine unerwartete Chance: Wie sollte Vincent hier mit Schwarz in der dritten Schnellschachpartie fortsetzen? Leider fand der Deutsche nicht die richtige Verteidigung.



Der entscheidende Moment in der vierten Schnellschachpartie. Wie könnte sich das Spiel am besten entwickeln?


Andrey Esipenko im Gespräch mit Theophilus, Theo, Wait from Li-Chess. Esipenko äußert sich auch zum Format des World Cup.

Matthias und Vincent sind in der vierten Runde ausgeschieden und erhalten jeweils ein Preisgeld von 17.000 US-Dollar. Für Frederik und Alexander Donchenko sind schon 25.000 Dollar sicher. Eine Runde weiter bringt dann laut Regularien schon 35.000 Dollar. Der unglückliste Platz ist danach der Vierte Platz, der 50.000 Dollar bringt, aber nicht zum Kandidatenturnier berechtigt.

Foto: Michal Walusza, Eteri Kublashvili (FIDE Chess).

Offizielle Homepage des World Cup in Goa.


Foto: Michal Walusza (FIDE Chess) Von Thorsten Cmiel Vincent

Foto: Michal Walusza (FIDE Chess)

Goa Indien. Nur in der deutschen Paarung zwischen Alexander Donchenko (geboren 1998) und Matthias Blübaum (1997) gab es für die deutschen Spieler eine Entscheidung im klassischen Teil. Der Don gewann die zweite Partie. Frederik und Vincent müssen nach zwei beidseits fehlerlosen Partien nachsitzen.

Von Thorsten Cmiel

Eine feine Leistung

Matthias Blübaum erwischte in der vierten Runde beim World Cup einen sehr schlechten Tag und der Don fand eine hervorragende Idee in der folgenden Stellung. Letztlich gab er seinem Gegner keine Chance sich von einer misslungenen strategischen Idee zu befreien.


Schwarz hatte zuletzt seinen f-Bauern zwei Felder vorgerückt und will Druck auf den d4-Bauern ausüben. Wie sollte Alexander Donchenko darauf reagieren?


Matthias Blübaum bei Wikipedia.

Alexander Donchenko bei Wikipedia.

Fotos: Michal Walusza (FIDE CHESS).


Foto: Michal Walusza (FIDE Chess) Goa Indien. Nur