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(Foto: Dariusz Gorzinski)

von Thorsten Cmiel

Ding Liren wollte den Erfolg mehr als sein Gegner und spielte mit einem überraschenden Zug einfach weiter, während dieser die Partie bereits abgehakt haben dürfte. Der Fight war allerdings noch nicht entschieden und Ian Nepomniachtchi hatte eindeutig die schwierigeren Aufgaben zu meistern. Der Rest ist Geschichte.

Dings großer Moment

Am 30. April 2023 gewann Ding Liren im kasachischen Astana die Schachweltmeisterschaft gegen den Russen Ian Nepomniachtchi. Das Weltmeisterschaftsmatch in Astana, Kasachstan, war hart umkämpft. Nach 14 klassischen Partien stand es unentschieden (7:7), was zu dem Schnellschach-Tiebreak und der betrachteten entscheidenden Stellung führte. Im 46. Zug der entscheidenden Partie hatte sich der Russe auf eine Fortsetzung des Wettkampfes eingestellt, dann spielte Ding Liren seinen Turm nach g6, Ian Nepomniachtchi war erkennbar aus dem Gleichgewicht gebracht und konnte seine Chancen nicht nutzen. Der Russe verlor. Ding blieb längere Zeit am Brett sitzen. Er wirkte erschöpft.

Stefan Löffler beschrieb den Moment für die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung so: „Als Ding Liren die entscheidende letzte Stichpartie gewann, lächelte er nicht und ballte keine Faust. Er schaute nicht mal auf, während die Zuschauer klatschten und der geschlagene Jan Nepomnjaschtschi sich davonmachte. Der neue Schachweltmeister nahm seinen Kopf in die Hände und blieb sitzen. Er wartete, dass sich die Spannung löst und Freude über seinen Titelgewinn einstellt. Doch die Spannung blieb, und die Freude kam nicht. Schon kurz nach Beginn des Matches hatte Ding alle verblüfft, als er gestand, wie sehr ihn die Anstrengung mitnahm und dass sich während der Vorbereitung seine Freundin von ihm getrennt hatte.“

Seit diesem ultimativen Erfolg spielte der Chinese zunächst kaum und später weit unter seinem früheren Spielstärkeniveau. Die Schachwelt rätselte über die Ursachen. Ding berichtete von Schlafstörungen, nahm Medikamente ein und entwickelte eine Depression. Der Chinese geht sehr offen mit seiner Situation um.

In Singapur wird der Weltmeister als Außenseiter gesehen. Fast jeder seiner Großmeisterkollegen wurde in den Wochen vor dem Wettkampf nach den Chancen des Weltmeisters gefragt. Keiner will auf den Chinesen setzen, was für diesen ein Vorteil sein kann. Der Druck liegt auf dem Gegner, was ungewöhnlich für einen Weltmeisterschaftskampf ist.

Ding kann wieder lächeln. Foto bei der Schacholympiade 2024 in Budapest: Dariusz Gorzinski

Frühe Erfolge

Ding wurde am 24. Oktober 1992 in der südöstlichen chinesischen Provinz Zhejiang geboren und lernte im Alter von vier Jahren von seiner Mutter das Schachspiel. Chen Lixing, der zuvor die ehemalige Schachweltmeisterin Zhu Chen trainiert hatte, nahm sich Ding an. Dieser belegte bei den Jugendweltmeisterschaften der unter 10-Jährigen und der unter 12-Jährigen (2003, 2004) jeweils den ersten Platz, obwohl er bei beiden Veranstaltungen vor dem Stechen den zweiten Platz belegte. Dem Chinesen scheinen also Stichkämpfe immer schon gelegen zu haben.

Im Jahr 2009 wurde Ding mit nur 16 Jahren der jüngste chinesische Meister aller Zeiten. Es folgte schnell der Großmeistertitel. 2011 und 2012 kamen zwei weitere chinesische Meistertitel hinzu. Auf der internationalen Bühne setzte sich der Chinese ebenfalls schnell durch: 2014 gewann China bei der Schacholympiade in Tromsø (Norwegen) die Goldmedaille mit Ding Liren am zweiten Brett und 2015 wurde das chinesische Team Mannschaftsweltmeister im armenischen Zaghkadsor. Im selben Jahr schaffte Ding als erst zweiter chinesischer Spieler den Sprung in die Top Ten der Welt.

St. Louis Foto 2019: John Brezina

Drei Jahre später erreichte Ding Liren im Alter von 26 Jahren seine bislang höchste gemessene Elozahl mit 2816 Punkten. Ding Liren war im Dezember 2018 Nummer 4 der Welt hinter Magnus Carlsen, Fabiano Caruana und Shakhriyar Mamedyarov. Zum WM-Kampf in Singapur ist der Chinese mit 2728 Punkten lediglich auf dem 23. Platz der Weltrangliste zu finden.

100 Turnierpartien ohne Niederlage

2017 und 2019 stand Ding im Finale des Schach-Weltcups, reifte weiter zu einem Weltklassespieler heran und blieb beim Kandidatenturnier in Berlin 2018 ohne Niederlage, gewann allerdings nur eine Partie. 2018 gewann Ding bei Schacholympiade im georgischen Batumi Einzel- und Mannschaftsgold. Von August 2017 bis November 2018 blieb Ding in 100 aufeinanderfolgenden klassischen Partien ungeschlagen. Diesen Rekord brach später Magnus Carlsen höchstpersönlich. In 2019 gewann Ding den Sinquefield Cup, eines der jährlich weltweit besten Turniere mit einer Performance von 2845 und sicherte sich die Grand Chess Tour, da er im Dezember des gleichen Jahres das London Chess Classic ebenfalls gewann. In der Folge gehörte Ding zu den Favoriten beim Kandidatenturnier 2020 in Jekaterinburg, Russland. Er startete schlecht und holte in sieben Runden nur 2,5 Punkte. Das Turnier wurde zur Halbzeit wegen der COVID-19-Pandemie unterbrochen. Bei der Wiederaufnahme gewann der Chinese drei Partien und verlor nur noch eine der sieben Partien.

Ding gewann nie ein Kandidatenturnier

2022 bei seinem dritten Kandidatenturnier in Madrid startete der Chinese erneut schwach und belegte dennoch am Ende hinter Ian Nepomniachtchi den zweiten Platz. Bei Kandidatenturnieren zählt nur der erste Platz und sichert einen Kampf um die Weltmeisterschaft, eigentlich. Magnus Carlsen entschied sich jedoch seinen Titel nicht erneut gegen den Russen zu verteidigen. Deshalb fand sich Ding Liren in einem WM-Match gegen Nepomniachtchi wieder. Dings Erfolg im Jahr 2023 wurde in der Folge überschattet von seinen psychischen Problemen, die immer offensichtlicher wurden. Der Chinese nahm sich eine längere Auszeit vom Schach, um seine psychische Gesundheit wiederherzustellen. In Interviews ist Ding immer überraschend offen und sprach von persönlichen Schwierigkeiten und Depressionen.

In einem Interview vor dem Weltmeisterschaftskampf dachte Ding über seinen Gemütszustand nach: „Mein derzeitiger Zustand ist weder außergewöhnlich gut noch schlecht, wie ich es in den letzten anderthalb Jahren empfunden habe. Ich habe die schlimmsten Momente hinter mir gelassen. Ich weiß, dass ich großartiges Schach gespielt habe – ich konnte nur bestimmte Stellungen nicht gewinnen. Ich glaube immer noch, dass ich das ändern kann, vielleicht während des Matches.“

Video eingebunden von Youtube: Produzent Take Take Take https://taketaketake.com

Pressekonferenz vor dem Match

Bei meinem ersten WM-Match war ich sehr nervös, aber dieses Mal fühle ich mich ruhig und mit viel Energie. Ich bin das erste Mal in Singapur, und es gibt viel zu sehen. Es ist ein warmes Land, und ich habe heute Morgen viele Geschenke und einen herzlichen Empfang von vielen Kindern bekommen. (Bei einem Event hatten ihm Kinder aus Singapur einen herzlichen Empfang bereitet).


Über Gukesh sagte Ding, es komme nicht oft vor, dass er gegen einen Spieler spiele, der jünger sei als er. Ding betonte, dass er mehr Erfahrung habe als Gukesh. Zudem hört man den Respekt aus den Worten des Weltmeisters- Gukesh aber in vielerlei Hinsicht bereits seine Reife bewiesen. Er hoffe, dass beide ihr Bestes geben können. Gukesh sei nicht leicht zu schlagen.


Gestern habe ich mir meine Partien der letzten Zeit angesehen, und die Qualität war nicht so gut. Ich habe viele kurze Remis gemacht, sogar in besseren Stellungen. Es ist klar, dass ich weit von meiner Höchstleistung entfernt war. Aber ich habe vor, mir einige meiner besten Partien anzusehen, um mein Selbstvertrauen und meinen Kampfgeist wiederzuerlangen und bessere Leistungen zu erbringen.

Ding Liren zu seiner aktuellen Form.

Ding Liren wollte den Erfolg mehr als

Von Thorsten Cmiel

Um Lernerfolge zu erzielen, sollten Schachaufgaben nicht zu einfach ausfallen. Daher ist das Lösen von Aufgaben im Speedmodus eine Art schachlicher Fingerübung, mehr nicht. Der erzielbare Effekt ist jedoch äußerst zweifelhaft. Gute Aufgaben sind schwierig, manche sogar zu schwierig, stellen aber in jedem Fall eine Herausforderung dar und Aktivieren im besten Fall die Gehirnzellen des Lösenden.

Unter dem Aufgabentyp „Simply the Best“ gilt es in der Regel einen Zug zu finden, den ersten und besten Zug. Dafür sind Überlegungen notwendig, die je nach Schwierigkeitsgrad bis hin knapp zur Unlösbarkeit sein können. Oft ist der erste Zug, der einem erfahrenen Spieler am Brett einfällt, letztlich der richtige Zug. Der Spieler folgt seiner Intuition. Ein wichtiges praktisches Problem bei der Konstruktion von Aufgaben ist, dass man mit der Aufgabenstellung die Information vermittelt, dass in dieser Stellung etwas funktioniert. In der Praxis ist das nicht so.

Simply The Best

Beginnen wir unsere Betrachtungen mit einer komplexen Mittelspielstellung, die aus einer Eventualvariante zu einer Bundesligapartie von Ivan Sokolov gegen Mikhail Golubev aus dem Jahr 2003 stammt. Falls meine Aufzeichnungen stimmen, stammt dieses Beispiel aus einer Analyse von Laszlo Hazai, einem ungarischen Internationalen Meister und Schachtrainer.

Schwarz ist in dieser Stellung am Zuge. Gesucht ist nur ein Zug, der nächste Zug. Beachten Sie: Nur weil genau ein Zug gefragt ist, heißt das nicht automatisch, dass man nicht vor der Entscheidung einige Rechenzeit investieren sollte. Anders als bei reinen Taktikaufgaben mögen bei diesem Aufgabentyp nicht immer taktische Lösungen gefordert sein.

Schwarz sollte den Zug 1…Sd3! spielen. Haben Sie diesen Zug gefunden? Haben Sie den Zug überhaupt erwogen? Können Sie ihn erklären und mit Varianten unterfüttern?

Fifty Fifty

In einer bekannten Fernsehshow bei der man als Gewinner bis zu einer Million Euro gewinnen kann, gibt es die Möglichkeit einmalig einen Joker heranzuziehen: Der Fifty-Fifty-Joker. Die Entscheidung wird in der Quizshow von einer Chance Eins aus Vier auf Eins aus Zwei reduziert. Einen zweiten Aufgabentyp, den ich sinnvoll finde, nenne ich Fifty-Fifty. In der Regel erhält man also zwei Alternativen genannt und muss sich zwischen diesen zwei Möglichkeiten entscheiden. Klingt einfach, oder?

Diese Stellung stammt aus der Seniorenweltmeisterschaft 2024 65+. Hier sah der israelische Internationale Meister Alexander Mikhalevski gegen den deutschen Großmeister Rainer Knaak die Möglichkeit, den Bauern auf c6 zu schlagen und einen Königsangriff zu starten. Aber ist das auch gut oder sollte er stattdessen den Hauptkandidatenzug 20…Sc5 spielen? Ihre Wahl.

Um Lernerfolge zu erzielen, sollten Schachaufgaben nicht